Erdbebenserie auf Santorini: Was kann noch passieren?
Erdbebenserie auf Santorini: Droht ein Starkbeben oder ein Vulkanausbruch? Experten untersuchen die Ursachen – aktuelle Lage und mögliche Folgen.
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Santorini ist die Trauminsel zahlreicher Menschen auf der ganzen Welt. Derzeit ist sie jedoch wie ausgestorben. Wie stark können die Erdbeben noch werden und droht ein Vulkanausbruch?
Foto: PantherMedia / SvetlanaSF
Zu Tausenden fliehen Touristen und Einheimische von der Postkartenschönheit: Seit über zwei Wochen bebt die Erde rund um die griechische Insel Santorini. Mehr als 2300 Erdbeben wurden in kurzer Zeit registriert, viele davon mit einer Magnitude von über 4. Diese Häufung ist selbst in der seismisch aktiven Region der Ägäis ungewöhnlich. Behörden haben bereits Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergriffen, während Wissenschaftler versuchen, die Ursache der Erschütterungen zu ergründen.
Inhaltsverzeichnis
Erdbeben auf Santorini: Naturphänomen mit Geschichte
Die Insel Santorini ist eng mit vulkanischer Aktivität verbunden. Vor etwa 3600 Jahren ereignete sich hier eine der größten Eruptionen der Bronzezeit. Der Thera-Vulkan explodierte mit verheerenden Folgen, hinterließ eine Caldera und beeinflusste vermutlich sogar das Ende der minoischen Kultur.
Die Explosion setzte gigantische Mengen Asche und Gase frei, die das Klima veränderten und für Missernten im östlichen Mittelmeerraum sorgten. Seitdem ist die Region immer wieder von seismischen Aktivitäten betroffen, doch das aktuelle Bebenmuster gibt den Forschenden Rätsel auf.
Tektonische Prozesse und vulkanische Aktivität
Santorini liegt am Hellenischen Inselbogen, einer geologisch hochaktiven Zone. Hier schiebt sich die Afrikanische Platte unter die Ägäische Platte, was regelmäßig zu Spannungen und Erdbeben führt. Diese Subduktionszone sorgt nicht nur für seismische Aktivitäten, sondern auch für die Entstehung von Magmakammern in der Erdkruste. Besonders betroffen ist der Unterseevulkan Kolumbo, der sich etwa acht Kilometer nordöstlich von Santorini befindet.
Kolumbo ist einer der aktivsten Unterwasservulkane der Region. Die letzte große Eruption im Jahr 1650 führte zu einer massiven Freisetzung von Lava, Gasen und Asche. Zudem löste die Explosion eine Druckwelle aus, die einen Tsunami verursachte und 70 Menschen auf Santorini das Leben kostete. Seither wird die Aktivität des Vulkans genau beobachtet. Seismologen vermuten, dass die jüngsten Erdbeben mit einer möglichen Magmabewegung unter dem Vulkan zusammenhängen könnten.
Hinweise auf einen bevorstehenden Ausbruch?
Eine Studie von Geologen des Imperial College London ergab, dass sich eine Magmakammer unter dem Kolumbo mit alarmierender Geschwindigkeit füllt. Die Magmamenge wächst jährlich um 0,004 Kubikkilometer – ein Wert, der darauf hindeuten könnte, dass sich der Vulkan auf eine neue Eruption vorbereitet. Laut Geophysikern hat sich in den letzten Jahren ein erheblicher Druckaufbau in der Kammer gezeigt. Solche Druckverhältnisse können entweder durch einen Ausbruch entladen oder sich über längere Zeiträume stabilisieren.
Jens Karstens vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel erklärt: „Die gegenwärtigen Erdbeben sind sowohl auf vulkanische als auch auf tektonische Aktivität zurückzuführen. Eine wahrscheinliche Magmabewegung im Vulkansystem von Santorini führt zu Spannungen in der Erdkruste, die wiederum Erdbeben auslösen.“
Risiko eines Starkbebens oder eines Vulkanausbruchs?
Bislang sind sich die Forschenden nicht einig, ob die Erdbebenserie ein Vorbote eines stärkeren Erdbebens oder einer bevorstehenden Eruption ist. „Der Anstieg der Magnitude könnte mit einem zunehmenden Volumen an Magma zusammenhängen, das sich durch die Erdkruste bewegt“, erläutert Eleonora Rivalta vom Helmholtz-Zentrum für Geoforschung in Potsdam. Seismische Messungen zeigen zudem steigende Spannungen entlang der Plattengrenze. Möglich ist auch ein Zusammenspiel beider Faktoren: Tektonische Verschiebungen könnten die Magmabewegungen verstärken oder umgekehrt.
Ein weiteres Indiz für vulkanische Aktivität sind sich verändernde Gasmessungen. Vulkanische Gase wie Schwefeldioxid treten in größerer Menge aus, wenn sich Magma in Richtung Oberfläche bewegt. Zudem zeigen Messungen der Meeresbodentemperatur Anomalien, die darauf hindeuten, dass heiße Fluide aus dem Untergrund aufsteigen. Auch Verformungen der Erdoberfläche, sogenannte Bodenhebungen, sind messbar und deuten auf aufsteigendes Magma hin.
Kann ein Tsunami entstehen?
Angesichts der Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung haben die Behörden Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Schulen wurden geschlossen, Menschen sollen sich nicht in Küstennähe aufhalten, und tausende Bewohner haben die Insel bereits verlassen. Auch das deutsche Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für Santorini ausgesprochen.
Falls es zu einem stärkeren Erdbeben oder gar einer Eruption kommt, könnten neben direkten Schäden auch Tsunamis oder Erdrutsche drohen. „Besonders die Warnung vor möglichen Sekundärgefahren ist wichtig“, betont Rivalta. „Erdbeben können Tsunamis auslösen oder steile Hänge destabilisieren.“ Tsunamis entstehen besonders dann, wenn eine große Menge Gestein ins Wasser rutscht oder eine Explosion die Meeresoberfläche verdrängt. Die Hanglagen Santorinis mit ihrer zerklüfteten Steilküste sind daher besonders gefährdet.
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