Tschuri ist schwärzer als Kohle und so leicht wie Kork
Die an der Rosetta-Mission der ESA beteiligten Wissenschaftler haben ein umfassendes Portrait des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko veröffentlicht. Den Forschern hat sich über die von der Sonde gelieferten Daten und Fotos eine bizarre Welt eröffnet.
Pathos schwingt mit, wenn Holger Sierks vom Max-Planck-Institut (MPI) für Sonnensystemforschung in Göttingen sagt, dass er jedes mal mit „leuchtenden Augen“ auf den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko blickt, der liebevoll Tschuri genannt wird.
Wenn er die harschen Strukturen wie Klippen und Geröllhalden, abgelöst von weichen Staubdecken, Schneelandschaften gleich, betrachte, fühle er sich wie Kolumbus, der Amerika erreicht. „Es ist, als würden wir eine neue Landkarte malen.“ 19 unterschiedliche Landschaften haben die Forscher identifiziert, die von verschiedenen geomorphologischen Grenzen getrennt werden. Benannt haben sie diese nach ägyptischen Gottheiten.
Fünf verschiedene Grundkategorien festgelegt
Die Regionen Ma’at, Ash und Babi sind staubbedeckt, Seth besteht aus spröden Materialien mit Gruben und Kreisstrukturen. Hatmehit, Nuss und Aten weisen große Vertiefungen auf, Hapi, Imhotep und Anubis bestehen aus glattem Terrain. Ausgesetzt und felsig präsentieren sich Maftet, Bastet, Serqet, Hathor, Anuket, Khepry, Aker, Atum und Apis.
Da türmen sich 700 Meter hohe Klippen in das eisige All, Staubdünen- und fontänen wechseln sich mit Geröllhalden ab. Der Komet erinnert in seiner Form sehr stark an eine Quietsche-Ente. In diesem Bild hat der Kopf in etwa einen Durchmesser von zwei Kilometer, der Körper ist rund vier Kilometer lang.
Riss im Hals
Verbunden ist der Kopf über einen schmalen Hals. „Auch aus morphologischer Sicht hebt sich die Halsregion des Kometen deutlich von den anderen Bereichen ab“, berichtet Sierks.
Anders als der Kopf und der Körper ist der Hals glatt und frei von Furchen und Kratern. Allerdings haben die Forscher nun einen langen Riss entdeckt. „Wir wissen noch nicht, ob sich der Riss komplett um den Hals zieht“, sagt Sierks. Unklar ist auch, ob Tschuris Kopf und Körper ursprünglich zwei Brocken waren, die irgendwann zusammen geklumpt sind, oder ob der Hals das Ergebnis eines ungleichmäßigen Abschmelzens des Kometen ist.
Tschuri ist so leicht wie Kork
Die Wissenschaftler konnten zum ersten Mal die Dichte eines Kometen direkt bestimmen. Es zeigte sich, dass Tschuri mit 470 Kilogramm pro Kubikmeter so schwer wie Kork ist. „Wir gehen davon aus, dass der Komet aus Eis und Staub besteht, Materialien, die beide eine deutlich höhere Dichte aufweisen“, betont Sierks. Wie es scheint, ist Tschuris Kern porös und zu 70 bis 80 Prozent leer.
Tschuri ist extrem schwarz gekleidet und weist nahezu überhaupt keine Farbschattierungen auf. Nur der Hals und einzelne Brocken auf der Oberfläche erscheinen etwas heller. „Effektiv sind Kometen doppelt so schwarz wie Kohle“, so Osiris-Forscher Dennis Bodewits von der Universität of Maryland.
Tschuri hat Gänsehaut
Im Grunde ist Tschuri ein großer Kühlschrank, der Material aus den Zeiten der Geburt des Sonnensystems geladen hat. In Halsnähe und auf dem Rücken des Kometenkerns haben die Wissenschaftler bis zu 300 Meter breite zylinderförmige Löcher entdeckt. Deren Wände haben eine Art Gänsehaut – sie sind mit etwa drei Meter großen Klumpen gepflastert, die aus der Materie des noch jungen Sonnensystems bestehen sollen. „Stimmt das, blicken wir an diesen Stellen 4,5 Milliarden Jahre zurück in die Zeit, als die Sonne sich gerade zum Gravitationszentrum unseres Sonnensystems entwickelt hat“, schwärmt Sierks.
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