ETH Zürich filtert radioaktive Elemente aus dem Wasser
Schweizer Forscher haben eine Membran aus einfachen Bestandteilen entwickelt, die erstaunliche Eigenschaften hat. Den Wissenschaftlern ist es jetzt sogar gelungen, einen besonderen Nachweis zu führen: Ihre Erfindung kann verseuchtes Wasser reinigen – und beispielsweise das Abwasserproblem im japanischen Fukushima lösen.
Die Filtermembran selbst ist gar nicht neu. Die Forscher stellten sie bereits im Jahr 2017 vor und zeigten in einer Publikation, dass sie mit dieser Entwicklung Wasser von Schwermetallen befreien konnten – und auch von Edelmetallen wie Gold oder Platin. Diese Ergebnisse waren wegen der gewählten einfachen Materialien erstaunlich. Denn die Membran besteht im Wesentlichen aus Aktivkohle und denaturierten Molkeproteinen. Umso überraschender sind die Ergebnisse einer neuen Studie: Den Wissenschaftlern ist es gelungen, mit ihrem Filter radioaktiv verseuchtes Wasser zu reinigen.
Verseuchtes Wasser soll im Meer entsorgt werden
Anlass für die weitergehenden Forschungen war der GAU von Fukushima im Jahr 2011. Damals hatte ein Tsunami unter anderem zu einer Nuklearkatastrophe geführt. Die AKW-Betreiber hat das vor zahlreiche Probleme gestellt. Unter anderem wurden sie mit großen Mengen radioaktiv verseuchtem Wasser konfrontiert.
Fukushima soll Zentrum für grünen Strom werden
Den Reinigungsprozess haben sie mit der sogenannten Umkehrosmose durchgeführt. Laut der ETH-Forscher ließen sich damit aber nur maximal 70% des verseuchten Wassers reinigen, in den übrigen 30% reicherten sich jedoch radioaktive Elemente an – die japanische Regierung möchte sie in zwei Jahren in den Pazifik kippen. Es dürfte sich um etwa eine Million Liter handeln. „Das müsste nicht sein, wenn sie unseren Filter verwenden würden“, sagt Raffaele Mezzenga, Professor für Lebensmittel und weiche Materialien an der ETH Zürich.
Filtermembran befreit Klinikwasser von radioaktiven Elementen
Die Schweizer Forscher haben ihre Filtermembran nämlich erfolgreich eingesetzt, um Abwasser aus Kliniken zu reinigen. Dort verwenden Ärzte sogenannte Radionukleide für Krebstherapien oder als Kontrastmittel bei einigen bildgebenden Verfahren. Diese Stoffe haben zwar eine kurze Halbwertszeit von wenigen Stunden oder Tagen, dürfen aber trotzdem nicht in die Kanalisation entsorgt werden. Daher müssen die Krankenhäuser sich in speziellen Behältern sicher zwischenlagern. Das führt einerseits zu Platzproblemen, andererseits gilt es, Personal und Umwelt vor eventuellen Strahlungen zu schützen.
Eine Probe dieses Wassers enthielt radioaktives Iod-131 und Lutetium-177. Für die Reinigung der Probe setzen die Forscher ihre Filtermembran ein – tatsächlich entfernte sie beide Stoffe fast vollständig. Die Ergebnisse der Laborversuche sahen noch besser aus. Dort testen die Wissenschaftler ihren Filter bei weiteren Radionukliden, die in der Medizin verwendet werden: bei Technetium-99m, Iod-123 und Gallium-68. Nach nur einem Filtrationsschritt war 99,8% der Stoffe aus dem Wasser entfernt.
Benutzte Filtermembran müsste eingelagert werden
Damit sind die radioaktiven Elemente natürlich nicht aus der Welt. Aber: „Unsere Membran erlaubt es, das Abfallvolumen massiv zu verkleinern und die strahlenden Elemente als Feststoffe kompakt und trocken zu lagern“, sagt Mezzenga. Statt Wasser mit großen Volumina müsse nur ein sicherer Aufbewahrungsort für die Membran bereitgestellt werden, sobald ihre Aufnahmekapazität erschöpft sei. Gemeinsam mit einem Krankenhaus in der Schweiz soll nun ein größeres Pilotprojekt anlaufen, in dessen Rahmen eine Filteranlage fest installiert wird.
Außerdem laufen bereits Verhandlungen mit einer japanischen Firma, die an der Sanierung in Fukushima beteiligt ist. Denn die bisherigen Untersuchungen hätten ergeben, dass sich alle radioaktiven Isotope, die im Periodensystem zwischen den getesteten Extremen Technetium und Uran liegen, an die Membran binden. Unter anderem wären das radioaktives Cäsium, Iod, Silber und Kobalt – diese Stoffe sind im Abwasser von Fukushima nachgewiesen worden. Nur Tritium, das sich ebenfalls im Fukushima-Wasser befindet, kann von der Membran nicht herausgefiltert werden, weil es dafür zu klein ist. Unterm Strich würde die Wasserbelastung aber erheblich sinken, und die benutzten Membranen könnten gemeinsam mit den alten Brennstäben eingelagert werden.
Material für die Membran ist leicht verfügbar
Die Filtermembran hat noch einen weiteren großen Vorteil: ihre Herstellung. Diese sei nach Aussage der Forscher nicht besonders schwer. Außerdem handle es sich bei dem Molkeprotein um ein Abfallprodukt der Milchwirtschaft, das günstig und wie die Aktivkohlefilter problemlos verfügbar sei.
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