CO2-Entnahme: Studie bewertet Potenzial in Deutschland
Wie schafft es Deutschland, bis 2045 klimaneutral zu werden? Und welche Rolle kann die gezielte CO2-Entnahme spielen? Hierzu hat ein Forschungsteam 14 Methoden zur CO2-Entnahme auf ihre Umsetzbarkeit in Deutschland untersucht – mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen für die einzelnen Maßnahmen.
Ein interdisziplinäres Forschungsteam unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat eine Machbarkeitsstudie für 14 verschiedene Maßnahmen und Technologien der CO2-Entnahme in Deutschland durchgeführt. Die Forschenden berücksichtigten für ihre Analyse ökologische, technologische, ökonomische, soziale, institutionelle sowie systemische Aspekte. Zentrales Ziel: Herauszufinden, welche Methoden zur Entnahme, Bindung und Speicherung von CO2 in den nächsten zwei Jahrzehnten möglichst leicht umsetzbar sind, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen.
Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen massiv gesenkt werden, das ist klar. CDR-Maßnahmen (CDR = Carbon Dioxide Removal), also Methoden oder Technologien zur Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre, reichen nicht aus, um die großen Mengen an ausgestoßenem CO2 drastisch zu reduzieren. Schätzungen gehen davon aus, dass sie lediglich fünf bis 15 Prozent der heutigen Emissionen ausgleichen können. Trotzdem spielen sie eine wichtige Rolle auf dem Weg zur Klimaneutralität.
CO2-Entnahme: Bewertung in sechs Dimensionen
Die Forschenden nutzten für ihre Untersuchungen einen selbst entwickelten Bewertungsrahmen. Dieser umfasst sechs unterschiedliche Dimensionen: ökologisch, technologisch, ökonomisch, sozial, institutionell und systemisch. „Für eine gute und vergleichbare Einschätzung der Machbarkeit unter Einbeziehung von Risiken und Chancen verschiedener CDR-Maßnahmen müssen ganz unterschiedliche Aspekte berücksichtigt werden. Da das nicht leicht zu überblicken und zu vergleichen ist, wollten wir mit unserer Studie hier Licht ins Dunkel bringen“, sagt Dr. Malgorzata Borchers vom UFZ, Co-Erstautorin der Studie.
Insgesamt 28 Expertinnen und Experten haben ihr Wissen in die Studie eingebracht und so den aktuellen Wissensstand zu den untersuchten CDR-Methoden umfassend abgebildet. Ihre Studienergebnisse haben sie in einer anschaulichen Bewertungsmatrix mittels Ampelfarben dargestellt: Rot signalisiert hohe, gelb mittlere und grün niedrige Hürden bei der Einführung einer Maßnahme in einem bestimmten Bereich.
Ökosystembasierte Maßnahmen schneiden besonders gut ab
Die Studienergebnisse zeigen: Ökosystembasierte Maßnahmen wie Renaturierung von Seegraswiesen, Anbau von Zwischenfrüchten, Wiedervernässung von Mooren oder Aufforstung weisen die niedrigsten technologischen Hürden auf. „Ökosystembasierte Maßnahmen werden insbesondere zur Vermeidung von Emissionen bereits eingesetzt. Dabei tragen sie auch zur Entnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre bei. Allerdings ist ihr Potenzial begrenzt, da wir in Deutschland von der Fläche her doch sehr eingeschränkt sind und nicht unendlich Moore wiedervernässen oder großflächig aufforsten können“, erklärt Johannes Förster. Dennoch sollten diese Synergien genutzt werden, um die Klimaneutralität zu erreichen.
Bei Technologien mit höherem CO2-Entnahme-Potenzial, wie zum Beispiel die sogenannte BECCS (Bioenergieerzeugung bei gleichzeitiger Kohlenstoffabscheidung und Speicherung), leuchtet die Ampel hingegen in vielen Bereichen rot. „Bei den technologischen CDR-Maßnahmen sind insbesondere die wirtschaftlichen und institutionellen Hürden heute noch sehr hoch“, sagt Prof. Daniela Thrän vom UFZ. Sie fordert, mehr praktische Erfahrungen auf regionaler und lokaler Ebene zu sammeln, um die Technologien weiterzuentwickeln und als Teil lokaler Wertschöpfungsketten zu etablieren.
Klimaneutralität erfordert Kombination verschiedener Maßnahmen
Weiße Flecken in der Bewertungsmatrix offenbaren Forschungsbedarf. Das gilt besonders für die sozialen Auswirkungen der CDR-Maßnahmen. „Wie könnten zum Beispiel die Kosten und Nachteile der CDR-Maßnahmen gesellschaftlich gerecht verteilt werden, deren Umsetzung für die gesamte Gesellschaft von Vorteil ist, muss dringend weiter erforscht werden“, betont Nadine Mengis.
Die Machbarkeitsstudie soll Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger dabei unterstützen, die komplexen Informationen besser zu erfassen und einzuordnen. Nur so lassen sich die richtigen Weichen stellen, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Dafür wird es wichtig sein, unterschiedliche CDR-Maßnahmen in einem Portfolio an Klimaschutzmaßnahmen zu kombinieren und intelligent einzusetzen.
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