Fahrzeugantriebe: Welche Autos können das Klima retten?
Sind E-Autos wirklich so klimafreundlich, wie sie häufig beschrieben werden? Haben Verbrenner keine Daseinsberechtigung mehr, wenn es um unser Klima geht? Eine Studie bringt überraschende Ergebnisse.
Wollen wir die vereinbarten Klimaziele erreichen, müssen wir den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren. Diesem Thema muss sich auch der Straßenverkehr stellen. Doch welcher Kraftstoff und welche Antriebsart eignen sich dafür am besten? Der internationale Automobilverband FIA und der Österreichische Automobilclub ÖAMTC haben bereits 2018 eine Lebenszyklusanalyse bei der Johanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz in Auftrag gegeben, die nun aktualisiert wurde. Hintergrund: In den vergangenen vier Jahren ergaben sich wesentliche Änderungen bei den aktuellen Hintergrunddaten (Strommix, Orte der Batterieproduktion, Batterielebensdauer etc.). Wichtigste Erkenntnis: Elektroautos werden immer besser, die Treibhausgas-Bilanz zeigt, dass alternative Antriebstechnologien in den Gesamtbetrachtung oft klimafreundlicher als Verbrenner sind.
Ganzheitliche Lebenszyklusanalyse ist die Grundlage für zukunftsfähige Konzepte
Betrachtet man rein den Betrieb von Autos mit unterschiedlichen Antrieben, so arbeiten lediglich E-Autos bzw. Autos mit Brennstoffzellenantrieb völlig emissionsfrei. Allerdings ist das nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite steht die Herstellung der Fahrzeuge (insbesondere auch der Batterien) und deren Beseitigung am Ende ihres Lebens. Hier fallen ebenfalls Treibhausgase an, die in die Betrachtung einfließen müssen.
Es lohnt sich daher der ein Blick auf den gesamten Lebenszyklus von Autos. Nur so lässt sich ermitteln, welche Fahrzeugantriebe das Zeug für eine nachhaltige Klimapolitik haben. Sind es Autos mit Stromantrieb oder Plug-in-Hybride, die Elektro und Verbrenner im Wechsel nutzen? Oder hat der Verbrennungsmotor noch gar nicht ausgedient, wenn er zum Beispiel mit Bio-Methan oder eFuels aus Wasserstoff betrieben wird?
Generell entscheidet demnach der gesamte Lebenszyklus – von der Fahrzeugherstellung bis zum -recycling über die Treibhausgas-Bilanz. Hinzu kommen die Emissionen, die bei der Bereitstellung und Herstellung des Kraftstoffs freiwerden. Die Fahrzeugnutzung selbst darf ebenfalls nicht fehlen. An Treibhausgasen fallen neben Kohlendioxid (bei der Verbrennung fossiler Energieträger) noch Methan-Emissionen (zum Beispiel bei der Förderung von Erdgas) oder Lachgas (zum Beispiel durch den Anbau von Biomasse) an.
Die Hintergrunddaten der LCA-Studie
Für die Studie der Johanneum Research Forschungsgesellschaft wurden Fahrzeuge der sogenannten Golfklasse untersucht. Es wurde eine Lebensdauer von 16 Jahren und eine Gesamtfahrleistung von 240.000 Kilometern angenommen, was jährlich 15.000 Kilometern entspricht. Die Motorleistung wurde mit 90 kW, die Batterie-Kapazität des E-Autos mit 55 kWh angenommen. Dazu passend wurden Verbräuche für Benzin, Diesel, Erdgas oder Strom genommen, die bei dieser Motorisierung üblich sind.
Bei den elektrischen Antrieben übernimmt die Studie die Daten des Umweltbundesamtes hinsichtlich des 2022 verwendeten Strommixes. Weil sich der Strommix durch den Ausbau regenerativer Stromquellen über das Fahrzeugleben verbessern wird, wurde dies in den Berechnungen linear berücksichtigt. Für das Jahr 2022 gibt das Umweltbundesamt eine Treibhausgasemission für die Stromherstellung von 428 g/kWh an. Bei synthetischen und biogenen Kraftstoffen gilt der CO2-Kreislauf als geschlossen, da das im Fahrbetrieb emittierte CO2 bei der Kraftstoffherstellung der Atmosphäre direkt entzogen wurde (zum Beispiel bei eFuels) oder über das Wachstum der Pflanzen (zum Beispiel bei Bio-Metan) der Luft entnommen wurde.
Was die Entsorgung angeht, wurde in der Studie angenommen, dass gewisse Materialien mit einer Recycling-Rate von 60 Prozent wiederverwendet werden. Das betrifft zum Beispiel Stahl, Aluminium oder Kupfer. Für die Batterie von Elektroautos nimmt die Studie an, dass einige der Batterien ein zweites Leben in der stationären Nutzung erhalten. Die Treibhausgas-Emissionen teilen sich dann auf die automative und stationäre Nutzung auf.
Elektroautos auf lange Sicht die bessere Alternative?
Mit den oben aufgeführten Annahmen kommt die Studie der der Johanneum Research Forschungsgesellschaft zum Ergebnis, dass E-Fahrzeuge auf lange Sicht betrachtet am wenigsten Treibhausgase emittieren. Zumindest wenn es um Kompaktwagen der Golfklasse geht. Bei SUVs sieht es da schon ganz anders aus, sagt zumindest eine Studie von frontier economics aus 2019, die vom Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen in Auftrag gegeben wurde. Demnach ist der herstellungsbedingte Rucksack bei strombetriebenen SUVs bereits so groß, dass er im Laufe der Nutzungsphase nicht mehr durch geringere CO2-Emissionen ausgeglichen werden kann.
Zurück zur Golfklasse: Besonders wenig Treibhausgase werden emittiert, wenn der Strom für die E-Autos komplett aus regenerativen Energien gewonnen wird. Das gilt auch für Brennstoffzellen-Autos, wenn der dafür benötigte Wasserstoff zum Beispiel komplett aus Windkraft erzeugt ist. Dass die Werte dennoch schlechter als bei einem batteriebetriebenen E-Auto sind, liegt am geringeren Wirkungsgrad durch Verluste bei Umwandlungsprozessen. Generell lässt sich sagen – je mehr regenerativen Strom wir erzeugen, desto mehr Klima retten E-Autos.
Verbrenner brauchen jedoch nicht komplett eingemottet werden, auch konventionelle Antriebe können in der Treibhausgas-Bilanz gute Ergebnisse erzielen. Gut schneiden zum Beispiel Erdgasfahrzeuge ab, die mit Bio-Methan betrieben werden. Auch regenerativ hergestellte eFuels können einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und zudem in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. Bei den eFuels kommen aber wieder Umwandlungsverluste zum Tragen. Diese lassen sich jedoch verschmerzen, wenn wir die synthetischen Kraftstoffe in Regionen auf der Welt herstellen, in denen Sonne und Wind in größerer Menge als hierzulande zur Verfügung stehen.
Wann fahren E-Autos klimafreundlicher?
Frisch aus der Fabrik haben Verbrenner noch die Nase vorn, was den Ausstoß an Treibhausgasen angeht. Doch spätestens nach 45.000 bis 60.000 Kilometern kann das mit Strommix betriebene Elektroautos seine Vorteile ausspielen – das ist das Ergebnis der Studie der Johanneum Research Forschungsgesellschaft. Der größere Treibhausgas-Rucksack, der bei der aufwendigen Produktion der Batterien für E-Autos entsteht, amortisiert sich somit auf jeden Fall in Laufe eines Autolebens.
Noch schneller geht es, wenn der Strom für den Antrieb der E-Autos komplett aus Windkraft oder Photovoltaik erzeugt wird. In diesem Fall amortisieren sich die Treibhausgas-Emissionen gegenüber einem Benziner oder Diesel bereits nach etwa 25.000 bis 30.000 Kilometern. Geht der Ausbau regenerativer Energien wie geplant weiter wie geplant, soll spätestens 2050 der gesamte Strom klimaneutral sein. Heute liegen wir noch bei knapp unter der Hälfte. Der meiste Strom wird hierzulande nach wie vor aus Kohle hergestellt, auch Erdgas nimmt einen großen Anteil an.
Sie wollen wissen, welchen CO2-Fußabdruck Ihr Auto hinterlässt? Auf Basis der LCA-Studie wurde in Kooperation der Joanneum Research Forschungsgesellschaft mit Green NCAP eine interaktive LCA-Plattform entwickelt, wo Sie genau dies nachprüfen können. Hier geht es zur deutschen Version der Lebenszyklusanalyse.
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