Wer hat an der Uhr gedreht? Neun Fakten zur Zeitumstellung
Die ersten Krokusse sprießen, im Supermarkt gibt es Ostereier: Untrügliche Zeichen dafür, dass die Sommerzeit bevorsteht und wir die Uhr umstellen müssen. Aber in welche Richtung muss der Zeiger nochmal wandern? Und warum bitte gibt es diese halbjährliche Störung des Biohaushalts bei uns eigentlich?
Die EU hatte uns alle ein wenig hoffen lassen (und das allein soll schon was heißen). Denn das Europaparlament hatte im Februar für eine Reform der Richtlinie zur Zeitumstellung gestimmt und damit den Weg für eine Abschaffung der lästigen Sommer- und Winterzeit freigemacht. Und dann? Machte der Bundestag heute, zwei Tage vor Beginn der Sommerzeit, alle Hoffnung zunichte: Der Antrag der FDP-Fraktion auf Abschaffung der Zeitumstellung wurde abgelehnt, am Sonntag werden die Uhren umgestellt.
So lästig das sein mag, um die Zeitumstellung gibt es eine Menge interessanter Fakten. Und natürlich die Eselsbrücken, mit denen man sich das Umstellen der Uhr merken kann. Vor oder zurück? Das ist hier die Frage.
1. Was passiert bei der Zeitumstellung?
Jedes Jahr am letzten Sonntag im März wird die Uhr umgestellt. Um genau 2 Uhr deutscher Zeit am Sonntagmorgen springt der Zeiger vor auf 3 Uhr (bzw. muss von seinem Besitzer eigenhändig dorthin geschoben werden). Damit ist die Winterzeit beendet und es gilt wieder die Sommerzeit. Wobei „Winterzeit“ genau genommen kein spezieller Zustand ist, sondern schlicht und einfach die Normalzeit. Der Sonderfall ist die Sommerzeit – und das seit 1980, zumindest in Europa.
2. Warum stellen wir die Uhr um?
Ursprünglich war die Umstellung der Uhren eine Maßnahme zum Energiesparen. Noch gebeutelt von der Ölkrise 1973 beschloss die Europäische Gemeinschaft als Vorgängerin der EU im Jahr 1977, den Tagesablauf ab 1980 den Lichtverhältnissen anzupassen. Das sollte Energie sparen, schließlich brauchte man bei einer Stunde mehr Tageslicht weniger Strom für Glühbirnen. Tolle Idee – allerdings hat sich inzwischen herausgestellt, dass sich dieser Effekt laut Umweltbundesamt durch das verstärkte Heizen in den (Sommerzeit-)Morgenstunden im Herbst und Frühjahr wieder aufhebt. Was bleibt, sind die längeren Sommerabende mit Tageslicht. Hat ja auch was für sich, wenn zum Grillen kein Flutlicht benötigt wird und man das Kaltgetränk ohne Taschenlampe findet.
3. Wer macht mit?
Am kollektiven Uhrenumstellen beteiligt sich der komplette europäische Wirtschaftsraum inklusive der Schweiz. Island spielt dagegen nicht mit. Da es verschiedene Zeitzonen in Europa gibt, gelten natürlich unterschiedliche Ortszeiten für die Umstellung. Der Saisonwechsel findet um genau 1 Uhr Weltzeit statt – für Deutschland, Österreich und die Schweiz zum Beispiel kommt dadurch der Wechsel von 2 Uhr auf 3 Uhr zustande, die Briten und Portugiesen dagegen greifen um 1 Uhr zum Wecker, um auf 2 Uhr zu stellen. Um 3 Uhr Ortszeit dagegen drehen Griechen an der Uhr.
Auch in anderen Regionen der Welt stellen Menschen die Uhr um: USA, Kanada und Mexiko zum Beispiel. In Afrika, Südamerika und Asien ist der Wechsel zwischen den Zeiten mit wenigen Ausnahmen eher unpopulär, Neuseeland macht mit, Australien nur zum Teil. Wobei Ozeanien entsprechend von der Sommer- in die Winterzeit wechselt.
4. Und wer macht nicht mit?
Keine Lust mehr auf das ständige Hin und Her hat zum Beispiel Russland: Hier fand 2011 die letzte Umstellung auf Sommerzeit statt. Seitdem hat niemand mehr daran gedreht, Russland lebt fortan im Sommer – zumindest, was die Zeit betrifft. Ein Beispiel, dem seit letztem Jahr auch die Türkei folgt. Das führt dazu, dass der Zeitunterschied zu Deutschland künftig je nach Jahreszeit variiert: Im Sommer bleibt es bei einer Stunde Zeitverschiebung, im Winter wächst der Abstand auf zwei Stunden.
Und auch auf den Balearen hat der ewige Sommer Einzug gehalten. Mallorca, Ibiza, Formentera und Menorca haben 2016 beschlossen, die Uhren nicht mehr umzustellen. Damit gibt es innerhalb Spaniens zwei unterschiedliche Zeitzonen. Das ist aber rein geographisch gar nicht so unsinnig. Schließlich geht die Sonne im Westen Spaniens fast eine Stunde später unter als auf der östlich gelegenen Inselgruppe.
5. Wer profitiert am meisten?
Dasselbe Phänomen gibt es auch in Deutschland: In Görlitz im Osten geht die Sonne um einiges früher unter als in Aachen im Westen. Die Sachsen dürften damit noch deutlich mehr für die Beibehaltung der Sommerzeit sein als die geselligen Rheinländer, wenn es um laue Sommerabende auf der Terrasse geht. Auf europäischer Ebene hat zum Beispiel Polen um einiges kürzere Abende als die Festland-Spanier – obwohl beide in derselben Zeitzone liegen.
6. Geboren um 2:30? Die Zeit gibt es zweimal.
Ohje, eine Stunde weniger schlafen – in der Nacht zu Sonntag wird uns allen eine Stunde geklaut, nämlich die zwischen 2 und 3 Uhr. Was im Privatleben einfach nur eine Randerscheinung ist, muss für offizielle Fälle genau geregelt sein. Wenn ein Kind beispielsweise ausgerechnet Sonntagmorgen um halb drei auf die Welt kommt, muss genau festgehalten werden, um welches 2.30 Uhr es sich handelt – im Allgemeinen wird das mit dem Zusatz A und B geregelt.
7. Wie soll man sich das merken?
Jedes halbe Jahr dasselbe: Muss der Wecker jetzt vor- oder zurückgestellt werden? Die Frage ist wichtig – schließlich kann es bei fehlerhafter Bedienung zu individuellen Zeitverschiebungen um satte zwei Stunden zum Alltag der Mitmenschen kommen. Aber wie soll man sich das bitte merken?
Da ein Großteil der Bevölkerung Schwierigkeiten damit hat, gibt es jede Menge Eselsbrücken. Manch einer reimt: „Im Winter hinter“ – also zurück. Andere nehmen den Sommer als Maßstab: „zum Sommer hin“.
Vergleiche mit Alltagsgegenständen helfen eventuell auch: Das Thermometer zeigt schließlich im Sommer „plus“ (also eine Stunde vor) und im Winter „minus“ (eine Stunde zurück). Ebenso wie die Gartenmöbel: Zum Sommer werden sie VOR die Tür gestellt, zum Winter ZURÜCK ins Haus.Oder man orientiert sich schlicht und einfach am Schlafverhalten: Im Herbst gibt’s eine Stunde Winterschlaf extra, bei der Umstellung auf Sommerzeit reagiert man mit Frühjahrsmüdigkeit. Was das jetzt für das Verschieben des Zeigers bedeutet, muss man bei dieser Merkhilfe allerdings wieder alleine herausfinden.
8. Welche Geräte brauchen überhaupt manuelle Hilfe?
In vielen Fällen hilft ein Blick aufs Smartphone oder den Computer – diese Geräte stellen sich in aller Regel selbst um, wenn man diese Funktion nicht deaktiviert hat. Auch Funkwecker springen natürlich von selbst auf die richtige Uhrzeit. Lediglich analoge Uhren an Arm, Wand und Nachttisch und der ein oder andere Uralt-Radiowecker braucht manuelle Unterstützung. Und ja, eine Absprache mit Partnern, Kindern oder Mitbewohnern ist zweckmäßig. Zweimal umstellen ist schließlich auch nicht hilfreich.
9. Wie kann ich meinen Biorhythmus umstellen?
Toll – alle Uhren erfolgreich umgestellt, aber dank er fehlenden Stunde völlig erschlagen: Bis zu 40% der Deutschen kommen mit der Zeitverschiebung nicht sofort klar, sondern reagieren mit einem Mini-Jetlag. Frauen sind übrigens stärker betroffen als Männer. Für Erkenntnisse zur inneren Uhr haben drei amerikanischen Forscher im Jahr 2017 übrigens einen Nobelpreis in Medizin erhalten. Ob sie selbst alle halbe Jahr mit der Zeitumstellung zu kämpfen haben, ist nicht überliefert.
Experten empfehlen jedenfalls viel frische Luft, Gelassenheit und bewusste Entspannung, um wieder schnell in Takt zu kommen. Auch ein schrittweises Verrücken der Schlaf- und Essenszeiten schon im Vorfeld können helfen. Für dieses Jahr ist es dafür allerdings schon etwas spät. Aber keine Sorge: Die nächste Winterzeit kommt bestimmt, wenn sich die neue GroKo nicht zu einem eigenen Antrag hinreißen lässt.
Sie interessieren sich für die Zeit? Dann lesen Sie hier, warum immer wieder Schaltsekunden notwendig sind.
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