Technikforschung hilft aufs Siegertreppchen
Ohne Hightech läuft im Sport kaum noch etwas – seien es Sportgeräte, Spielstätten oder die Messtechnik. An der Universität Magdeburg kommen bewegungstalentierte Technikfans zu ihrem Recht. Etwa 30 Sportingenieure verlassen jährlich die Hochschule. Die meisten finden schon kurz nach Verlassen der Universität Magdeburg einen Job.
Chris-Norman Beyer ist mit dem Sport groß geworden. Schon als Kind und Jugendlicher überragte er seine Klassenkameraden um einen Kopf. So kam er zum Volleyball und bringt mit einer Körperlänge von 1,96 m Idealmaß mit.
Doch Sport ist für den heute 30-Jährigen inzwischen viel mehr als das halbe Leben. „Sport ist für mich Hobby, Fitness, Freizeit und Beruf zugleich.“ Beyer spielt beim Oberliga-Aufsteiger Rot-Weiß Weißenfels Volleyball. Er hat an der Universität Magdeburg studiert und zwar den deutschlandweit einzigartigen Studiengang Sport und Technik.
2006 wurde Beyer als Sportingenieur diplomiert und arbeitete anschließend als Sachverständiger und Prüfingenieur für Sport, Spiel und Freizeit in der Gerätesicherheit beim TÜV Thüringen.
Dabei hatte er im Wesentlichen zwei Aufgaben: zum einen Geräteprüfungen im Labor, zum anderen die sicherheitstechnische Abnahme von Wasserrutschen, Kletterwänden sowie Hoch- und Waldseilgärten vor Ort. Beyer überprüfte die Anlagen und Geräte, ob etwa die DIN-Vorschriften eingehalten wurden. Danach müssen in einem Hochseilgarten z. B. die Sicherungsdrahtseile an den Bäumen durch ein DIN-geprüftes Material befestigt werden.
Der Studiengang in Magdeburg ist eine Mischung aus Sport- und Ingenieurwissenschaften. Im Ingenieurbereich werden Elektrotechnik, Maschinenbau, Informatik und Werkstoffkunde neben Grundlagen wie Mathematik und Physik vermittelt, im Sportteil sind es Biomechanik, Bewegungswissenschaften und Leistungsdiagnostik. Zugelassen zum Studium wird nur, wer die sportpraktische Eignungsprüfung besteht.
Den Studiengang gibt es seit 1997. Beyer durchlief den zweiten Jahrgang. Zum Wintersemester 2008/2009 wurde die Ausbildung auf Bachelor umgestellt. Die rund 30 Plätze pro Semester waren bislang immer belegt. Absolventen des Studiengangs finden Arbeitsplätze bei Sportartikelherstellern wie Puma, Adidas oder Head in der Entwicklung von Sportgeräten, in Olympiastützpunkten, in denen die Leistungsdiagnostik im Vordergrund steht, in Rehabilitationszentren, bei Herstellern von Prothesen oder in Forschung und Lehre.
„Wir haben alle mehr oder weniger schnell eine Stelle gefunden“, weiß Chris-Norman Beyer von seinem Jahrgang. Zwei Jahre hat er beim TÜV Thüringen gearbeitet, dann hat es schließlich doch noch bei seinem Wunsch-Arbeitgeber geklappt, zu dem er schon nach seinem Studium wollte: Seit August 2009 ist er wissenschaftlich-technischer Mitarbeiter am Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) in Leipzig, der zentralen Forschungseinrichtung des deutschen Spitzen- und Nachwuchsleistungssports.
Das IAT unterstützt jährlich rund 1000 Sportler mit ihren Trainern in 17 Sommer- und sechs Wintersportarten. Dazu bestehen langfristige Kooperationsvereinbarungen mit den Spitzenverbänden des Sports – und immer ist es das Ziel, dass deren Athleten unter Mithilfe der Mitarbeiter vom IAT an die Weltspitze gelangen und wenn sie dort sind, dass sie sich ganz oben behaupten.
Am Institut gibt es die sportartspezifischen Fachbereiche Ausdauer, Kraft-Technik und Technik-Taktik. Im Bereich Technik-Taktik beschäftigt sich Beyer insbesondere mit den Sportarten Volleyball und Badminton. „Wir unterstützen die Nationalmannschaften beider Sportarten etwa durch Leistungsdiagnosen und Wettkampfanalysen.“
Beyers Hauptaufgabe besteht darin, die wissenschaftlichen Fragestellungen aus der Praxis technisch umzusetzen. So wurden im Badminton für das deutsche Team zuletzt Hochfrequenzaufnahmen hinsichtlich der Unterschiede zur Weltspitze in der Aufschlagannahme ausgewertet. Derzeit startet eine Untersuchung zur Druckverteilung am Schlägergriff mittels spezieller Sensortechnik. Eine weitere aktuelle Aufgabe ist es, Spiele der Mannschaften aufzuzeichnen, um sie mittels Software auszuwerten: Welcher Volleyballspieler hat welche Schlagrichtung? „Eine solche Feststellung schwächt den Gegner und stärkt die eigene Mannschaft, weil sie entsprechend blocken kann.“
Der Erfolg seiner Arbeit und der seiner IAT-Kollegen ist nur schwer messbar. „Wir bieten den Trainern wissenschaftliche Unterstützung durch unsere Analysen und Empfehlungen, doch das machen alle im Weltsport führenden Nationen. Unser Job ist für viele recht exotisch, im Spitzensport aber Alltag.“
Mit Top-Athleten und Spitzentrainern auf höchstem Niveau zusammenzuarbeiten, schätzt Chris-Norman Beyer an seiner Arbeit am meisten. Dass Schreibtischtätigkeiten für ihn als aktiver Sportler eher eine Qual sind, ist nur eine Randnotiz. PETER ILG
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