Unerwartete Ergebnisse eines Weltraumexperiments
Nach einem Monat in der Erdumlaufbahn ist das Mini-Ökosystem „Omegahab“ zurückgekehrt. Für die Wissenschaft war das Projekt aber nur teilweise ein Erfolg, denn einige Bewohner des Aquariums haben die Weltraum-Reise nicht überlebt.
30 Tage lang hatte das Mini-Ökosystem der deutschen Wissenschaftler an Bord der unbemannten russischen BION-M1-Rakete die Erde auf einer Höhe von 575 Kilometern Höhe umkreist. Die Landung der Rückkehr-Kapsel am 19. Mai 2013 in einem Sonnenblumenfeld in Südrussland dann auch planmäßig verlaufen. Aber bei der Bergung des „Omegahab“ wurde die Stimmung finster. Wie sich herausstellte, hatte ein Ausfall der LED-Beleuchtung nach dem ersten Drittel der Reise das System in Dunkelheit getaucht. Für die tierischen Bewohner des bierkastengroßen Aquariums gab es keine Überlebenschance.
Die Lebensgemeinschaft aus Tieren und Pflanzen sollte autark sein
Dabei wollten die Botaniker und Zoologen der Universitäten Erlangen und Hohenheim erforschen, wie die Tiere auf Schwerelosigkeit reagieren und sich im Raum orientieren. Für die 55 Buntbarsche, deren Gleichgewichtszentrum große Ähnlichkeit mit dem des Menschen hat, wurde deshalb ein eigenes Aquarium gebaut. Das sollte ohne menschliche Eingriffe nur durch eine klug zusammengestellte Lebensgemeinschaft funktionieren. Dazu gehörten, neben den Buntbarschen im Larvenstadium, die einzelligen Algen Euglena gracilis, auch Augentierchen genannt, die Wasserpflanze Hornblatt, mexikanische Bachflohkrebse und einige Posthornschnecken.
Geplant war, dass die Pflanzen den Sauerstoff für die Tierchen produzieren sollten, deren freigesetztes Kohlendioxid dann wiederum den Pflanzen als Grundlage für die Photosynthese dienen würde. Die Schnecken sollten außerdem die Scheiben sauber halten, damit die Fische gefilmt werden könnten. Bis zum zehnten Tag der Reise scheint auch alles planmäßig verlaufen sein. Dann allerdings fiel die LED-Beleuchtung aus. Danach gab es kein Licht im Aquarium mehr und somit auch keinen Sauerstoff für die Buntbarsche, Krebse und Schnecken.
Die Algen stellten ihre Lebensweise um und überlebten
Vom Tod der tierischen „Omegahab“-Bewohner profitierten in den folgenden 20 Tagen die Algen im Mini-Ökosystem.
Nach dem Ausfall der tierischen Lebensformen vermehrten sich die Euglenen stark und stellten interessanterweise ihre Lebensweise von photoautotroph auf heterotroph um: Als das Ökosystem noch gut funktionierte, ernährten sich die Algen selbst, indem sie ihre Biomasse unter Ausnutzung des Lichtes ausschließlich aus anorganischen Stoffen aufbauten. Nach dem Ausfall der Beleuchtung dienten dann die von den verendeten Fischlarven freigesetzten Nährstoffe den Algen als Nahrungsgrundlage.
„Das sind spannende Ergebnisse für die deutschen Forscher. Außerdem stehen uns Videos von den Fischen und Algen zur Auswertung der Bewegungsmuster in Schwerelosigkeit zur Verfügung. Deswegen werten wir Omegahab nicht als Misserfolg. 30 Tage Weltraumaufenthalt für ein solch komplexes Mini-Ökosystem ist nun einmal eine sportliche Herausforderung. Immerhin haben wir für mindestens zehn Tage eine sehr gute Leistung der Anlage dokumentiert. Dass danach eine LED-Platine ausfällt, ist einfach Pech“, sagte Markus Braun. Braun ist Omegahab-Projektleiter im Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, von dem das Experiment gefördert worden war.
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