Aus CO2-Abgas wird Kunststoff
Am 17. Februar wurde im Chempark Leverkusen eine neue Pilotanlage von Bayer in Betrieb genommen, um Kohlendioxid (CO2) aus der Energiewirtschaft für die Produktion von Polyurethan zu nutzen. Das klimaschädliche Abgas findet so nachhaltige Verwertung als Kunststoffrohstoff.
Neue Wege bei der Herstellung von hochwertigen Kunststoffen geht Bayer. Hochreines Kohlendioxid (CO2) liefert der Stromerzeuger RWE Power aus der Rauchgaswäsche seines Innovationszentrums Kohle am Braunkohlekraftwerk Niederaußem bei Köln zum Chempark Leverkusen. Dort betreibt Bayer Technology Services seit 17. Februar eine Pilotanlage, die mithilfe des Kohlendioxids und weiteren Chemierohstoffen Polyol – eine der beiden Komponenten, die für die Herstellung von Polyurethan (PU) benötigt wird – im Kilogramm-Maßstab herstellt.
Das innovative Verfahren ist Ergebnis des gemeinsamen Projekts „Dream Production“ von Wirtschaft und Wissenschaft. Bayer arbeitet bei dem Projekt nicht nur mit dem Energieunternehmen RWE, sondern auch mit der RWTH Aachen und dem gemeinsam mit der Hochschule betriebenen CAT Catalytic Center zusammen.
„Kooperationen spielen für uns eine herausragende Rolle, weil wir überzeugt sind, dass wir nur gemeinsam Erfolg haben können“, betonte Wolfgang Plischke, für Innovation, Technik und Umwelt zuständiges Bayer-Vorstandsmitglied, anlässlich des Starts der Pilotanlage in Leverkusen den Nutzen der Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschung und Industrie. Denn im Projekt „Dream Production“ soll erstmals die katalytische Umsetzung des Abfallprodukts Kohlendioxid zu hochwertigen Materialien im Technikumsmaßstab ausgeführt werden. Den Forschern sei vor Kurzem ein Durchbruch in der Katalysetechnik gelungen, was die effiziente Nutzung von CO2 erst ermöglicht habe.
In der aktuellen Initiative wird am CAT unter anderem die Kompatibilität des Katalysators mit dem CO2 aus dem Kraftwerk geprüft. Die RWTH Aachen unterzieht das neue Verfahren über alle Stufen einer ökologischen sowie ökonomischen Gesamtbetrachtung und vergleicht es dabei auch mit herkömmlichen Prozessen und Produkten.
„Es besteht hier die Chance, Deutschland als einen Marktführer für solche Technologien zu etablieren und uns damit eine Führungsrolle im internationalen Wettbewerb zu sichern“, so Plischke. Die Inbetriebnahme der Pilotanlage betrachtete der parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zudem auch als einen „revolutionären“ Ansatz, der die Sicht auf Kohlendioxid völlig umkehre. „CO2 ist durch die Klimadiskussion in die ‚Schmuddelecke’ der öffentlichen Wahrnehmung geraten – nun fördern wir die Erforschung von Alternativen, um CO2 als Rohstoff sinnvoll zu nutzen“, erklärte Rachel.
Das Land NRW unterstützt ebenfalls – gemeinsam mit Bayer – das Katalysezentrum CAT. Das Projekt „Dream Production“ wird insgesamt mit Bundesmitteln von und 5 Mio. € gefördert. Inklusive der Beteiligung der Industriepartner beträgt der Gesamtetat für dieses Projekt etwa 9 Mio. €.
Falls die Erprobungsphase mit der Pilotanlage positiv verläuft, soll ab 2015 die industrielle Produktion von Kunststoffen auf CO2-Basis anlaufen. An einer bereits bestehenden anderen Anlage kann Bayer Material Science die neuen mit Polyolen aus der Pilotanlage erzeugten Polyurethane testen. Aus ihnen wird vor allem weicher und harter Schaumstoff gewonnen. JÜRGEN SIEBENLIST
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