Ameisen entfernen klimaschädliches Kohlendioxid aus Atmosphäre
Ameisen entfernen beim Nestbau CO
Die Erde wimmelt von Ameisen, es leben etwa zehn Billiarden Exemplare auf dem blauen Planeten. Und diese kleinen Krabbeltiere leisten erdgeschichtlich gesehen Großes: Denn sie beschleunigen einen geochemischen Prozess, der klimaschädliches Kohlendioxid aus der Atmosphäre abbaut und bindet. Es geht dabei um die Verwitterung von Silikaten wie Olivin oder Feldspat zu Carbonaten, etwa zu Kalkstein. Einige Ameisenvölker nutzen diese Carbonate als Baumaterial für ihre Nester, in denen CO2 für viele hunderttausend Jahre gebunden ist. Herausgefunden hat das Ronald Dorn von der US-amerikanischen Arizona State University in Tempe. Der Professor für Geologie hat jetzt im Fachblatt Geology eine Studie veröffentlicht.
Die Forschung des Professors begann vor 25 Jahren. Dorn hatte damals mit seinem Team vulkanisches Basaltgestein, das vor allem Olivin und Feldspat enthält, zu Teilchen auf Sandkorngröße zermahlen. Jeweils fünf Portionen davon versenkten die Forscher in Ameisen- und in Termitennestern sowie in simplen Wurzelteppichen. Als Kontrollumgebungen dienten zum einen nackter Boden, zum anderen einfache Plastikrohre, in die lediglich Regen eindringen konnte. Denn soviel war sicher: Wasser ist für die Verwitterung der Silikate unverzichtbar.
Ameisen beschleunigen die Verwitterung
Angesiedelt waren die Testgebiete in gebirgigen Gegenden von Texas und Arizona. Dadurch befanden sie sich auf unterschiedlichen Höhen und auch in völlig verschiedenen Vegetationen. Von Wüste bis Mischwald war alles vertreten. Alle fünf Jahre tauchte Dorn mit seinem Team auf den Versuchsfeldern auf. Sie gruben eine Portion der Basaltkörner wieder aus und untersuchten mithilfe eines Elektronenmikroskops, wie stark sich in den vergangenen fünf Jahren die Olivin- und die Feldspatkristalle aufgelöst hatten.
Dann kamen die Steinchen noch in den Ofen. Dorn erhitzte die Kristalle auf bis zu Tausend Grad Celsius. Denn dann entweicht das gebundene Kohlendioxid wieder. Und über den Gewichtsverlust konnte Dorn auf die in diesen fünf Jahren gespeicherte Menge rückschließen. Es zeigte sich: Ameisen waren mit großem Abstand die effektivsten Beschleuniger der Verwitterung. In ihren Nestern waren die Olivin- und Feldspatkristalle zum Teil mehr als 300-mal so stark verwittert wie die Kontrollkörner in der simplen Plastikröhre. Die Wurzelteppiche kamen je nach Vegetationsart auf durchschnittlich zehn bis 40-fach verstärkten Gesteinsumbau. Die Termiten lagen knapp dahinter. Wenig überraschend: Im pflanzenfreien, nackten Boden passierte kaum mehr als im Plastikrohr.
Ameisen als lebende Betonmischmaschine
Dorn vermutet, dass die Ameisen am Sand lecken und das abgeleckte Material als Kalk an die Wände ihrer Nester kleben. Oder sie fressen den Sand und scheiden ihn dann wieder aus für den Nestbau. Das sind aber beides Vermutungen. Wenn sie den Sand fressen, dann sind Ameisen so etwas wie eine Art lebende Betonmischmaschine. „Wir stehen hier ganz, ganz am Anfang mit unserer Forschung“, betont Dorn.
Potential für Klimaschutz bislang unbekannt
Es ist auch nicht sicher, ob es eine sinnvolle Idee wäre, Ameisen als Beschleuniger der Silikatverwitterungen einzusetzen. Denn die Verwitterung von Silikaten und ihr Potential für den Klimaschutz ist bisher reine Grundlagenforschung. Es wären somit umfassende Praxistests und auch Risikofolgeabschätzungen notwendig. Denn es handelt sich um gigantische Mengen Silikatgestein, das abgebaut und gemahlen auf Brachland, auf Äckern oder auf Stränden verteilt werden müsste.
Soviel ist klar: Die Kohlendioxidbilanz fällt positiv aus. Je nach Szenario kann pro Tonne Fels eine halbe bis eine Tonne Kohlendioxid gespeichert werden. Das berichteten Forscher der Universität Hamburg vor kurzem im Magazin „Journal Environmental Science and Technology“. Auch in diesem Bericht wird auf die möglichen ökologischen Nebenwirkungen hingewiesen.
Ameisen können übrigens noch viel mehr als nur das Weltklima retten. Sie treten auch als wichtige Helfer bei der Renaturierung der Regenwälder auf. Das zeigte eine Forschungsarbeit des Loewe Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) und der Universität Halle-Wittenberg.
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