Weinen in der Öffentlichkeit ist für jeden zweiten Mann ein No-Go
Die WM ist für viele Spieler ein emotionaler Ausnahmezustand: Gerade noch eine Testosteron-Dampfwalze, werden sie nach dem Ausscheiden plötzlich ganz weich und lassen ihren Tränen freien Lauf. 50 Prozent der Männer würden es als peinlich empfinden, selbst in der Öffentlichkeit zu weinen, zeigt eine Umfrage der Apotheken Umschau.
Weinende Männer an sich scheinen kein gesellschaftliches Tabu mehr. Eine repräsentative Umfrage der Apotheken Umschau zeigt: 78 Prozent der Männer und 92 Prozent der Frauen sind der Ansicht, dass Männer genauso weinen dürfen wie Frauen. In der Öffentlichkeit haben Männer allerdings Probleme, die Tränen fließen zu lassen: 50 Prozent der Männer denken, dass es sich für das starke Geschlecht nicht gehöre, in der Öffentlichkeit zu weinen – sie empfinden es als peinlich. Dieser Meinung sind auch 22 Prozent der Frauen. Nur 28 Prozent der Männer geben an, in der Gegenwart anderer ungeniert zu weinen. Befragt hatte die Apotheken Umschau 1013 Frauen und 973 Männer. Jeder dritte Mann sagte übrigens, ihm sei schon in der Kindheit beigebracht worden, seine Gefühle nicht zu zeigen.
Biologischer Zweck des Weinens ist immer noch unklar
„Welchem biologischen Zweck solche Tränen dienen, ist bis heute nicht vollständig geklärt und wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert“, erklärt Christian Ohrloff, Sprecher der Gesellschaft für Augenheilkunde (DOG) in einem Bericht der Apotheken Umschau. Eine Theorie: Das Weinen ist unter anderem dafür zuständig, Stresshormone abzubauen, die der Körper bei heftigen Emotionen im Überschuss produziert. „Die Trauer ist inklusive des Weinens eine wahnsinnig wichtige Emotion, sonst würden wir wahrscheinlich den Tod eines nahen Verwandten gar nicht überleben“, sagt Emotionsforscher Dr. Wolfgang Rost im Interview mit Wissen.de. Andere Forscher sind sogar der Meinung, Tränen würden ungesunde Eiweiße ausschwemmen, die der Körper bei Traurigkeit produziert.
Eine zweite Theorie: Tränen sind eine Form der Kommunikation, ist Evolutionsbiologe Oren Hasson überzeugt. Wer weint, könne andere Menschen an sich binden und aggressivem Verhalten vorbeugen. Er signalisiere Verletzlichkeit und Hilfsbedürftigkeit, wecke Mitgefühl und erhöhe somit die Chance auf Hilfe und Unterstützung. Der israelische Forscher Noam Sobel will sogar herausgefunden haben, dass Frauentränen chemische Botenstoffe enthalten. Ihr Geruch senkt angeblich den Testosteronspiegel und die sexuelle Erregung der Männer und macht sie sanfter. Frauen weinen übrigens bis zu 64 Mal im Jahr, Männer hingegen nur 17 Mal.
Bei Niederlagen weint selbst der bärenharte Mario Balotelli
Eine wahre Wonne für die Tränenforscher dürften Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft sein. Hier ist das Ausscheiden für viele Fußballprofis so bitter, dass sie ihren Emotionen noch auf dem Platz freien Lauf lassen. Vor dem Milliardenpublikum an den Bildschirmen geweint haben schon Weltstars wie der sonst so bärenharte Italiener Mario Balotelli, der Argentinier Lionel Messi und auch der deutsche Kapitän Philipp Lahm nach dem Ausscheiden gegen Spanien im Halbfinale der WM 2010.
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