Zukunftsstudie 01.03.2019, 06:44 Uhr

Weniger Kohlendioxid-Ausstoß durch autonomes Fahren

Das Fraunhofer ISI hat abgeschätzt, wie stark die Verbraucher die Automatisierung im Straßenverkehr bis zum Jahr 2050 akzeptieren werden und welche Effekte daraus für die Umwelt entstehen.

Illustration Cockpit autonomes Fahrzeug

Beim autonomen und vernetzten Fahren werden Wege gespart, und auch die Fahrweise ist effizienter.

Foto: panthermedia.net/Duiwoy

Viele Experten vermuten, das autonomes und vernetztes Fahren den gesamten Verkehr so grundlegend verändern werden, dass die neue Technologie einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnte. Doch wird das tatsächlich der Fall sein? Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) hat in einer Studie wahrscheinliche Szenarien unter die Lupe genommen und festgestellt: Es wird voraussichtlich zu deutlichen Kohlendioxid-Einsparungen kommen.

Kombination aus autonomem Fahren und intelligenten Verkehrssystemen

Die Automatisierung beim Fahren bedeutet weit mehr, als dass Autos selbstständig die Spur halten. Im nächsten Schritt könnte es möglich sein, auf Fahrer vollständig zu verzichten und Pkw oder Lkw autonom durch die Straßen zu schicken. Eine der Voraussetzungen für diese Entwicklung ist das vernetzte Fahren. Das heißt, Fahrzeuge kommunizieren miteinander und mit der Infrastruktur. Im Ergebnis können sie Informationen über die Staulage, Unfälle, Baustellen oder das Wetter in die Auswahl der Strecken einbeziehen, die Geschwindigkeit anpassen und unnötige Bremsvorgänge vermeiden. Die Kombination aus autonomen und vernetzten Fahren sowie intelligenten Verkehrssystemen könnte also den Verkehrsfluss verbessern und dadurch die Emissionen senken.

Das ist zumindest das Idealbild. Die Forscher von ISI wollten zum einen herausfinden, welche direkten Auswirkungen vernetztes Fahren auf den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid hat. Zum anderen haben sie einbezogen, dass nicht jeder Verbraucher automatisch ein autonomes Fahrzeug kauft, nur weil es zur Verfügung steht.

Einschätzung der Marktdurchdringung automatisierter Pkw, Lkw und Busse

Die Studie „Energie- und Treibhausgaswirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens im Straßenverkehr“ des ISI ist eine sogenannte Potenzialanalyse und ermittelt mögliche Entwicklungen der Technologie im Straßenverkehr bis zum Jahr 2050 in Deutschland. Sie legt dar, wie der Übergang von der heutigen Situation zum autonomen und vernetzten Fahren aussehen könnte, inklusive der zu erwartenden Emissionen. Dafür haben die Wissenschaftler den Verkehr in acht Fahrzeugtypen unterteilt: Kompakt-, Mittel- und Oberklasse-Pkw, schwere und leichte Nutzfahrzeuge sowie Stadt-, Reise- und Kleinbusse.

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Für jeden Typ haben sie eingeschätzt, unter welchen Voraussetzungen automatisiertes oder sogar autonomes Fahren realistisch wäre, wie die Produktionskosten vermutlich ausfielen und wie hoch die Akzeptanz der Verbraucher wäre. Die Datengrundlage haben sie über Literaturanalysen und Stakeholderdialoge zusammengetragen. Herausgekommen ist dabei eine potenzielle Marktverteilung für fünf verschiedene Automatisierungsstufen, vom assistierten bis hin zum fahrerlosen Fahren. Anhand dieser Werte war es möglich, die vermuteten Kohlendioxid-Ausstöße zu berechnen.

Hohe Kostenersparnis für schwere autonome Fahrzeuge

Dabei hat sich gezeigt, dass für schwere Lkw und Reisebusse eine schnelle Marktdurchdringung zu erwarten ist. Bis zum Jahr 2050 könnten bereits 90 % der schweren Lkw und bis zu 75 % der Reisebusse fahrerlos unterwegs sein – die Forscher haben eine mögliche Kostenersparnis von bis zu 33 % pro gefahrenem Kilometer errechnet. Das führe zu einer großen Akzeptanz der entsprechenden Unternehmen, in höhere Anschaffungskosten zu investieren.

Im Bereich der Pkw vermuteten sie jedoch einen Marktanteil autonomer Fahrzeuge von nur 7 % des Gesamtbestands. Der Anteil der Oberklasse-Pkw wäre mit 21 % autonomer und 57 % vollautomatisierter Pkw am höchsten. Die Erklärung ist wiederum in den Kosten zu finden. Einen Aufpreis zwischen 5.000 und 11.000 Euro haben die Wissenschaftler für die höchste Automatisierungsstufe angenommen, was nach ihrer Einschätzung nur wenige Verbraucher zu zahlen bereit wären. Käufer teurer Fahrzeuge würden die zusätzlichen Investitionen eher leisten.

7,8 Megatonnen weniger Kohlendioxid pro Jahr

Autonomes und vernetztes Fahren führt nicht nur durch kürzere Wege zu reduzierten Kohlendioxid-Emissionen. Hinzu kommen automatisch angepasste Brems- und Beschleunigungsvorgänge und insgesamt ein besser fließender Verkehr. „Europaweite Feldtests mit teilassistierten beziehungsweise hochautomatisierten Fahrzeugen haben die Effizienzpotenziale der Technologie bereits im realen Betrieb gezeigt. Kraftstoffeinsparungen bis zu 17 % bei schweren Lkw gegenüber nicht automatisierten Fahrzeugen scheinen daher nicht nur theoretisch möglich zu sein“, sagt Michael Krail, Projektleiter am Fraunhofer ISI. Nach der Einschätzung seines Teams kann das automatisierte und vernetzte Fahren den CO2-Ausstoß um zusätzlich 7,6 % pro Jahr senken. Das entspräche 7,8 Megatonnen Kohlendioxid. Für den prozentualen Anteil haben die Forscher berücksichtigt, dass die zunehmende Zahl an Elektroautos ebenfalls zu weniger Emissionen führen wird, der Ausstoß also insgesamt abnimmt.

Ein Teil der Effekte könnte dadurch zustande kommen, dass sich mehrere Menschen autonome Fahrzeuge teilen oder sie nur bei Bedarf anfordern. Aus Sicht der Wissenschaftler müsse in jedem Fall der Möglichkeit entgegengesteuert werden, dass Fahrgäste vom öffentlichen Nahverkehr auf diese Form des Individualverkehrs umsteigen. Dann träfe der sogenannte Rebound-Effekt ein und die zusätzlichen Fahrten würden die Effekte der Einsparungen überlagern.

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Ein Beitrag von:

  • Thomas Kresser

    Thomas Kresser macht Wissenschafts- und Medizinjournalismus für Publikumsmedien, Fachverlage, Forschungszentren, Universitäten und Kliniken. Er ist geschäftsführender Gesellschafter von ContentQualitäten und Geschäftsführer von DasKrebsportal.de. Seine Themen: Wissenschaft, Technik, Medizin/Medizintechnik und Gesundheit.

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