Vom Abenteuer zum Linienflug: 100 Jahre Atlantiküberquerung
Als eines der 7 Weltmeere übt der Atlantik in vielerlei Hinsicht Faszination auf den Menschen aus. Ihn zu passieren war jedoch früher eine große Herausforderung. Am 14. Juni 2019 wird nun der 100. Jahrestag des ersten Non-Stop-Transatlantikflugs gefeiert. Wir beleuchten diese Meisterleistung.
Europa und Amerika waren einst durch die Landbrücke Beringia verbunden. Als die Verbindung jedoch verschwand, dauerte es 14000 Jahre, ehe der erste Europäer erneut die nun vollständig überflutete Beringsee überquerte. Bereits 1000 nach Christus bezwang der skandinavische Entdecker Leif Eriksson die raue See und betrat amerikanischen Boden. Zu diesem Zeitpunkt erregte das natürlich nicht das Interesse der Öffentlichkeit. Deshalb strich den Ruhm dafür ein anderer ein: Christoph Kolumbus folgte erst 1492, doch gilt er heute noch als (Wieder-)Entdecker Amerikas.
Etwa wie Leif Eriksson erging es auch den 2 folgenden Luftfahrtpionieren, die vor genau 100 Jahren den ersten Non-Stop-Überflug wagten.
Der erste Non-Stop-Atlantiküberflug und andere aviatische Meisterleistungen
Die Geschichte wird am 14. Juni 1919 geschrieben. Der Pilot John William Alcock und sein Navigator Arthur Whitten Brown besteigen eine Vickers-Vimy-Doppeldecker-Maschine in Neufundland. Sie sind fest entschlossen, das Unmögliche in die Tat umzusetzen. 16 Stunden später, nach unglaublichen Strapazen und mit 137 Briefen im Gepäck, erreichen sie hungrig, durstig und durchgefroren die irische Küste mit einer Nasenlandung im Moor. Das britische Königshaus wusste den Pionierakt von Alcock und Brown allerdings so sehr zu würdigen, dass die beiden Helden in den Adelsstand erhoben wurden.
Dieser erste Non-Stop-Flug über den atlantischen Ozean erlangte aber leider kaum mediale Reichweite. Deshalb hält sich bis heute der hartnäckige Irrglaube, dass der Pilot Charles Lindbergh als erster Mensch den Atlantik mit einem Flugzeug überquerte. Am 21. Mai 1927 verließ er die US-amerikanische Metropole New York. Sein Novum war nicht etwa, dass er eine besondere Maschine für den Überflug nutzte, sondern dass er ganz auf sich allein gestellt den Non-Stop-Flug auf sich nahm. Er verzichtete sogar aus Gewichtsgründen auf ein Funkgerät. Nach 33,5 Stunden erreichte der schwedisch-stämmige Amerikaner den französischen Flughafen LeBourget – in der Nähe von Paris. Vor ihm haben bereits 69 Menschen den Atlantik auf dem Luftweg bezwungen. Diese Aktion war aber so gut mit den Medien abgestimmt, dass sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitete.
Dass es einem Mann vorbehalten sein soll, alleine über den Atlantik zu fliegen, behagte der Flugpionierin und Abenteurerin Amelia Earhart ganz und gar nicht. Sie wagte sich am 20. Mai 1932 alleine mit einer einmotorigen Lockheed Vega über den großen Teich. Von Neufundland nach Nordirland in 15 Stunden. Doppelt so schnell wie ihr Rivale Lindbergh, nur mit Suppe und Riechsalz bewaffnet, so stellte sie den bis heute weiblichsten Flugrekord aller Zeiten auf.
Der erste Non-Stop-Linienflug folgte am 11. August 1938. Die Lufthansa Maschine D-ACON vom Typ Focke-Wulf F200 „Condor“ landete pünktlich um 16:00 Uhr auf dem New Yorker Flughafen. 26 Passagiere waren an Bord und wurden von jubelnden Menschenmassen empfangen. Im Januar 2012 legte die Lufthansa auf umweltfreundliche Art und Weise nach. Sie bewältigte den ersten Atlantik-Linienflug mit Biokraftstoff von Frankfurt nach Washington DC.
Das erste Elektroflugzeug, das den Atlantik überquerte, war die Solar Impulse 2. Das ehrgeizige Projekt wurde von den Schweizern Bertrand Piccard und Andre Borschberg gestartet. Das Ziel: Beweisen, dass alternative Energie zu weit mehr in der Lage ist, als ihr zugeschrieben wird. Zu diesem Zweck setzten sie sich auch selbst hinters Steuer. Auf ihrer Weltreise unternahmen sie am 20. Juni 2016 unter anderem einen Direktflug von New York nach Sevilla. Dabei legten sie die 6.800 Kilometer lange Strecke in 70 Stunden zurück.
Nicht die letzten Pioniere ihrer Art
In der Liste der Atlantiküberquerungen finden sich natürlich nicht nur Luftfahrtrekorde. Die zunehmende Verschmutzung der Meere hat mittlerweile nicht nur die Forschung, sondern auch das Interesse der Öffentlichkeit erlangt. Durch das mediale Interesse entsteht eine Reihe von außergewöhnlichen Projekten. In den letzten Jahren verschiebt sich der Fokus der Atlantikrekorde deshalb eher auf alternative Antriebe und Vehikel. Dabei rücken nicht nur Überquerungen per Luftweg ins Visier.
Zum Beispiel der Zero-Emission-Katamaran „Race for Water“. Das Schiff verbrauchte weder Treibstoff noch Muskelkraft, um 2017 den Atlantik von Madeira bis zu den Bermuda-Inseln zu überqueren. Die 35 Meter lange Yacht setzt komplett auf Solarmodule und einen Drachen nach dem Kitesurf-Prinzip.
Von La Gomera über Spanien bis Antigua in der Karibik in 30 Tagen. Ein Ruderteam aus der Schweiz hat im Dezember 2017, im Rahmen der Talisker Whisky Atlantic Challenge, nur mit Muskelkraft den Atlantik überquert.
Eine solarbetriebene 2 Meter lange Segeldrohne, die Sailbuoy, hat in knapp 80 Tagen die Überfahrt über den Atlantik geschafft. Die Norwegische Firma Offshore Sensing startete am 7. Juni 2018 in der Kategorie unbemannte Segelboote bei der Microtransat Challenge.
Zukunftsmusik in der Transatlantikmobilität
Ein neues Aeronautikkonzept zu diesem Thema hat die ETH Lausanne nun auf den Weg gebracht. Die Clipair ist ein modulares Multitransportkonzept, das Passagiere in einer Kabine transportiert. Über Schienen gelangen die Kabinen zum Flugzeug und werden dort unter den Tragflächen befestigt. Ohne umzusteigen, transportiert das Nur-Flügel-Flugzeug diese Kabine dann über den Atlantik.
Ein anderes Konzept zur Emissionsverringerung und Effizienzsteigerung könnte darin bestehen, die Flügelformen anzupassen. Die Universität Pisa forscht derzeit an einem Modellversuch mit einem viereckigen Flügel. Mit einer Boxwing-Konfiguration würde der Auftrieb erhöht und der Verbrauch gesenkt. Die Kabinen könnten, bei gleicher Spannweite, größer dimensioniert werden und so 50% mehr Fluggäste als in einem Flugzeug der Klasse Boeing 747 oder Airbus A 320 transportieren. Forscher der TU Delft, die über ein spezielles Berechnungsprogramm für Flugzeugaerodynamik verfügen, gehen davon aus, dass diese Boxwing-Modelle schon im Jahr 2035 in Betrieb genommen werden können.
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