Bakterien als Nylonfresser: Lösung für das Recyclingproblem?
Forschende aus Jüllich haben ein Bakterium entwickelt, das Nylonabfälle auffrisst und in wertvolle Stoffe verwandeln kann.
Ein Forschungsteam des Instituts für Bio- und Geowissenschaften – Biotechnologie am Forschungszentrum Jülich hat gemeinsam mit der Firma Novonesis eine Methode entwickelt, um Nylonabfälle effizienter zu verwerten. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler optimierten das Bodenbakterium Pseudomonas putida so, dass es bestimmte Nylonbausteine abbauen und in verwertbare Stoffe umwandeln kann. Diese Methode könnte eine ergänzende Lösung zu bestehenden Recyclingverfahren bieten.
Nylon: Weit verbreitet, aber schwer recycelbar
Polyamide, allgemein als Nylon bekannt, zeichnen sich durch hohe Reißfestigkeit und Beständigkeit aus. Diese Eigenschaften machen das Material für verschiedene Anwendungen geeignet, darunter Textilien, industrielle Komponenten, Fischernetze und technische Fasern. Trotz der hohen Produktionsmengen liegt die Recyclingquote von Nylon unter 5 %. Viele Abfälle gelangen in die Umwelt oder werden thermisch verwertet, wodurch klimaschädliche Emissionen freigesetzt werden.
Mechanisches Recycling von Nylon erfordert sortenreine Abfälle, die selten in großen Mengen anfallen. Chemische Verfahren können Nylon in seine Grundbausteine zerlegen, allerdings bleiben oft sogenannte Oligomere zurück – kurze Moleküle, die sich nur schwer weiterverarbeiten lassen. Die von den Forschenden entwickelte Methode setzt genau an diesem Punkt an und ermöglicht es, diese Rückstände biologisch weiterzuverwerten.
Biologische Abbauprozesse durch Mikroorganismen
Das Team um Prof. Dr. Nick Wierckx untersuchte die Fähigkeiten des Bakteriums Pseudomonas putida und konnte nachweisen, dass es bestimmte Nylon-Bausteine abbauen kann. Das Bakterium verstoffwechselt die Nylonbausteine nicht nur, sondern kann sie auch in höherwertige Substanzen wie Biopolyester umwandeln.
„Manche Bakterien entwickeln durch zufällige Mutationen in ihrem Erbgut die Fähigkeit, Nylonbausteine besser zu verwerten. Diese Zellen haben einen Wachstumsvorteil gegenüber anderen und können sich schneller vermehren. Nach einigen Generationen besteht die Bakterienkultur schließlich nur noch aus diesen spezialisierten Zellen“, erklärt Wierckx.
Genetische Anpassungen und gezielte Evolution
Durch genetische Anpassungen und gezielte Evolution im Labor optimierten die Forschenden das Bakterium weiter. Sie integrierten Gene für spezifische Enzyme, sogenannte Nylonasen, die in der Lage sind, kurze Nylonmoleküle zu spalten. Diese Modifikation verbessert die Verwertung von Nylonabfällen und ermöglicht eine effizientere Nutzung von Kunststoffresten.
Die Ergebnisse sind Teil des EU-Forschungsprojekts Glaukos, das sich mit umweltfreundlichen Alternativen in der Textil- und Fischereiindustrie beschäftigt. Ziel des Projekts ist es, biobasierte Materialien zu entwickeln, den Lebenszyklus von Produkten nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig die Plastikverschmutzung zu reduzieren.
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Bakterien können auch Polyurethane fressen
Es ist nicht ganz neu, dass Bakterien Kunststoffe fressen können. Daran arbeiten Forschungsteams überall auf der Welt. So auch ein Team aus den USA, das sich dafür kein Nylon, sondern Polyurethan ausgesucht hat. Sie wählen dafür einen etwas anderen Ansatz als das Team aus Jüllich. Das Bakterium mit dem Namen Bacillus subtilis soll vielmehr bereits in den Plastikprodukten leben und erst aktiv werden, wenn das Plastikteil auf dem Müll landet.
Die Ausgangslage scheint vielversprechend: Bestimmte Stämme des Bakteriums Bacillus subtilis sind in der Lage, Plastik effizient abzubauen. Dank ihrer Fähigkeit, als widerstandsfähige Sporen extreme Umweltbedingungen zu überstehen, können sie sich erneut vermehren, sobald die Bedingungen günstiger werden. Das bedeutet auch, dass diese Bakterien jahrzehntelang in Kunststoffprodukten inaktiv bleiben können. Werden solche Plastikteile später kompostiert, erwachen die Bakterien wieder zum Leben und können laut den Studienautoren innerhalb von fünf Monaten bis zu 90 % des Kunststoffs abbauen.
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