CO₂-Emissionen: Reiche verursachen mehr, als sie glauben – Arme weniger
Laut einer neuen Studie, die im Fachblatt Nature Climate Change veröffentlicht wurde, schätzen sowohl Reiche als auch Arme ihre CO₂-Emissionen falsch ein: Wohlhabende verursachen mehr Emissionen, während einkommensschwache Personen weniger ausstoßen, als sie glauben.
In den letzten Jahren haben zahlreiche wissenschaftliche Studien gezeigt, dass wohlhabende Personen überdurchschnittlich hohe CO₂-Emissionen verursachen und durch ihren außergewöhnlichen Luxus den Klimawandel beschleunigen. Eine neue Untersuchung der University of Cambridge beleuchtet nun, wie Menschen mit hohem und niedrigem Einkommen ihren eigenen ökologischen Fußabdruck einschätzen.
CO₂-Fußabdruck der reichsten Menschen wird unterschätzt
Der persönliche CO₂-Fußabdruck der reichsten Menschen wird von diesen selbst sowie von Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen aus allen Ländern stark unterschätzt. Gleichzeitig überschätzen sowohl Reiche als auch Arme den CO₂-Fußabdruck der ärmsten Menschen erheblich.
Die Forschergruppe von der Copenhagen Business School, der Universität Basel und der Universität Cambridge befragte 4000 Menschen aus Dänemark, Indien, Nigeria und den USA zur Ungleichheit in den persönlichen CO₂-Fußabdrücken, also den Treibhausgasemissionen, die durch die Aktivitäten einer Person entstehen.
Von den 4003 Teilnehmern kamen in jedem Land 50 % aus der obersten Einkommensgruppe (Top 10 %). Die Forschung zeigt, dass Menschen die Ungleichheit bei Kohlenstoffemissionen oft unterschätzen und dass dies ihre Unterstützung für Klimapolitik beeinflusst. Es zeigten sich auch Unterschiede zwischen den vier Ländern und den Einkommensgruppen der Teilnehmer. Zudem hängt die Wahrnehmung der Fairness der Kohlenstoffemissionsungleichheit mit der Unterstützung für Klimapolitik zusammen. Dies verdeutlicht, dass es wichtig ist, mehr Bewusstsein für diese Ungleichheit zu schaffen und ihre Auswirkungen auf Klimagerechtigkeit und -politik weiter zu erforschen.
Unterschiedliche Konsumgewohnheiten
Ungleichheit im persönlichen Kohlenstofffußabdruck zeigt sich vor allem in den unterschiedlichen Konsumgewohnheiten und den damit verbundenen Treibhausgasemissionen. Wohlhabende Menschen reisen zum Beispiel öfter und weiter mit dem Flugzeug, besitzen größere und oft mehrere Häuser und verursachen mehr Emissionen durch den Einsatz von privaten und beruflichen Fahrzeugen. Während die Berechnung des Kohlenstofffußabdrucks traditionell nur die Emissionen aus Konsum berücksichtigt, haben neuere Studien auch die Emissionen aus privaten Investitionen, wie in Aktien oder Immobilien, einbezogen, um die indirekten Beiträge zum Klimawandel besser zu erfassen.
„Es gibt definitiv Gruppen, die versuchen, die Verantwortung für die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen von Unternehmen auf Einzelpersonen zu verlagern, was problematisch ist“, sagte Co-Autor Dr. Ramit Debnath, Assistant Professor und Cambridge Zero Fellow an der Universität Cambridge. „Persönliche Kohlenstofffußabdrücke können jedoch die tiefgreifende Ungleichheit innerhalb und zwischen Ländern verdeutlichen und den Menschen helfen, klimafreundlicher zu leben.“
Politische Ansichten und CO₂-Fußabdrücke
Die Forschenden befragten die Teilnehmenden ebenfalls zu ihren sozioökonomischen Bedingungen und politischen Ansichten. Dabei stellten sie fest, dass Menschen mit eher rechtsgerichteten politischen Einstellungen das Ausmaß der Emissionsungleichheit tendenziell unterschätzten.
Zusätzlich untersuchten die Forschenden, wie die Wahrnehmung der Ungleichheit bei persönlichen CO₂-Emissionen in verschiedenen Einkommensgruppen mit den Einstellungen zur Klimagerechtigkeit zusammenhängt. Sie entdeckten, dass Teilnehmende, die die Ungleichheit unterschätzten, im Durchschnitt weniger Unterstützung für politische Maßnahmen zum Klimaschutz zeigten.
Wie sieht es in Deutschland aus?
In Deutschland verursacht jede Person im Durchschnitt jährlich 6,5 Tonnen Treibhausgasemissionen – mehr als doppelt so viel, wie Klimaexperten als umweltverträglich einstufen, nämlich bis zu drei Tonnen. Menschen aus den einkommensstärksten Haushalten haben dabei einen CO₂-Fußabdruck von über zehn Tonnen pro Kopf, was etwa doppelt so hoch ist wie der von Personen aus Niedrigeinkommenshaushalten, die im Schnitt 5,6 Tonnen ausstoßen.
Der Hauptgrund für den Unterschied liegt in Flugreisen. Das zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die Forscherinnen Sandra Bohmann und Merve Kücük analysierten dafür Vorabdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus dem Jahr 2023. Sie berechneten nicht nur den CO₂-Fußabdruck pro Kopf in den Bereichen Wohnen, Ernährung und Mobilität, sondern untersuchten auch, wie sich die Emissionen je nach Einkommen der Haushalte verteilen.
„Insbesondere das Fliegen vergrößert den CO₂-Fußabdruck und ist einer der Hauptgründe, warum Menschen aus Haushalten mit höheren Einkommen einen doppelt so großen Fußabdruck haben wie diejenigen mit niedrigem Einkommen: Eine einzige Langstreckenflugreise führt zu mehr Emissionen pro Kopf als Wohnen und Ernährung in einem ganzen Jahr zusammen“, kommentierte die Forscherin Sandra Bohmann.
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