Städte können mit Grundwasser heizen
Unter großen Städten schlummern enorme Energiequellen: Aus erwärmten Grundwasserschichten ließe sich nachhaltige Energie zum Heizen im Winter und Kühlen im Sommer gewinnen.
Wer in der Großstadt wohnt, kennt das: Die Temperaturen können hier oft fünf Grad, im Extremfall bis zu zehn Grad Celsius höher liegen als im ländlichen Umland. Der Grund ist der so genannte Wärmeinsel-Effekt. Vor allem dichte Bebauung, Flächenversiegelung, hohes Verkehrsaufkommen und Mangel an Grünflächen sorgen dafür, dass die Sonneneinstrahlung die Luft besonders stark aufheizt. Das ist in heißen Sommern eine gesundheitliche Belastung, besonders für ältere und kranke Menschen.
Angesichts des Klimawandels wird sich dieses Problem noch weiter verschärfen. Klimaexperten und Mediziner fordern deshalb seit Jahren eine Umkehr bei der Stadtentwicklung. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich drehen nun den Spieß herum: Sie schlagen vor, den Wärmeinseleffekt sinnvoll zu nutzen. Denn er spielt sich nicht nur in der Atmosphäre ab, sondern auch im Untergrund.
Grundwasser viel wärmer als früher
Die Wissenschaftler haben in einem Wärmestrom-Modell nachgewiesen, dass Wärmezunahmen im Erdboden vor allem durch den Anstieg der Oberflächentemperaturen und die Wärmeabgabe von Gebäuden bedingt sind. Außerdem zeigte sich, dass sich das Grundwasser in Ballungsräumen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erwärmt hat. Beispiel Karlsruhe: Dort stieg die „durchschnittliche Wärmestromdichte“ in den oberflächennahen Grundwasserschichten innerhalb von 40 Jahren um rund zehn Prozent, berichtet Juniorprofessor Philipp Blum, Leiter der Abteilung Ingenieurgeologie des KIT-Instituts für Angewandte Geowissenschaften.
„Damit könnte man mindestens 18 000 Haushalte in Karlsruhe nachhaltig mit Wärme versorgen“, sagt Blum. Die Energie aus oberflächennahen Grundwasserschichten ließe sich beispielsweise mithilfe von Erdwärme- und Grundwasserwärmepumpen zum Heizen im Winter und zum Kühlen im Sommer einsetzen. Würde dieses geothermische Potenzial genutzt, ließe sich damit nicht nur ein Teil des wachsenden Energiebedarfs decken, sondern auch die Emission von Treibhausgasen reduzieren. Das wiederum würde den Klimawandel bremsen und der weiteren Erwärmung der Städte entgegenwirken.
Bebauung macht Nutzung schwierig
Das Potenzial ist zunächst einmal theoretisch. Gerade die dichte Bebauung und weitgehende Versiegelung in den Städten machen die flächendeckende Nutzung der Wärme aus dem Untergrund vielerorts schwierig. Aber die Karlsruher Forscher haben zumindest eine Möglichkeit vorgelegt, das Potenzial zu nutzen. Aktuell laufen in Köln auch Versuche, mit Wärme aus dem Abwasserkanal Gebäude zu beheizen. Nimmt man die Ansätze zusammen, könnten sie einen nicht unwesentlichen Teil zur nachhaltigen Wärmeversorgung der Zukunft beitragen.
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