CO2-Ausstoß sinkt im April um 17 % – warum es trotzdem keine Jubelmeldung ist
Der globale CO2-Ausstoß liegt Anfang April 17 % niedriger als vor der Corona-Pandemie. Das ergibt eine gemeinsame Untersuchung des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) und der Technischen Universität Berlin.
Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf unsere Umwelt aus? Mit dieser Frage befassen sich Forscher und Bürger gleichermaßen. Flugzeuge bleiben am Boden, Kreuzfahrtschiffe sagen ihre Reisen ab und Social Distancing treibt uns alle zurück in die Natur. Eine gemeinsame Studie des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) und der Technischen Universität Berlin hat nun ergeben, dass der CO2-Ausstoß Anfang April um 17 % gesunken ist.
Die Schnellschätzung des Forscherteams gibt einen Ausblick über die Auswirkung der Corona-Abwehrmaßnahmen auf den Ausstoß des Treibhausgases CO2. Laut den Ergebnissen lagen die weltweiten CO2-Emissionen Anfang April ein Sechstel niedriger als vor der Pandemie. Die stärksten absoluten Rückgänge sind im Bereich Verkehr und Produktion zu verzeichnen. Für die Studie sind Wissenschaftler aus sieben Ländern auf drei Kontinenten zusammen gekommen, darunter das Berliner Klimaforschungsinstitut MCC und die Technische Universität Berlin.
So ging das Forscherteam vor
Die Entwicklung des Ausstoßes von CO2 wurde auf Basis laufender Erhebungen zum Energie- und Rohstoffverbrauch gemessen. Die Industrieproduktion und das Verkehrsaufkommen in 69 Ländern flossen ebenfalls in die Statistik ein. Ergänzt wurde der Bericht durch Annahmen über die durch die Pandemie-Abwehr ausgelösten Verhaltensänderungen sowie Satellitendaten zur Luftverschmutzung. Die Schnellschätzung bezieht sich auf den 7. April 2020. Das Ergebnis: ein Corona-bedingter Rückgang um 17 Megatonnen CO2 pro Tag. Das ist relativ zum Vor-Corona-Niveau von 100 Megatonnen ein Rückgang um 17 %.
In diesen Bereichen reduziert sich die CO2-Emission
Der größte Anteil der täglichen Reduktion der CO2-Emissionen entfällt auf den Verkehr am Boden. Es handelt sich um schätzungsweise 7,5 Megatonnen – das entspricht einem Rückgang von 36 %. 4,3 Megatonnen (19 % Rückgang) entfallen auf die Produktion von Gütern und Dienstleistungen. 3,3 Megatonnen (sieben % Rückgang) entfallen auf die Stromerzeugung. Prozentual ist der Rückgang beim Luftverkehr am größten – und zwar 1,7 Megatonnen (60 %). Der öffentliche Sektor verzeichnet mit 0,9 Megatonnen einen Rückgang von 21 %. In den Privathaushalten erkannten die Forscher dagegen einen geringfügigen Anstieg um 0,2 Megatonnen (3 %).
Wie sehen die CO2-Emissionen bis zum Jahresende aus?
Wie geht jetzt die Entwicklung weiter? Die Studie liefert eine Vorausschätzung für die CO2-Emissionen bis Dezember 2020. Drei Szenarien sind möglich.
- Wenn die im März verfügten Beschränkungen bis Mitte Juni auf Null heruntergefahren werden, liegt der CO2-Ausstoß im Gesamtjahr 2020 um rund vier % niedriger als in den Vorjahren ohne Corona.
- Wenn die Beschränkungen bis Ende Mai bleiben und Ende Juli wieder Normalzustand herrscht, beträgt der Rückgang rund fünf %.
- Wenn zusätzlich zum zweiten Szenario die Behörden noch bis Jahresende einzelne Infektionsketten durchbrechen und Betroffene in Quarantäne schicken müssen, beträgt der Rückgang rund sieben %.
Klimakrise adé? Kein Grund zum Jubeln
Das Forscherteam betont aber auch, dass die Klimakrise durch die Corona-Pandemie in keiner Weise gemildert wird.
„Die seit Jahren von der Wissenschaft entwickelten Szenarien für einen erfolgreichen Kampf gegen die Erderwärmung zielen ja trotz verringerten Energie- und Ressourcenverbrauchs auf besseres, nicht schlechteres menschliches Wohlergehen“, erklärt Felix Creutzig, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport.
„Der jetzige Nachfragerückgang ist dagegen weder beabsichtigt noch zu begrüßen. Unsere Studie taugt nicht für Jubelmeldungen. Gleichwohl liefert sie wichtige quantitative Erkenntnisse dazu, wie extreme Maßnahmen auf CO2-Emissionen wirken.“
Um die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, müssten die Emissionen nicht einmalig, sondern jedes Jahr um sechs % sinken.
„Das muss die Politik im Blick behalten, wenn sie nach dem Eindämmen der Pandemie die wirtschaftliche Erholung organisiert“, betont Felix Creutzig.
„Die staatlichen Anschubhilfen werden den Pfad der globalen CO2-Emissionen wahrscheinlich für Jahrzehnte prägen. Es ist durchaus möglich, den Klimaschutz dabei mitzudenken. Doch wenn dieser aufgeweicht wird, sind trotz des aktuellen Rückgangs langfristig sogar höhere Emissionspfade als ohne Corona wahrscheinlich.“
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