Forscher überwachen intensiv die Region um Neapel
Seit Monaten steigt der Druck unter der Erdoberfläche in Süditalien. Dort liegt, nahe bei Neapel, das 150 Quadratkilometer große Gebiet der Phlegräischen Felder, unter dem ein gewaltiger Vulkan schlummert. Einen baldigen Ausbruch – der wahrscheinlich verheerende Folgen hätte – befürchten Forscher zwar nicht, aber die Überwachung des Gebietes wird verstärkt.
„Ich kenne keine Vulkanregion, die so gut überwacht wird“, sagt Thomas Walter vom Deutschen Geoforschungszentrum GFZ in Potsdam. Er und sein Kollege Thomas Wiersberg analysieren die ausströmenden Gase im Vulkangebiet und verfolgen die Hebung und Senkung des Bodens. Das „Atmen des Bodens“ im Gebiet der Phlegräischen Felder, die ihren Namen „brennend“ einst von griechischen Einwanderern erhielten, ist an sich nichts Neues. Vor etwa 40 Jahren stieg der Boden innerhalb von drei Jahren um 1,5 Meter an und Anfang der 80er Jahre noch einmal ähnlich stark. Nun wölbt sich der Boden erneut stärker auf, was auf wachsenden Druck im Erdinnern schließen lässt.
Supervulkane spucken über 1.000 Kubikkilometer Material aus
Bei seinem letzten Ausbruch, der etwa 37.000 Jahre zurückliegt, spuckte der Supervulkan bis zu 350 Kubikkilometer an Material aus. Das reicht zwar streng genommen „nur“ für die Explosivitätsstufe sieben, während Supervulkane unter die Kategorie acht fallen und über 1.000 Kubikkilometer Material ausstoßen. Aber auch die Explosion der Kategorie sieben damals muss gewaltig gewesen sein. Schlagartig entleerte sich die unterirdische Magmakammer, weite Teile Europas wurden verwüstet und die Temperatur sank über Jahre hinweg um ein bis zwei Grad Celsius. Über der Magmakammer brach das Gestein ein und es entstand eine riesige Caldera von etwa 15 Kilometern Durchmesser. Seit November 2012 beobachten die Forscher eine Anhebung des Bodenniveaus auf etwa drei Zentimeter pro Monat. Auch wenn ein erneuter Ausbruch laut Einschätzung der Experten nicht unmittelbar bevorsteht, erhöhte die italienische Zivilschutzbehörde vorsichtshalber die Alarmstufe und weitete die Evakuierungspläne bis nach Neapel aus.
Bohrungen in zwei bis drei Kilometern Tiefe geplant
Jetzt versuchen die Forscher, ein detailliertes Bild von den unterirdischen Prozessen zu gewinnen. So wird die Deformation des Bodens millimetergenau per Satellitenradar überwacht und am Computer nachgestellt. Hieraus ergibt sich ein genaues Abbild der Wölbungen, Dellen und aktuellen Verformungen. Die Experten schließen daraus, dass der Ausgangspunkt der Prozesse in einer Kammer etwa 3.000 Meter unter der Oberfläche zu suchen ist. Gestützt wird dieser Verdacht von seismischen Messungen. Unter den Phlegräischen Feldern werden die Druckwellen, die sich von weit entfernt liegenden Erdbeben bis dorthin ausbreiten, deutlich langsamer. Diese Verlangsamung könnte etwa durch eine mit Magma gefüllte Kammer ausgelöst werden. Thomas Walter hält jedoch eine Kammer, die mit heißem Wasser und anderen Flüssigkeiten gefüllt ist, für wahrscheinlicher. Seine Schwerefeldmessung, mit der die lokale Gravitation erfasst wird, ergab, dass die Änderung eher gering war. Wäre die unterirdische Kammer mit Magma gefüllt, das die dreifache Masse von Wasser hat, müssten die Veränderungen größer sein. Die eigentliche Magmakammer liegt seiner Vermutung nach fünf bis zehn Kilometer tiefer. Allerdings, so der Experte, sei für eine Explosion nicht unbedingt Magma erforderlich. „Auch der Ausbruch einer hydrothermalen Kammer könnte die gesamte Region verwüsten.“
Weitere Anhaltspunkte für verstärkte Aktivitäten tief in der Erde liefern die aus den sogenannten Fumarolen austretenden Dämpfe. Hier entdeckten die Forscher einen erhöhten Anteil an Kohlendioxid und Schwefel, was auf einen magmatischen Ursprung in großer Tiefe schließen lässt.
Nun gibt es Pläne für eine Bohrung, die zwei bis drei Kilometer tief reichen soll. In dieser Tiefe wollen die Forscher zusätzliche Messgeräte wie Seismometer installieren, um ein noch genaueres Bild der Prozesse zu bekommen. Vorhersagen über einen möglichen Ausbruch könne man nur aus der Kombination aller Parameter treffen, sagt Thomas Walter. Alarmsignale seien plötzliche Hebungen, verbunden mit Gasen, Erdstößen und Veränderungen des Schwerefelds. „Im Idealfall kann man den Zeitpunkt eines Ausbruchs präzise vorhersagen. Meist aber nicht die Stärke.“
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