Studienteilnehmer opfern Menschenleben für einen Roboter
Wenn humanoide Roboter aussehen wie reale Personen, entwickeln Menschen für sie auch Empathie. Dadurch fällt es ihnen schwerer, sachliche Entscheidungen zu treffen. Das hat sich in einer Studie gezeigt.
Es ist schon absurd, wenn sich Fans der Science-Fiction-Serie Star Trek in Foren darüber beschweren, dass die Figur Data „gestorben“ sei. Denn Data hat gar nicht gelebt. Er war ein Android, ein humanoider Roboter. Aber spätestens, als er einen Emotionschip implantiert bekam und anfangs von seinen Gefühlen regelrecht überwältigt wurde, fühlte sich der menschliche Zuschauer ihm nah – und offenbarte damit ein grundsätzliches Problem: Wie wird sich das Verhältnis zwischen Menschen und Robotern entwickeln, wenn diese sich immer mehr wie lebendige Wesen verhalten und womöglich auch so aussehen? Ein Team aus deutschen und niederländischen Wissenschaftlern hat das in einer Studie getestet. Mit einem überraschenden Ergebnis.
Humanoide Roboter im Alltag – wie werden sie wahrgenommen?
Roboter halten immer mehr Einzug in unseren Alltag – im technikaffinen Japan putzen sie in Privathaushalten bereits die Wohnung. Die Deutschen sind zwar etwas zurückhaltender. Doch auch bei uns wird beispielsweise über Pflegeroboter diskutiert, die Fachkräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen entlasten sollen. Dem Modell Pepper bringen Wissenschaftler an der Frankfurt University of Applied Science zum Beispiel gerade bei, das Personal bei der Essenausgabe zu unterstützen. Und an der Kinderklinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) singt und tanzt ein Roboter in einem Pilotprojekt mit den kleinen Patienten und zeigt ihnen Fitnessübungen.
Je präsenter Maschinen mit künstlicher Intelligenz werden, desto drängender stellt sich jedoch die Frage, wie sie von den Menschen wahrgenommen werden und welche Folgen das haben könnte. Ein Team um Sari Nijssen von der Radboud University im niederländischen Nijmegen und Markus Paulus, Professor für Entwicklungspsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, hat genau das in einer Studie untersucht. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, inwiefern Menschen Mitgefühl für Roboter entwickeln.
Menschen empfinden Empathie für Maschinen mit künstlicher Intelligenz
„Wir haben untersucht, inwieweit Erwachsene bereit sind, Roboter zu opfern, um Menschen zu retten“, sagt Sari Nijssen. Die Teilnehmer der Studie wurden vor ein bereits oft diskutiertes moralisches Dilemma gestellt: Würden sie einen Einzelnen in Lebensgefahr bringen, um eine Gruppe verletzter Menschen zu retten? Die Forscher legten dabei unterschiedliche Szenarien zugrunde. Mal handelte es sich bei der Einzelperson um einen Menschen, mal um einen humanoiden Roboter mit menschlichen Zügen und mal um einen Roboter, der wie eine Maschine aussah.
Die Frage stellten die Wissenschaftler aber nicht rein theoretisch. In kurzen Geschichten stellten sie den Probanden zunächst den Roboter vor. Sie zeigten ihn zum Beispiel als mitfühlendes Wesen mit eigenen Vorstellungen. Im Ergebnis fiel es den Studienteilnehmern umso schwerer, die Maschine mit künstlicher Intelligenz zu opfern, je stärker der Roboter einem Menschen ähnelte. Bei einigen Teilnehmern ging die Empathie so weit, dass sie bereit waren, die Gruppe verletzter Menschen zu opfern, um den Roboter zu retten. „Das weist darauf hin, dass dem Roboter eine Art moralischer Status zugesprochen wurde. Eine mögliche Implikation ist, dass wir vorsichtig sein sollten, Roboter immer menschenähnlicher zu machen. Dies könnte mit ihrer eigentlichen Funktion, Menschen zu helfen, kollidieren“, sagt Paulus.
Weitere Studie: Roboter mit realen Gesichtszügen wirken unsympathisch
Ob der Mensch genau dieses Problem instinktiv spürt? Denn Wissenschaftler am Institut für Kommunikationspsychologie und Medienpädagogik der Universität Koblenz-Landau haben schon vor rund zwei Jahren einige Tests mit unterschiedlichen Robotern durchgeführt. Dabei fanden sie heraus, dass die menschlichen Studienteilnehmer Probleme mit Maschinen hatten, die sehr selbstständig agierten. Ihnen war die künstliche Intelligenz unheimlich. Noch größer war die Abwehrhaltung gegenüber Robotern mit menschlichen Gesichtszügen. Denn diese verhalten sich trotzdem nicht perfekt, bewegen sich vielleicht eckig oder lächeln den entscheidenden Moment zu spät. Das wirkt auf Menschen unsympathisch. Am besten kamen Roboter mit stark vereinfachten Gesichtszügen an, die klar als Maschinen zu erkennen waren.
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