Enzym aus Bakterien macht Polystyrol endlich biologisch abbaubar
Dämmstoff Polystyrol war bisher nicht biologisch abbaubar. Jetzt hat ein Forschungsteam ein bakterielle Enzym gefunden, das den langlebigen Werkstoff zerlegt.
Ob beim Dämmen im Hausbau oder beim Warmhalten von Speisen und Getränken zum Mitnehmen: Polystyrol ist einer der am häufigsten verwendete Kunststoff überhaupt. Hergestellt wird er erdölbasiert aus Styrol-Bausteinen. Und im Gegensatz zu manchen anderen Kunststoffen ist er bislang nicht biologisch abbaubar. Doch nun gelang es Forschende ein Enzym von Bakterien zu isolieren und zu entschlüsseln, das solche Styrolbausteine angreift. Das internationale Team unter Leitung von Xiaodan Li vom Paul Scherrer Institut, Schweiz, an dem sich auch Biotechnologen um Dirk Tischler an der Ruhr-Universität Bochum beteiligen, macht damit den Weg frei zur biotechnologischen Anwendung. Ihre Studie erschien nun im Fachblatt Nature Chemistry.
„Jedes Jahr werden mehrere Millionen Tonnen Styrol produziert und transportiert“, erzählt Dirk Tischler. „Dabei kommt es auch zur unbeabsichtigten Freisetzung in die Natur.“ Aber es gibt auch natürliche Quellen für Styrol: So findet es sich in Stein- und Braunkohlenteer sowie – zumindest in Spuren – auch in bestimmten Pflanzen. Wenn diese sich zersetzen, gelangt es in den Boden. „Daher ist es gar nicht verwunderlich, dass Mikroorganismen gelernt haben, damit umzugehen oder es sogar zu verstoffwechseln“, sagt der Bochumer Forscher.
Der mikrobielle Styrolabbau ist schnell, aber auch sehr aufwendig
Erstaunlich ist, dass nicht nur Bakterien und Pilze, sondern auch Menschen Styrol zu Styroloxid umwandeln. Dabei ist Styrol selbst giftig, doch Styroloxid ist noch schädlicher. Wichtig ist deshalb, der der Abbau im Körper schnell geht, damit die Verbindungen ausgeschieden werden können. „In manchen Mikroorganismen und auch im menschlichen Körper wird das so gebildete Epoxid in der Regel mittels Glutathion konjugiert und damit wasserlöslicher gemacht, wodurch ein Abbau, aber auch die Ausscheidung vereinfacht werden“, erklärt Tischler. „Dieser Weg ist sehr schnell, aber für die Zellen auch sehr teuer. Es muss quasi für jedes Molekül Styroloxid ein Glutathion-Molekül geopfert werden.“ Es gibt deshalb Mikroorganismen, die ein spezielles Membranprotein dafür benutzen, das Enzym Styroloxid-Isomerase. Damit gelingt der Abbau wesentlich einfacher.
Styroloxid-Isomerasen sind effizienter
„Schon nach der ersten Anreicherung der Styroloxid-Isomerase aus dem Bodenbakterium Rhodococcus konnten wir dessen rötlich Farbe wahrnehmen und zeigen, dass dieses Enzym in der Membran gebunden ist“, erzählt Dirk Tischler. Mittlerweile hat das Bochumer Team verschiedenste Enzyme dieser Familie untersucht. Demnach sind alle diese Styroloxid-Isomerasen katalytisch hoch effizient, sehr schnell und verbrauchen zudem keine weiteren Stoffe, sogenannte Co-Substrate. Der Effekt: Damit gelingt die schnelle Entgiftung des toxischen Styroloxids.
Außerdem hoffen die Forschenden, das Enzym auch für biotechnologische Anwendungen im Bereich der Feinchemikalien-Synthese verwenden zu können. „Um letztere optimieren zu können, ist aber ein Verständnis der Funktion nötig“, sagt Tischler. „Das konnten wir in der internationalen Kooperation zwischen Forschenden aus der Schweiz, Singapur, den Niederlanden und Deutschland erheblich voranbringen.“
Ein Beitrag von: