Stoffe, die auf Klang und Temperatur reagieren
Warum sollte Kleidung nur eine Farbe haben? Eine ungarische Designerin hat ein Muster entwickelt, das auf Klang und Temperatur reagiert. Bisher handelt es sich noch um ein reines Kunstobjekt, eine Vermarktung ist aber gar nicht mal so abwegig.
Beschreibungen von anderen Personen in der Disco im Sinne von „Schau mal, der da im roten T-Shirt“ könnten schwierig werden, wenn sich dieser Trend durchsetzt: Kleidung, die ihre Farbe den Klängen in der Umgebung anpasst. Die Textildesignerin Judit Eszter Karpati hat im Rahmen ihrer Masterarbeit an der Moholy‑Nagy University Art and Design in Budapest ein entsprechendes Projekt vorgestellt. „Chromosonic“ sei ein programmierbares, elekronisches, farbenwechselndes textiles Interface, so die Designerin. Damit habe sie digitale Medien mit traditioneller Handwerkskunst verbinden wollen: „Die textilen Displays reagieren auf Impulse aus ihrer Umgebung mit einer Veränderung im Farbmuster.“ Mit „Impulsen“ meint sie vor allem Temperatur und Klang – tatsächlich basiert das Geheimnis des farbwechselnden Stoffs grundlegend auf der Temperatur.
Das Geheimnis liegt in den Pigmenten
Im Prinzip funktioniert der Chamäleon-Effekt bei den Stoffen wie die Stimmungsringe, die viele möglicherweise noch aus ihrer Jugend kennen. Angeblich konnten die Schmuckstücke die aktuelle Gemütslage erkennen und signalisierten sie durch wechselnde Farbe. Der Effekt beruhte damals auf temperatursensitiven Pigmenten, die auf die Körperwärme reagierten.
Etwas sehr Ähnliches passiert auch bei Karpatis Stoff, der mit spezieller temperaturempfindlicher Farbe eingefärbt ist. Damit Klangveränderungen optisch wahrnehmbar sind, wurden Nickelchromdrähte eingewebt, die mit einem Arduino-Microcontroller verbunden sind. Wenn sich der Sound in der Umgebung verändert, erhöhen oder senken die Drähte entsprechend der Wellenlänge der Klänge ihre Temperatur, und der Stoff wechselt die Farbe.
Natürlich funktioniert der Farbwechsel auch bei einer Veränderung der Körper- oder Umgebungstemperatur an sich, ohne dass Sound und Drähte zum Einsatz kommen. „Ich suche nach neuen Wegen, Menschen und Textilien miteinander interagieren zu lassen“, so die Designerin.
Die Technik ist noch etwas unhandlich
Noch ist das Projekt eine reine Kunstinstallation. Für Kleidung ist dieses Verfahren auch schon aufgrund der notwendigen Technik ungeeignet: Neben dem Arduino-Microcontroller hat Judit Eszter Karpati 20 handelsübliche Platinen und vier Industrie-Gleichstromanschlüsse mit je 24 Volt verwendet, um die eingewebten Drähte zum soundabhängigen Glühen zu bringen. Wenn sich dieses technische Zubehör jedoch irgendwann auf Hand- oder Hosentaschengröße verkleinern ließe, wären der Fantasie kaum noch Grenzen gesetzt.
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