Abwassertechnik aus Deutschland: Vielfalt als Marktvorteil
Sauberes Wasser ist ein kostbares Lebensmittel, zunehmend aber auch eine knappe Ressource. Das erleben zurzeit tausende Opfer der Flutkatastrophe in Pakistan. Hier kann moderne Wasser- und Abwassertechnik aus Deutschland humanitäre Hilfe leisten.
Vor Kurzem hat die Bundesregierung ein Expertenteam der SEEWA (Schnell-Einsatz-Einheit-Wasser-Ausland) des Technischen Hilfswerks (THW) mit Wasseraufbereitungsanlagen in die Katastrophenregion der Provinz Punjab entsendet. „Wir sind mit zwei Anlagen vor Ort, die bis zu 6000 l sauberes Wasser pro Stunde produzieren“, erklärte THW-Sprecher Nicolas Hefner. Mit der Trinkwassermenge von 280 000 l/Tag könnten 20 000 Menschen versorgt werden.
Bei den Anlagen der Celler Firma Berkefeld, einem Tochterunternehmen der Veolia Water Solutions & Technologies, handelt es sich um hochmobile Systeme. Sie arbeiten mit einer chemischen Vorbereitung und einer Anschwemmfiltration mit anschließender Depotchlorung.
Die chemische Vorbehandlung erfolgt in faltbaren Behältern. So lässt sich mit speziellen Reinigungsmitteln stark verschmutztes Oberflächenwasser in kurzer Zeit behandeln. Die mobile Kleinanlage kann einiges aushalten und eignet sich zur Aufbereitung aller Oberflächenwässer ohne Salzgehalt. Das garantiert eine schnelle Versorgung vor Ort.
Nicht nur in den Katastrophengebieten Pakistans ist der Trinkwassermangel akut. Durch die Verknappung von sauberem Trinkwasser in vielen Weltregionen müssten neue Ansätze zum technischen Wassermanagement gefunden werden, betonte Gottlieb Hupfer, Vorsitzender der VDMA-Fachabteilung Wasser- und Abwassertechnik im Vorfeld der Weltleitmesse Ifat Entsorga 2010.
Der ökonomisch und ökologisch effiziente Umgang mit Wasser gehöre weltweit zu den wichtigsten Zielen des 21. Jahrhunderts, so Hupfer. Die deutschen Unternehmen der Wasser- und Abwassertechnik spielen in der ersten Liga der führenden Anbieter.
Das VDMA-Forum Prozesstechnik startete im Juni seine Informations- und Aufklärungskampagne „Blue Responsibility – Nachhaltige Wassertechnologie“, die die Bedeutung des Wassers mit zehn Kernbotschaften in den Fokus der Öffentlichkeit bringen will.
Dazu gehört beispielsweise die Meerwasserentsalzung, die laut VDMA-Kampagne Lebensräume in küstennahen Trockengebieten erhalten kann. Hupfer verwies auf das Beispiel der spanischen Stadt Murcia, die an chronischem Wassermangel leidet. Hier sei eine Meerwasserentsalzungsanlage mit Ultrafiltrationsmembranen errichtet worden, die täglich bis zu 140 000 m³ Meerwasser zu 63 000 m³ Trinkwasser aufbereiten kann.
Während Meerwasserentsalzungsanlagen bis vor einigen Jahren fast ausschließlich im Persischen Golf zu finden waren, verbreiten sie sich heute schnell. Die Mittelmeerinsel Zypern plant, ihren gesamten Trinkwasserbedarf in naher Zukunft aus dem Meer zu decken. Dafür sollen in den nächsten 20 Jahren rund 1,4 Mrd. € investiert werden.
Auf Malta stellte das Bundesumweltministerium im Juni das Konzept „Waste to Water“ vor, das sowohl die Abfall- als auch die Wasserprobleme der Insel nachhaltig lösen könnte: Weil Platz für Abfalldeponien fehlt und es an Trinkwasser mangelt, soll der Abfall per Rostfeuerung verbrannt werden und die dabei gewonnene Energie eine Wasserentsalzungsanlage betreiben. Für die Entsalzung kommen sowohl membranbasierte Verfahren wie die Umkehrosmose in Frage als auch thermische Verfahren, die mit Destillationsprozessen arbeiten. Für Erstere liefert die Rostfeuerungsanlage die Energie, bei thermischen Verfahren kommen Strom und Wärme aus der Abfallverbrennung zum Einsatz.
Der Verein Deutsche Meerwasserentsalzung (DME, Duisburg) erwartet, dass in den nächsten 15 Jahren mehr als 130 Mrd. € auf dem weltweiten Markt für Meerwasserentsalzung investiert werden. Aber das ist nur ein kleines Stück des Kuchens, von dem sich die deutsche Branche ein Stück sichern kann.
Laut einer aktuellen Analyse der Unternehmensberatung Frost & Sullivan wird der Markt für Wasser- und Abwasserdesinfektionssysteme mit UV-Technologie bis zum Jahr 2015 auf einen weltweiten Umsatz von 629,8 Mio. $/Jahr ansteigen. Das liegt u. a. an verschärften gesetzlichen Vorgaben für Trinkwasserreinigung und Abwasseraufbereitung, die die bisher kostengünstige chlorbasierte Desinfektion zurückdrängen und die neuen UV-Verfahren voranbringen.
Die Wirtschaftskrise konnte den deutschen Unternehmen auf den Märkten für Wasser- und Abwassertechnik bisher nur wenig anhaben. Laut VDMA erhöhte sich der Branchenumsatz von Komponenten und Systemen zur Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung 2009 gegenüber dem Vorjahr um 4 % auf 1,35 Mrd. €. Der Export ging allerdings um 7,2 % auf 602 Mio. € zurück. Damit liegt die deutsche Branche immerhin weltweit auf Platz 2 – hinter den USA mit 660 Mio. €.
„Deutschland ist mit seinen zahlreichen hoch spezialisierten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) weltweit mit führend bei der Entwicklung von Spitzentechnologie im Wasserbereich. Individuelle und an die lokalen Verhältnisse perfekt angepasste Lösungen gehören zu den Stärken des deutschen Wassersektors“, erklärte Stefan Girod, Geschäftsführer von German Water Partnership. Um mit den großen Konzernen auf den internationalen Märkten konkurrieren zu können, müsse Deutschland seine Kräfte noch besser bündeln – genau das sei die Aufgabe der Gemeinschaftsinitiative der deutschen Wasserwirtschaft, -forschung und -politik. Das 2008 gegründete Netzwerk mit inzwischen 300 Mitgliedern bietet potenziellen Kunden und Partnern aus aller Welt eine zentrale Kontaktadresse für alle Anfragen an die deutsche Wasserexpertise. MARIANNE WOLLENWEBER
Ein Beitrag von: