17 Mio. Tonnen Methan entweichen jährlich aus dem Ostsibirischen Meer
Aus dem Polarmeer entweicht weit mehr Methan, als Wissenschaftler bisher vermuteten. Allein in der Ostsibirischen See sind die gespeicherten Methanvorkommen so hoch, dass mehr als 17 Millionen Tonnen des Treibhausgases jährlich freigesetzt werden, glauben Forscher aus Alaska. Der auftauende Permafrostboden in der Arktis und die steigende Wassertemperatur sind nur einige der Gründe für den wachsenden Methanausstoß.
Etwa 20-mal stärker als Kohlendioxid wirkt Methan als Treibhausgas in der Atmosphäre. Kein Wunder, dass viele Wissenschaftler daher Sorge haben, dass die riesigen Methanvorräte im Nordpolarmeer sich besonders schlimm auf die Umwelt auswirken können, sobald sie freigesetzt werden.
Ein internationales Wissenschaftsteam hat 14 Jahre lang Untersuchungen im Ostsibirischen Meer vorgenommen, das ein Viertel des gesamten arktischen Schelfs stellt. Dort verteilen sich die Kohlenstoffreserven über ein Gebiet von zwei Millionen Quadratkilometer.
Permafrostboden in der Arktis setzt riesige Mengen Methan frei
Natalia Shakhova und ihr Team von der University of Alaska in Fairbanks gehen aufgrund ihrer Messungen davon aus, dass etwa 17 Megatonnen Methan pro Jahr vom Ostsibirischen Schelfmeer in die Atmosphäre gelangen. 500 Milliarden Tonnen organischer Kohlenstoff könnte noch auf dem Meeresgrund gebunden sein. Zusätzlich lagern 1000 Milliarden Tonnen Gas als Hydrat im Ozean und weitere 700 Milliarden Tonnen sind noch unter dem Permafrost eingeschlossen.
Die Forscher schließen nicht mehr aus, dass Teile dieser unvorstellbaren Methanvorräte freigesetzt werden. Während bislang Permafrostböden nur an Land tauten, gilt das inzwischen auch für die küstennahen Meeresböden.
Welche Mengen Methan tatsächlich austreten, untersuchten die Forscher aus Alaska in der südlichen Laptewsee, wo das Meer eine Tiefe von durchschnittlich weniger als 50 Metern hat und als sehr methanhaltig gilt. Die Forscher hielten per Sonar fest, wie viele Blasen mit Methan vom Boden aufsteigen und wie hoch der Methangehalt im Wasser ist.
Das Methan stammt vor allem aus sogenannten Taliks, das sind Bereiche in den Sedimentschichten oder Säulen innerhalb des gefrorenen Bodens, die jedoch bereits aufgetaut sind. Da die See dort so flach ist, gelangt das Methan schnell an die Oberfläche und entweicht in die Atmosphäre. Dort wirkt das Methan als potentielles Treibhausgas.
Wassertemperatur innerhalb von 14 Jahren um 0,5 Grad gestiegen
Grund für das verstärkte Aufsteigen des Methans ist das sich erwärmende Meerwasser und die dadurch auftauenden Meeresböden. Die durchschnittliche Wassertemperatur ist während der gesamten 14-jährigen Messzeit um ein halbes Grad angestiegen. Bei Bohrungen bis zu 57 Meter tief in die Sedimentsschicht unter dem Meeresboden wurden Temperaturen von -1,8 bis 0 Grad gemessen. Aufgrund des Salzeintrages waren die Sedimentschichten auch bei Temperaturen unter Null nicht mehr gefroren. „Obwohl die Oberflächenschicht am kältesten war, war auch sie bereits komplett aufgetaut“, berichten die Forscher.
Den Methaneintrag in die Atmosphäre beschleunigen zudem die häufigen Stürme in der Arktis. Im aufgewühlten Meer steigen die Blasen viel schneller in die Luft und können dadurch nicht mehr von Mikroben abgebaut werden.
Die Ergebnisse der Untersuchungen lassen die Wissenschaftler befürchten, dass weitere Erwärmungen des Wassers und damit auch das Tauen des Eises in der Arktis den Methanausstoß weiter beschleunigen. Zusätzliche Stürme begünstigen den Auftauvorgang zudem.
Erbeben erhöhen den Methanausstoß
Dass auch Erdbeben den Methanausstoß erhöhen können, haben Forscher vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Uni Bremen nachgewiesen. Bei einem Erdbeben im Arabischen Meer im Jahr 1945 wurden riesige Mengen von Methan ausgestoßen. Damals haben Erdstöße in einer Stärke von 8,1 die Sedimente angehoben und das darunterliegende Gasreservoir freigesetzt. Berechnungen zufolge sind damals mindestens 326 Millionen Mol Methan in den Ozean entwichen. Diese Menge entspricht etwa zehn Tankschiffen, erklärt der Forscher David Fischer.
Erst Ende Oktober hatte das Alfred-Wegener-Institut mitgeteilt, dass auch die Steilküsten Ostsibiriens aufgrund der höheren Temperaturen immer schneller erodieren. Als Gründe für die zunehmende Erosion führen die Forscher die steigende Sommertemperatur in den russischen Permafrostgebieten sowie den Rückzug des arktischen Meereises an. Dadurch unterspülen Wellen die Küsten, gleichzeitig sinkt das Land von oben ein, so die Forscher.
Während früher eine dicke Meereisdecke den tiefgefrorenen Untergrund fast das ganze Jahr schützte, taut das Eis inzwischen im Sommer auf. Die Zahl der Sommertage, an denen das Meereis in der südlichen Laptewsee völlig verschwunden ist, steige stetig. „In den vergangenen zwei Jahrzehnten gab es in dieser Region im Durchschnitt weniger als 80 eisfreie Tage pro Jahr. In den vergangenen drei Jahren aber zählten wir durchschnittlich 96 eisfreie Tage“, so der AWI-Permafrostkundler Paul Overduin. „Die Wellen haben also im Laufe eines jeden Jahres rund zwei Wochen mehr Zeit, an den Permafrostküsten zu nagen.“
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