Forstwissenschaft 06.02.2025, 17:00 Uhr

Feuerökologe: Flächenbrand in Deutschland unwahrscheinlich

Ein Flächenbrand in einer Größenordnung wie in Kalifornien wäre in Deutschland unwahrscheinlich. Das sagt Feuerökologe Johann Georg Goldammer.

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Ein Brand in dieser Größenordnung, wie wir ihn in Kalifornien sehen, ist in Deutschland vor allem wegen der unterschiedlichen urbanen Planung und Bauweise eher unwahrscheinlich. Das sagt Feuerökologe Johann Georg Goldammer im Interview.

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Eric Thayer

VDI nachrichten: Herr Goldammer, wie kamen Sie dazu, sich wissenschaftlich mit dem Feuer zu beschäftigen?

Goldammer: Im Studium alter Literatur habe ich Anfang der 1970er-Jahre die ersten Einblicke in die historische Rolle von Feuer in alten Kulturen und in die Rolle von Feuer in den Naturlandschaften bekommen. Verfestigt haben sich meine Eindrücke bei meinen ersten Forschungsarbeiten in Nord-, Mittel- und Südamerika zwischen 1973 und 1975.

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Ja, deshalb habe ich an der Universität Freiburg die Arbeitsgruppe Feuerökologie aufgebaut und in den Folgejahren vor allem in Südamerika und Asien grundlegende Feldforschung betrieben. Diese beschäftigt sich nicht nur mit dem Feuer selbst, sondern vor allem wie der Mensch diese Entwicklung zunehmend beeinflusst und selbst davon beeinflusst wird. Dabei wurde im Laufe der 1980er-Jahre der Trend sichtbar, dass die zunehmenden Eingriffe des Menschen in die Tropenwälder und vor allem deren Umwandlung in agroindustrielle Plantagen mithilfe des Feuers große Veränderungen auslösen. Und dass die Politik nicht reagierte. Anfang der 1990er-Jahre, als ich den regionalen Schwerpunkt meiner Arbeit in die Sowjetunion und nachfolgend nach Russland verlegte, wurde klar, dass auf der Nordhemisphäre ebenfalls eine besorgniserregende Entwicklung stattfand. Allerdings war die Zunahme der Brände dort bereits dem ansetzenden Klimawandel zuzuschreiben.

Welche Schlussfolgerung bedeutete das für Sie und Ihre Arbeit?

Weil die nationale wie internationale Politik das Problem nicht gesehen hatte, es nicht sehen wollte oder einfach nicht informiert war, wurde mir zunehmend klar, dass die Forschung ihr Augenmerk auch auf die Schnittstelle zur Politik richten muss. Diesen dringend notwendigen Dialog habe ich auf den Weg gebracht.

„Der Mensch hat den Planeten verändert und muss nun mithilfe von Geoengineering Reparaturen ausführen. Darunter verstehe ich den Aufbau von feuerresilienten Strukturen“, sagt Johann Goldammer, Leiter der Abteilung Feuerökologie des Max-Planck-Institutes für Chemie an der Universität Freiburg und des Global Fire Monitoring Center (GFMC).

Foto: picture alliance / dpa/Klaus Sander

Sie sind ein vielfach gefragter Experte. Haben sich Anfragen im Hinblick auf Ihre Expertise und Handlungsempfehlungen in den vergangenen Jahren vermehrt?

Aufgrund der Tatsache, dass nationale Entscheidungsträger und internationale Organisationen nicht in der Lage waren, den Unterschied zwischen Waldverbrennung und Waldbränden zu erkennen, haben wir das Global Fire Monitoring Center (GFMC) am Max-Planck-Institut für Chemie und der Universität Freiburg aufgebaut. Das war 1998. Seitdem haben Anfragen von Entscheidungsträgern in staatlichen Verwaltungen, von Politikern und vor allem auch von Vertretern der Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen zugenommen. Seitdem arbeiten wir im Auftrag der Vereinten Nationen.

Sie sind deutschlandweit der einzige Inhaber einer Professur für Feuerökologie. Wie sieht derzeit die einschlägige Forschungslandschaft in Deutschland und in Europa aus?

Im Oktober 2024 wurde an der Universität Freiburg eine neue Stiftungsprofessur für Feuerökologie auf den Weg gebracht, die in diesem Jahr besetzt wird. Diese Professur wird den Forschungsschwerpunkt auf Mitteleuropa legen. Eine große Zahl von unterschiedlichen Forschungsinstituten untersucht die Auswirkungen von Feuer auf die Vegetation, die feuerökologische Forschung hingegen ist breiter angelegt. Sie führt die Beiträge zahlreicher wissenschaftlicher Disziplinen in einer ganzheitlichen Betrachtung des Feuers in verschiedenen Ökosystemen zusammen.

Flächenbrand durch Blitzschlagfeuer gibt es in Deutschland praktisch nicht

Was ist der Unterschied von Feuern in Europa und Feuern in anderen Teilen der Welt?

Wir dürfen nicht vergessen, dass Feuer in Europa in alten Kulturlandschaften brennen und vorwiegend durch den Menschen ausgelöst werden. Vom Menschen unberührte Naturlandschaften, die durch natürliche Ursachen, etwa Blitzschlagfeuer, in Brand gesetzt werden, gibt es hier praktisch nicht. Selbst neuerlich eingerichtete Wildnisflächen bauen auf Jahrhunderte alte, durch Menschen genutzte Standorte auf. Die Feuer, die wir dort heute sehen, sind alle Ausdruck einer neuen, vom Menschen verursachten Entwicklung. Der muss sich die feuerökologische Forschung des 21. Jahrhunderts stellen.

Sind Technikkenntnisse nützlich, wenn man sich für eine berufliche Tätigkeit im Bereich Feuerökologie bzw. des Feuermanagements interessiert?

Im großen Freilandlabor der Wälder und Offenlandschaften sind neben Ökologen Ingenieure dann gefragt, wenn neue Technologien sowohl die Forschung als auch das Management von Bränden weiterbringen können. Hier ist Tuchfühlung mit der Forschung gefragt, damit sich Technologieentwicklung nicht verselbstständigt.

Wie meinen Sie das?

Der Ruf nach technologischen Innovationen wird dann besonders laut, wenn es zu großen Brandkatastrophen kommt, nicht nur dieser Tage in Los Angeles, sondern auch wenn es in Griechenland, der Sächsischen Schweiz oder in Amazonien brennt. Das Interesse von Politik und Fördermittelgebern ist schnell geweckt, wenn Start-ups oder auch die etablierte Industrie mit Technologien werben, vom Feuerlöschflugzeug bis hin zum Einsatz von Drohnen. Oder wenn Systeme der Detektion von Feuer oder Rauch vor allem dann als innovativ vermarktet werden, wenn künstliche Intelligenz als Fortschrittsmotor ins Spiel gebracht wird.

Flächenbrand: Sensoren zur Branderkennung sind wegen Untauglichkeit verworfen worden

Für welche Regionen in der Welt gilt das?

Das ist besonders in Ländern der Fall, in denen das zunehmende Problem von Bränden mit der Natur-, Kultur- und Industrielandschaft verzahnt und ein neues Phänomen ist – so wie hier in Deutschland. Und wo sich die fachliche Expertise in Forschung und Anwendung erst zu entwickeln beginnt. Hier beobachten wir Akteure, die Sensoren und Entscheidungsunterstützungssysteme als innovativ vermarkten. Diese Systeme aber sind in anderen Ländern bereits getestet und wegen Untauglichkeit verworfen worden, seien es von Flugzeugen abgeworfene Löschbomben, Drohnenschwärme oder Rauch- und Temperatursensoren, die über die Landschaft bzw. im Wald verteilt Feuer melden sollen.

Welche Folgen haben diese vermeintlichen Hilfsmittel?

Sie lenken von den Ursachen der Katastrophenanfälligkeit in Stadt, Wald und Land ab und packen das Problem nicht an der Wurzel an. Sie ignorieren den Aufbau feuerresilienter Strukturen in Siedlungen und Städten und die intensive Bewirtschaftung unserer Natur- und Kulturlandschaften, um Risiken vermindern zu können.

Ist eine Großbrandlage wie in Los Angeles auch in Deutschland denkbar? Sind derartige Großbrände auf globale Veränderungen von Klima und Gesellschaft zurückzuführen?

In Deutschland ist ein Brand in dieser Größenordnung, wie wir ihn in Kalifornien sehen, vor allem wegen der unterschiedlichen urbanen Planung und Bauweise eher unwahrscheinlich. Hier ist der Übergang vom Wald zu Siedlungsgebieten nicht so unmittelbar, obwohl es etwa in Brandenburg schon Evakuierungen gab. Noch sind die Risiken überschaubar, aber es gibt auch in Deutschland immer häufiger Brände, besonders infolge längerer Trockenperioden. Aber im Vergleich zu Kalifornien ist die Situation hier beherrschbar.

Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Was für L.A. gilt, gilt auch für Deutschland: Der Klimawandel trägt maßgeblich dazu bei, dass Trockenperioden zunehmen. Die lang anhaltenden Trockenzeiten lassen den Feuchtigkeitsgehalt der Vegetation, besonders des Totholzes, sinken. Auch die Trockenheit in den Waldböden führt dazu, dass das Brandrisiko steigt. In Deutschland haben sich in den letzten Jahren die Niederschläge verringert und die Grundwasserspiegel gesenkt, was auch die Brandgefahr in deutschen Wäldern erhöht.

Der Klimawandel droht die Erde zu einer Brennkammer werden zu lassen

Laufen wir aus Ihrer Sicht dem Klimawandel stetig hinterher, um ihn letztlich nie in den Griff zu bekommen?

Klar ist, dass wir am Beginn der Klimakrise stehen, die für die 8-Mrd.-Menschheit nicht so einfach zu verkraften ist wie Klimaschwankungen in historischer und prähistorischer Vorzeit. Durch die Ablagerung der Verbrennungsprodukte in der Atmosphäre schlägt das Klima zurück und heizt die Erde auf, die zu einer globalen Brennkammer zu werden droht. Die wachsenden Herausforderungen bei der Brandbekämpfung verdeutlichen uns, dass wir dem Problem hinterherlaufen.

Was heißt das für die Praxis?

Der Mensch hat den Planeten verändert und muss nun mithilfe von Geoengineering Reparaturen ausführen. Darunter verstehe ich den Aufbau von feuerresilienten Strukturen. Die Vegetation sollte dem Feuer entzogen werden und zur Produktion von Nahrungsmitteln oder als Quelle erneuerbarer Energie genutzt werden. Hier kommen die Feuerökologie und die daraus abzuleitenden Maßnahmen des Feuermanagements ins Spiel. Das kontrollierte Brennen, also das Maß und der Umfang, in dem wir Feuer zulassen, sollte wie ein ärztliches Rezept verschrieben werden, um Schlimmeres zu verhindern. Letztlich folgen wir damit dem Prinzip des mittelalterlichen Arztes und Naturphilosophen Theophrast von Hohenheim, genannt Paracelsus: Sola dosis facit venenum – nur die Dosis macht das Gift.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Schmitz

    Wolfgang Schmitz

    Redakteur VDI nachrichten
    Fachthemen: Bildung, Karriere, Management, Gesellschaft

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