Altpapier: Recycler stolpern über Angebots-Nachfrage-Lücke
Die Altpapierpreise stehen zunehmend unter Druck. Das hat nach Ansicht des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung Auswirkungen auf die gesamte Altpapierkette in Deutschland und zehrt an der Substanz der Altpapierentsorger. Dabei sind deutsche Recycler weltweit spitze bei der Rohstoffrückgewinnung aus gebrauchten Papier-, Pappe- und Kartonprodukten.
Die Preise für Altpapier geraten immer mehr unter Druck. Im zweiten Halbjahr 2011 sanken die Vergütungen für Altpapier mehrere Monate in Folge, wie der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (Bvse), Bonn, zum Jahresende meldete.
„Im Interesse aller an der Altpapierkette Beteiligten ist für die nächsten Monate zu hoffen, dass die Altpapier einsetzende Papierindustrie ihre Rohstoffplanung vorausschauend, bedarfsgerecht und mit einer soliden Preispolitik gestalte“, warnte deshalb Reinhold Schmidt, Vorsitzender des Fachverbands Papierrecycling im Bvse, am Jahresende vor einem weiteren Auseinanderdriften des Marktes bei ansteigendem Altpapieraufkommen und rückläufiger Nachfrage.
Schere zwischen Altpapier-Angebot und -Nachfrage öffnet sich zunehmend
Die in vielen Segmenten der in- und ausländischen Papierindustrie nachfragebedingt verschlechterte Auftragslage führt laut den Bvse-Informationen dazu, dass zahlreiche Fabriken ihre Altpapier-Ordermenge reduzieren und ihre Rohstoffläger herunterfahren. Auch aus Fernost waren die Altpapierbestellungen verhalten. Die Altpapiersammelmenge hingegen befinde sich in Deutschland angesichts der sehr guten Produktionslage in Handwerk und Industrie auf hohem Niveau. Damit öffne sich zunehmend die Schere zwischen steigendem Altpapieraufkommen und rückläufiger Nachfrage .
Der monatelange Sinkflug der Erlöse geht den Altpapierverwertern an die Substanz. Zudem hat sich laut den Bvse-Angaben durch die parallel drastisch gestiegenen Kosten für Kraftstoffe und Energie der Kostendruck auf die Branche verstärkt.
Vom Taschentuch über den Schuhkarton bis zur Tapete bietet die Papierindustrie nach Angaben der Alba Group, Berlin, mehr als 3000 unterschiedliche Papier-, Karton- und Pappesorten für die unterschiedlichsten Anwendungen an. Das verwendete Altpapier muss daher entsprechend vorsortiert und aufbereitet werden. „Am stärksten sind Papierfabriken an Deinkingware interessiert, also an Sekundärrohstoff aus alten Zeitungen und Zeitschriften“, erklärt Karlheinz Giese, Anlagenleiter in der Berliner PPK-Sortieranlage (Papier, Pappe, Karton) der Unternehmensgruppe. Sei früher noch alles per Hand sortiert worden, so würden heute die Hauptfraktionen Deinkingware, Kaufhausaltpapier und Mischpapier automatisch sortiert.
Die deutsche Papierindustrie braucht Altpapier
„Dabei erreichen wir pro Schicht einen Durchsatz von 130 t bis 150 t und eine Ressourceneffizienz von 98 %“, so Giese. Die Leistungsfähigkeit der Sortieranlagen sei nicht zuletzt eine Antwort auf den gewachsenen Rohstoffhunger der Papierindustrie. Lag 1950 in Deutschland der jährliche Pro-Kopf-Papierverbrauch nach den Informationen der Alba Group noch bei etwa 30 kg, seien es heute rund 240 kg.
In Deutschland ist Altpapier der wichtigste Rohstoff für die Papierindustrie. So waren beispielsweise laut den Statistikdaten des Verbands Deutscher Papierfabriken (VDP), Bonn, in 2010 in der Bundesrepublik insgesamt 23,2 Mio. t Pappe und Papier hergestellt worden, für die 16,3 Mio. t Altpapier zum Einsatz kam.
Altpapier-Recycling spart Wasser und Energie
Neben den Rücklaufmengen aus der haushaltsnahen Sammlung fließen auch gewerbliche Papierabfälle wie Produktionsreste und geschreddertes Material aus der Aktenvernichtung in den Materialkreislauf mit ein. Für die Rückgewinnung der Fasern wird das Altpapier zunächst im „Pulper“, einer Art überdimensionalem Mixer, in Wasser aufgelöst und zerfasert. Siebe und Sortieraggregate trennen dann papierfremde Bestandteile wie etwa Büroklammern, Kleber oder Kunststoffe ab. Soll der Faserbrei später zur Herstellung hochwertiger Druckpapiere eingesetzt werden, folgt das Deinking. Mithilfe von Wasser, Natronlauge und Seife werden dabei die Druckfarben vom Fasermaterial gelöst. Durch Einblasen von Luft steigen sie dann als Schaum an die Oberfläche und können abgesaugt werden.
Sechs- bis siebenmal lassen sich so beispielsweise Fasern aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz auf diese Weise wiederverwerten. Jeweils rund 60 % Energie und Wasser können so im Vergleich zu Frischfaserpapier eingespart werden.
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