Abgasmanipulation: Fiat Chrysler droht Milliardenstrafe in USA
Mit welcher Häme hatte Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne vor einem Jahr VW und den Dieselskandal kommentiert. Und jetzt steckt sein Konzern selbst in größten Schwierigkeiten. Auch Fiat Chrysler hat bei den Abgasen manipuliert, so der Vorwurf der USA. Auch in Europa gibt es viele Hinweise, dass Fiat schummelt.
Die amerikanischen Umweltbehörden EPA und CARB, die auch den Dieselskandal bei VW aufgedeckt haben, werfen Fiat Chrysler vor, ebenfalls mit Abschalteinrichtungen zu arbeiten. Acht Abschalteinrichtungen haben die Behörden in den Drei-Liter-Dieselmotoren des Jeep Grand Cherokee und des Dodge Ram 1500 entdeckt, die Fiat Chrysler bislang verschwiegen hat.
Diese Geräte, die unter hohen Belastungen die Abgasreinigung abschalten, um den Motor zu schonen, sind zwar nicht illegal. Aber sie müssen bei den Behörden angemeldet sein. Und das waren sie nicht. Betroffen sind nach jetzigem Stand über 104.000 Autos in den USA. Allerdings dürfte diese Zahl noch steigen, weil die US-Behörden bislang nur Modelle der Jahre 2014 bis 2016 überprüft haben.
„Schwerer Verstoß“ gegen amerikanische Umweltgesetze
EPA-Vizechefin Cynthia Giles fand deutliche Worte und hat Fiat Chrysler einen „schweren Verstoß“ gegen die amerikanischen Umweltgesetze vorgeworfen. Fiat Chrysler selbst bestreitet den Vorwurf, illegale Mittel einzusetzen. Jetzt allerdings muss der Konzern gegenüber den Behörden beweisen, dass die Technik zulässig ist. „Bis heute ist das FCA nicht gelungen“, sagte Giles. Das Ganze gefällt den Börsen gar nicht. In den USA rauschte die Aktie des Autobauers in der Spitze um 18 % in den Keller, hat sich inzwischen aber wieder etwas erholt.
Fiat Chrysler selbst reagierte mit „Enttäuschung“ auf die EPA-Vorwürfe. Und kündigt dann an, mit der neuen Administration unter dem designierten US-Präsidenten Donald Trump zusammen zu arbeiten. Die Dieselmodelle in den USA seien mit „state-of-the-art emission control systems hardware“ ausgestattet.
Mit der Aufklärung hat sich Fiat Chrysler in Europa schon sehr viel Zeit gelassen. Denn es steht der Vorwurf im Raum, dass Fiat bei seinen Dieselmodellen generell nach 22 Minuten die Abgasreinigung abschaltet. Erste Hinweise darauf hatte die Zeitschrift auto motor und sport im November 2015 veröffentlicht. Ein Fiat 500X hatte im Straßenverkehr so hohe NOx-Werte, dass die Frage auftauchte, wie das Auto auf dem Prüfstand die strengen Euro-6-Werte eingehalten hat.
Nach Messungen des Kraftfahrt-Bundesamtes, die die hohen NOx-Werte im Verkehr bestätigten, tauchte im Mai 2016 der Vorwurf auf, dass Fiat die Abgasreinigung nach 22 Minuten generell abschaltet – im Wissen, dass Testreihen der Behörden auf den Prüfständen nur 20 Minuten dauern.
Dobrindt drohte Fiat mit Verkaufsverbot in Deutschland
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt drohte sogar mit einem Verkaufsverbot für Fiat-Dieselfahrzeuge in Deutschland und forderte die zuständigen italienischen Behörden auf, den Vorwürfen nachzugehen. Allerdings geschah das bis heute nicht. Und Dobrindt hat seine Drohung für ein Verkaufsverbot nicht wahr gemacht. Auch die EU hat bislang nur im Stillen agiert.
Jetzt, nachdem die Vorwürfe aus den USA bekannt geworden sind, drängt auch die EU-Kommission Italien, dem Verdacht der Manipulation endlich nachzugehen. „Wir haben die italienischen Behörden wiederholt aufgefordert, so bald wie möglich überzeugende Antworten zu geben“, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. Zudem habe der Test eines Fiat-Diesels in einem EU-eigenen Prüflabor ebenfalls auffallend hohe Emissionswerte ergeben.
Dass aber auch andere Unternehmen tricksen müssen, zeigt eine neue Studie des Forschungsverbundes ICCT. Und danach stoßen selbst moderne Dieselautos, die schon die strengen Euro-6-Werte einhalten, im realen Straßenverkehr mehr Stickoxide aus als Lastwagen und Busse. Wie schlimm die Lage ist, lesen Sie hier.
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