Dieser Londoner Doppeldecker fährt mit Kraftstoff aus Kaffeesatz
Man sieht es den Doppeldeckerbussen in London nicht an, aber einige sind seit wenigen Tagen mit einem Kraftstoff unterwegs, der zum Teil aus Kaffeesatz gewonnen wird. Genauer: Aus Kaffeeöl, das Diesel beigemischt wird. 20 Prozent Kaffeeöl vertragen die Doppeldecker.
Für viele Menschen ist die Tasse Kaffee am Morgen ein extrem wichtiger Muntermacher zum gelungenen Start in den Tag. Nun wird der Muntermacher, genauer sein Rest, der Kaffeesatz, ein biologischer Antrieb für einige der berühmten roten Londoner Doppeldeckerbusse. Möglich macht diesen Doppelnutzen eine Kooperation des Mineralölkonzerns Shell mit dem kleinen britischen Technologieunternehmen bio-bean. Das 2013 gegründete Unternehmen mit 40 Mitarbeitern sammelt den Kaffeesatz von großen Café-Ketten in der britischen Hauptstadt ein und trocknet ihn in seiner Wiederaufbereitungsanlage in Alconbury in der Grafschaft Cambridgeshire.
Kaffeesatz wird zu Kaffeeöl
Dann wird aus dem getrockneten Kaffeesatz ein Kaffeeöl extrahiert, das dem Dieseltreibstoff für die Busse beigemischt wird. B20 heißt die Mixtur aus einer 20-prozentigen Bio-Komponente, die teilweise aus Kaffeeöl besteht und Diesel.
Der Kraftstoffmischer Argent Energy als Partner von bio-bean mischt das Kaffeeöl mit anderen Fetten und Ölen. Diesen Biodiesel verarbeitet Argent Energy mit Mineraldiesel zu B20. Seit dem vergangenen Montag kurven ein Teil der roten Doppeldecker mit B20 im Tank durch London. Eine Umrüstung der Motoren sei für den Betrieb mit B20 nicht notwendig, betont Shell.
200.000 Tonnen Kaffeesatz allein in London
Shell macht eine beeindruckende Rechnung auf, und die geht so: Der Londoner trinkt im Schnitt pro Tag 2,3 Tassen Kaffee. Daraus entsteht ein Berg von 200.000 Tonnen Kaffeesatz, allein in London und jedes Jahr! Der größte Teil landet auf Mülldeponien. Jede Tasse Kaffee entspricht etwa einer Kohlendioxid-Emission von 60 Gramm. Die 200.000 Tonnen Kaffeesatz Londons entsprechen laut Shell und bio-bean einer Kohlendioxid-Belastung von 126 Millionen kg. Dazu kommt die Emission von Methan, ebenfalls ein Treibhausgas, welches 28 stärker wirkt als das Kohlendioxid. Durch die Wiederverwertung soll ein Teil dieser Emissionen beseitigt werden.
Allein im November hat bio-bean 6.000 Liter Kaffeeöl aus dem eingesammelten Kaffeesatz gewonnen. Mit dieser Menge als Teil der Biokomponente kann ein Bus ein ganzes Jahr durch London fahren. Derzeit hat bio-bean die Kapazität, um aus 50.000 Tonnen Kaffeesatz das Kaffee-Öl zu extrahieren – also ein Viertel des jährlichen Londoner Kaffeesatz-Aufkommens.
61 Milliarden Tassen Kaffee pro Jahr in Deutschland
„Es ist ein großartiges Beispiel dafür, was getan werden kann, wenn wir beginnen, Reststoffe als ungenutzte Ressource neu zu definieren“, zitiert Shell bio-bean Gründer Arthur Kay in einer Pressemitteilung. „Wir haben in Großbritannien angefangen, aber stellen Sie sich das Potential eines Landes wie Deutschland vor, in dem mehr als 61 Milliarden Tassen Kaffee pro Jahr getrunken werden. Wenn wir unseren Umgang mit Reststoffen ändern, können wir in Zukunft nachhaltigere Städte schaffen.“
Zudem eignet sich Kaffeesatz auch zur Verarbeitung zu Briketts. Laut bio-bean sollen die Kaffeesatzbriketts mehr Energie enthalten als Holz und entsprechend auch länger im Ofen brennen.
Shell unterstützt Ideen von Start-ups
Die innovative Kooperation mit bio-bean ist ein Teil der Make-the-Future-Kampagne von Shell. Damit will der Energiekonzern Start-ups dabei unterstützen, innovative Energielösungen umzusetzen, die einen Nutzen für die Gesellschaft erzielen. „Wenn es um saubere Energien geht, sind wir immer auf der Suche nach der nächsten innovativen Lösung. Eine gute Idee kann von überall herkommen. Indem wir gute Ideen unterstützen, können wir gemeinsam wirklichen Fortschritt ermöglichen“, sagt die Geschäftsführerin von Shell UK, Sinead Lynch. „Wir freuen uns, mit bio-bean diese innovative Energielösung umzusetzen, die dazu beiträgt, dass der Kaffee, den die Londoner trinken, am Ende die Busse antreibt, mit denen sie sich fortbewegen.“
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