Weltpremiere: Forscher beobachten Wirbel in der Ostsee mit Zeppelin
Wirbel mit Durchmessern von 100 bis 10.000 Metern haben einen großen Einfluss auf Klima, Umwelt und das Leben im Meer. Noch sind sie weitgehend unerforscht. Jetzt läuft die Kampagne „Uhrwerk Ozean“. Dafür wird laut Helmholtz-Zentrum Geesthacht weltweit erstmalig auch ein Zeppelin in der Küsten- und Meeresforschung eingesetzt.
Wissenschaftler der Fachhochschule Aachen betätigen sich derzeit als Pfadfinder, oder besser als Wirbelfinder. In einem Stemme-Motorsegler sind sie über der Ostsee unterwegs und suchen relativ kleine Wasserwirbel, die Kameras an Bord von Satelliten verborgen bleiben.
Diese Wirbel haben, so vermuten die Meeresforscher, großen Einfluss auf den Wasseraustausch zwischen der Oberfläche und der Tiefsee, auf die Nahrungskette, das Klima und das Algenwachstum. „Uhrwerk Ozean“ heißt das Projekt, weil die Wirbel sich wie die Rädchen einer Uhr drehen.
Mit Tempo 125 zur Fundstelle
Sobald die Aachener Forscher vom Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik einen Wirbel entdeckt haben alarmieren sie Kollegen des Helmholtz-Zentrums Geesthacht an Bord eines 75 m langen Zeppelins. Der steuert mit einer Geschwindigkeit von bis zu 125 km/h den Wirbel an und vermisst ihn.
Drei Techniken hat der Zeppelinfahrer zur Auswahl: Er kann den Wirbel mit Tempo 40 bis 60 in einer Höhe von 1000 m umrunden, das gleiche Manöver in einer Höhe von 300 bis 500 m und noch langsamerem Tempo wiederholen – oder über dem Wirbel parken.
Eddy ist am schnellsten zur Stelle
Präzise Messgeräte an Bord des Motorseglers und des Zeppelins messen die Temperatur des Wirbels auf 0,03 °C genau. Diese Daten erhalten die Besatzungen der Forschungsschiffe „Ludwig Prandtl“, „Elisabeth Mann-Borgese“ und „Eddy“ in der gleichen Meeresregion. Vor allem „Eddy“ ist schnell zur Stelle, weil er mit einer Spitzengeschwindigkeit von 70 km/h durch die Wellen pflügt.
An Bord der Schiffe befinden sich ebenfalls Messgeräte, mit denen weitere Daten erfasst werden. Weitere Informationen sammeln Sensoren, die sie im Schlepp haben oder die selbstständig in den Wirbel hineinschwimmen.
Mikroalgen im Visier
Die Messkampagne des Zeppelins dauert rund fünf Stunden, um zu erfassen, wie die Energie des Wirbels langsam durch Reibung verloren geht und wie Mikroalgen auf den Nährstofftransport im Wirbel reagieren. „Mit einem Durchmesser von etwa 100 Metern bis zu zehn Kilometern und einer Lebensdauer von wenigen Stunden bis zu einem Tag stellen diese kleinen Meereswirbel noch immer eines der großen Rätsel der Ozeanografie dar“, sagt Professor Burkard Baschek vom Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht, der die Messkampagne leitet.
Die Forscher interessieren sich vor allem für die Vermischungsvorgänge zwischen dem kalten Kern eines solchen Wirbels und den wärmeren Außenregionen und wie Mikroalgen darauf reagieren. Außerdem erhoffen sie sich Rückschlüsse auf die Speicherfähigkeit der Meere für Kohlendioxid und ihren Einfluss auf die Temperaturverteilung auf der Erde.
Ohne Forschungsinstrumente ausgerüstet fliegt der moderne Zeppelin NT am Bodensee in etwa 300 m Höhe rein zum Vergnügen seiner zahlenden Passagiere. Lesen Sie hier mehr zu dem modernen Luftschiff und seiner Ausstattung.
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