Cricket Shelter 28.11.2016, 14:10 Uhr

Was für ein Grillen-Leben im Designer-Stall

Würden Sie Kekse oder andere Gerichte essen, die aus gemahlenen Grillen hergestellt wurden? Im „Cricket Shelter“, das eine gemeinnützige Organisation in New York bauen ließ, leben die Insekten in hygienischer Umgebung, bevor sie zu einem äußerst proteinreichen Mehl verarbeitet werden. Ein neuer kulinarischer Trend?

Schön und sauber: Die ungewöhnlich aussehende Tierfarm Cricket Shelter wurde entwickelt, damit Menschen im Fall einer Nahrungsmittelkrise Zugang zu einer guten Proteinquelle haben. 

Foto: Mitchell Joachim/Terreform One

Laut Architekt Mitchell Joachim beansprucht die Insektenzucht pro Gramm Protein, die sie erzeugt, weniger als 1/300 so viel Wasser wie die derzeit üblichen Rinder-, Schweine- und Hühnerfarmen.

Foto: Mitchell Joachim/Terreform One

Hier findet der moderne Höhlenmensch proteinreiche Nahrung...

Foto: terreform.org

Cricket Shelter: So sieht es im Innern der Insektenfarm aus.

Foto: terreform.org

Der erste voll funktionsfähige Prototyp der Grillenbehausung wurde im Hafengelände von Brooklyn vorgestellt 

Foto: Mitchell Joachim/Terreform One

Foto: Mitchell Joachim/Terreform One

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Das hat was von großem Kino: Man sieht es förmlich vor sich, wie diese futuristische Behausung im nächsten Katstrophenfilm eine Hauptrolle spielen könnte. Oder besser gesagt, deren Bewohner, denn im „Cricket Shelter“ können auch Menschen vorübergehend unterschlüpfen. Und befinden sich dann in nächster Nähe zu einer Proteinquelle, die ihr Überleben sichern soll.

Teil einer ökologisch motivierten Stadtplanung

Erdacht wurde das Cricket Shelter von Terreform One, einer 2006 gegründeten gemeinnützigen Organisation mit Sitz in New York City, die Designs und Studien an Architekten, Planer und Wissenschaftler in Auftrag gibt. Generelles Ziel ist eine ökologisch motivierte Stadtplanung für New York, aber auch für andere Städte oder unterprivilegierte Gegenden weltweit. Die ungewöhnlich aussehende Tierfarm wurde entwickelt, für die „bevorstehende Nahrungsmittelkrise, in der Menschen Zugang zu einer guten Proteinquelle brauchen“, schreibt Terreform One zu seinem Projekt.

Für die Insektenfarm haben Architekt Mitchell Joachim und sein Team eine modulare Form gewählt, in der die Grillen in hygienisch einwandfreier Umgebung leben, um dann getrocknet und zu Mehl verarbeitet zu werden. Der erste voll funktionsfähige Prototyp der Grillenbehausung wurde im Hafengelände von Brooklyn vorgestellt und tourte anschließend mit der Ausstellung „Überlebensarchitektur“ durch amerikanische Museen.

Zuchtkästen bestehen aus Kunststoff-Kanistern

Das Bauwerk selbst besteht aus 16 CNC-gefrästen Holzrippen, zwischen denen 224 Zuchtkästen für die Grillen eingehängt werden. Die handelsüblichen Kunststoffkanister mit knapp 20 l Fassungsvermögen haben von den Designern perforierte Deckel für die Frischluftzufuhr, einen herausnehmbaren Nylonsack und einen Fütterungsmechanismus bekommen. Verstellbare Lamellen an den Außenseiten verhindern eine Überhitzung.

Getrennt davon liegen die „Geburtskapseln“, die mit feuchter Erde gefüllt sind und in die die Weibchen ihre Eier ablegen. An der Außenseite der Grillenbehausung ragen 25 Kunststoff-Stacheln rund 1,5 m in die Höhe. Sie fangen den Wind, der die gesamte Anlage durchlüftet und außerdem verstärken sie das charakteristische Zirpen der Grillen wie durch einen Lautsprecher.

Grillen in der modernen amerikanisch-europäischen Cuisine?

Architekt Mitchell Joachim kann sich seine Cricket-Farm in unterschiedlichen Szenarien und auch im Verbund vorstellen. Die bogenförmige Struktur könne vorübergehend sogar Menschen als Zuflucht und Schutz dienen, mit einer wichtigen Nahrungsquelle in nächster Nähe. In anderer Umgebung, etwa in New York City, könne sie vielleicht zum Spezialitäten-Restaurant werden. Grillen in die moderne amerikanisch-europäische Ernährungsgewohnheiten einzuführen sei zwar keine leichte Aufgabe, meint das Designerteam.

 

Aber vor ein paar Jahrzehnten habe schließlich auch niemand etwas von rohem Fisch wissen wollen. „Die positiven Veränderungen kamen, als Sushi in hygienischer und kulturell veredelter Form angeboten wurde.“ Die gleiche Herangehensweise kann sich Mitchell Joachim auch für die Grillennahrung vorstellen, ganz abgesehen davon, dass die Vereinten Nationen Proteine aus Insekten als wesentliche Komponente zur Lösung des globalen Problems der Nahrungsmittelverteilung sehen. „Über zwei Milliarden Menschen essen täglich Insekten“, sagt Joachim. „Es wird Zeit, dass diese Ernährung auch in der restlichen Bevölkerung wiedereingeführt wird.“

Über ein neues Schleppnetz mit Schlupflöchern und Fluchtfenster für den nachhaltigen Fischfang berichten wir hier. Und den Entwurf eines britischen Architekturbüros für einen Wolkenkratzer, in dem der gesamte Zoo von Buenos Aires untergebracht werden könnte, können Sie sich auf dieser Seite ansehen.

 

Ein Beitrag von:

  • Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck

    Gudrun von Schoenebeck ist seit 2001 journalistisch unterwegs in Print- und Online-Medien. Neben Architektur, Kunst und Design hat sie sich vor allem das spannende Gebiet der Raumfahrt erschlossen.

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