Wie sich Steinzeitmenschen vor Vulkanausbrüchen schützen wollten
Wie Steinzeitmenschen auf Klimawandel reagierten: Rituale, Sonnenstein-Opfer und kulturelle Anpassungen nach einem Vulkanausbruch um 2900 v. Chr.
Die Geschichte der Menschheit ist geprägt von dramatischen Naturkatastrophen. Unter diesen hatten Vulkanausbrüche oft besonders weitreichende Folgen. Sie veränderten das Klima, führten zu plötzlicher Abkühlung, Nahrungsmittelknappheit und gesellschaftlichen Umbrüchen. Doch wie bewältigten die Menschen der Jungsteinzeit solche Krisen? Eine aktuelle Studie liefert spannende Einblicke in ihre Strategien und Rituale.
Inhaltsverzeichnis
Vulkanausbrüche und ihre klimatischen Folgen
Das Forschungsteam der Universität Kopenhagen einen Vulkanausbruch um 2900 v. Chr., der durch Eisbohrkerne aus Grönland nachgewiesen wurde. Dieser Ausbruch schleuderte riesige Mengen Schwefel in die Stratosphäre, was weltweit zu einer signifikanten Abkühlung des Klimas führte. Besonders die Menschen in Nordeuropa, deren Landwirtschaft direkt von der Sonne abhing, waren stark betroffen.
Rune Iversen, Archäologe der Universität Kopenhagen, erklärt: „Wenn die Sonne aufgrund von Nebel in der Stratosphäre für längere Zeit fast verschwunden ist, war das für diese Kulturen äußerst beängstigend gewesen.“ Plötzliche Ernteeinbrüche und die Bedrohung der Lebensgrundlage hätten die Menschen dazu veranlasst, nach Antworten und Lösungen zu suchen.
Sonnensteine als Schutzsymbole und für Rituale
Auf der dänischen Insel Bornholm stießen Archäologinnen und Archäologen auf eine bemerkenswerte Entdeckung: sogenannte Sonnensteine. Dabei handelt es sich um kleine, flache Schieferplatten, die mit Mustern und Symbolen der Sonne verziert sind. Sie wurden in der Fundstätte Vasagård zusammen mit weiteren Opfergaben wie Tierknochen, zerbrochenen Tongefäßen und Feuersteinen gefunden. Die Gräben, in denen diese Objekte niedergelegt wurden, wurden anschließend verschlossen.
Rune Iversen erklärt: „Die Sonnensteine symbolisierten Fruchtbarkeit und Wachstum. Ihre Opferung sollte die Rückkehr der Sonne und eine bessere Ernte sichern. Es ist wahrscheinlich, dass die Menschen mit diesen Ritualen versuchten, den klimatischen Herausforderungen zu begegnen oder ihre Dankbarkeit auszudrücken, falls sich die Lage besserte.“ Diese Praktiken zeigen, wie tief verwurzelt die Naturverehrung in der jungsteinzeitlichen Kultur war.
Wandel der jungsteinzeitlichen Gesellschaft
Die Zeit um 2900 v. Chr. war nicht nur durch den Klimawandel, sondern auch durch andere Krisen geprägt. DNA-Analysen von Skeletten zeigen, dass die Pest zu dieser Zeit weit verbreitet war und viele Menschenleben forderte. Gleichzeitig verschwanden traditionelle kulturelle Praktiken. Die sogenannte Trichterbecherkultur, bekannt für ihre markanten Keramiken und Ganggräber, verlor an Bedeutung.
Die Ausgrabungen in Vasagård zeigen ebenfalls Veränderungen. Nach der Opferung der Sonnensteine wurden die Gräben aufgegeben, und stattdessen entstanden große Palisaden und runde Kultstätten. Diese Umgestaltungen könnten Ausdruck eines gesellschaftlichen Neuanfangs oder einer Anpassung an die neuen Umweltbedingungen gewesen sein. Iversen kommentiert: „Es scheint, als hätte sich die Gesellschaft an die veränderten Umstände angepasst, indem sie ihre Rituale und Traditionen überdachte.“
Wissenschaftliche Beweise für den Klimawandel
Die Auswirkungen des Vulkanausbruchs wurden durch moderne wissenschaftliche Methoden belegt. Dendrochronologische Untersuchungen, bei denen Jahresringe von Bäumen analysiert werden, zeigten Frostschäden in Frühling und Sommer sowohl vor als auch nach 2900 v. Chr. Gleichzeitig enthielten Eisbohrkerne aus Grönland und der Antarktis hohe Schwefelkonzentrationen, ein deutlicher Hinweis auf einen massiven Vulkanausbruch. Diese Daten bestätigen, dass die klimatischen Veränderungen global spürbar waren.
Die Rituale der Steinzeitmenschen, wie die Opferung der Sonnensteine, könnten laut Forschungsteam eine Form des psychologischen Trostes gewesen sein. Sie zeigten den tiefen Glauben daran, dass menschliche Handlungen einen Einfluss auf die Natur haben. Lasse Vilien Sørensen, leitender Forscher am Dänischen Nationalmuseum, betont die Bedeutung dieser Funde: „Die Sonnensteine sind absolut einzigartig, auch im europäischen Kontext. Sie zeigen, dass die Verehrung der Sonne ein uraltes Phänomen war, das sich durch viele Kulturen zog.“
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