Tischtennis-Duell zwischen Timo Boll und Kuka-Roboter ist PR-Ente
Das heiß ersehnte Tischtennismatch zwischen dem Roboterarm KR Agilus und Tischtennisprofi Timo Boll ist eine PR-Ente: Bei der heutigen Eröffnung der neuen Kuka-Fabrik in Shanghai gab es kein echtes Livematch, sondern nur ein Werbevideo. Ein Kuka-Sprecher in Shanghai bedauerte gegenüber ingenieur.de, dass offenbar viele Technikfans irrtümlich auf ein Livespiel gehofft hatten.
An diesem Dienstag sollte es in Shanghai zum ultimativen Showdown zwischen Mensch und Maschine kommen. Auf der einen Seite des ungewöhnlichsten Tischtennismatches der Welt sollte der sechsfache Europameister und Weltklassespieler Timo Boll stehen – 1,81 Meter groß, 78 Kilogramm schwer, 33 Jahre alt. Auf der anderen Seite Kuka KR Agilus, der schnellste Roboterarm der Welt, ausgestattet mit sechs Achsen, einer Reichweite von fast einem Meter und einer Bewegungspräzision von 0,03 Millimetern.
Die ungleichen Kontrahenten sollten sich im Rahmen der Eröffnungsfeier des neuen Produktionswerks des deutschen Roboterherstellers Kuka in Shanghai duellieren. Die Weltöffentlichkeit fieberte diesem Sportevent seit Tagen entgegen. Umso größer ist jetzt die Enttäuschung: Das Match hat gar nicht stattgefunden.
Technikfans zweifeln an Fähigkeit des Roboterarms
Stattdessen zeigte Kuka, einer der führenden Hersteller von Produktionsrobottern, nur ein Video des Matches, das schon seit Tagen im Internet kursiert und wie ein Appetithäppchen auf den eigentlichen Showdown aussieht. Boll lobt in höchsten Tönen: „Wohin ich auch komme, werde ich auf das Video angesprochen“, sagt er in einer Presserklärung von Kuka. „Die Kampagne mit Kuka macht nicht nur Spaß, sondern bringt auch den Tischtennissport weltweit positiv ins Gespräch.“ Kuka ist Bolls Hauptsponsor.
Für Technikfans ist der Film, in dem der Roboter eine wirklich gute Figur macht und nur knapp dem Tischtennis-Ass Boll unterliegt, eine herbe Enttäuschung. Denn jetzt folgt die Schlussfolgerung: Der Roboterarm kann vielleicht gar nicht live spielen. In Wirklichkeit führt der Roboter nur programmierte Bewegungen aus, denen Boll als Schauspielpartner den Anschein von Spontaneität verleiht. Auf Anfrage von Ingenieur.de bestätigte Wolfgang Meisen, Sprecher der Kuka-Robotersparte, dass das Match nicht stattgefunden hat. Und auch nicht geplant war.
„Wir wollten gar nicht die Erwartungshaltung aufbauen, dass der Roboter live spielt“, sagte Meisen in Shanghai. „Das ist nach dem missverständlichen Bericht einer großen Onlinezeitung in den Medien zum Selbstläufer geworden. Der Roboter war programmiert, die Abläufe nach Drehbuch inszeniert“, so Meisen. Mit Visionsystemen könnte er in Zukunft aber das Livespiel erlernen. „Das wird allerdings noch dauern, bis ein Roboter tatsächlich gegen Timo Boll spielen kann.“
Roboterarm wirkt im Video fast unbezwingbar
Das Kuka-Video zeigt, dass der orangefarbene, 52 Kilogramm schwere Roboterarm nicht nur extrem schnell, sondern in seinen Bewegungen überraschend filigran ist. Er scheint Tischtennisprofi Boll von Borussia Düsseldorf schon vor dem Aufschlag irritieren zu können. Agilus balanciert den Ball auf dem Schläger, kippt diesen anschließend nach vorne, um zum Aufschlag anzusetzen. Stattdessen lässt er den Ball aber fallen, dreht sein Handgelenk blitzschnell um 180 Grad und fängt ihn mit der Rückseite wieder auf.
Auch zentimeterhohes Titschen ist für Agilus kein Problem. Und im Spiel scheint er selbst die schnellsten Schläge des Tischtennisprofis parieren zu können. Auch wenn diese Fähigkeiten programmiert und inszeniert sind: Trotzdem beeindruckt der Roboter, wie er die einstudierten Ballwechsel beherrscht und wie er mit dem Ball umgeht.
Aufmerksamkeit hat sich Kuka mit dieser Aktion auf jeden Fall gesichert. Am neuen Standort in Shanghai produziert der deutsche Roboterhersteller zukünftig mit 350 Mitarbeitern bis zu 5000 Roboter pro Jahr. „China ist der größte und am schnellsten wachsende Robotermarkt weltweit. Uns verbindet eine langjährige Partnerschaft mit vielen namhaften chinesischen Kunden“, sagte Till Reuter, Vorstandsvorsitzender der Kuka AG, in Shanghai. „Um weiteres Wachstum zu ermöglichen, haben wir unsere Kapazitäten in Shanghai jetzt deutlich aufgestockt.“
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