Gletscherschmelze in der Antarktis durch wärmeres Wasser aus der Tiefe
Die Eisschmelze im westantarktischen Schelfmeer schreitet immer schneller voran. Das hat ein internationales Forscherteam anhand von Langzeitdaten ermittelt. Eine der Hauptursachen für den Schwund kommt offenbar aus der Tiefsee – wärmeres Wasser.
Als sogenannte Schelfmeere werden jene Ozean-Abschnitte bezeichnet, die direkt an die Kontinentalplatten angrenzen. Der Boden dieser Gewässer ist die nur leicht abgeflachte Landmasse, die den Kontinent unter Wasser erweitert. Schelfmeere erstrecken sich in der Regel über viele Kilometer hinter das sichtbare Ende der nicht mit Wasser bedeckten Landmasse. Hier fällt der Kontinent steil in die Tiefe.
Dass die eigentlich voneinander abgetrennten Wasserschichten der Tiefsee und der Schelfmeere vor allem in der Antarktis stärker miteinander interagieren als bislang angenommen, hat nun ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift Science gezeigt.
Wassertemperatur der Schelfmeere ist gestiegen
Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben zusammen mit Kollegen aus Großbritannien, Japan und den USA nachgewiesen, dass die Wassertemperatur der flachen Schelfmeere in der westlichen Antarktis in der Vergangenheit stets gestiegen ist.
„Dort liegen viele große Gletscher. Die erhöhten Temperaturen haben das Abtauen und Abrutschen dieser Gletscher in den letzten Jahrzehnten beschleunigt und es ist nicht abzusehen, dass dieser Trend nachlässt“, schildert Dr. Sunke Schmidtko vom GEOMAR.
Und das ist gerade für das Ansteigen des Meeresspiegels eine beunruhigende Entwicklung. Denn die bis zu 2100 Meter dicken Gletscher der Antarktis speichern 70 Prozent des weltweiten Süßwasservorkommens. Würden diese Eismassen abtauen, würde der Meeresspiegel um 60 Meter steigen. Schon seit Jahren beobachten die Wissenschaftler, dass in Teilen der Antarktis die Eismassen immer schneller abtauen.
Eisberge tauen von unten
Wie die Forscher beobachteten, werden die auf dem Schelfmeer aufliegenden Gletscher also von unten abgeschmolzen. Das flache Oberflächenwasser kann dafür allerdings nicht verantwortlich sein. Es ist zu kalt. Die Ursache des Problems musste also tiefer liegen: Nach dem steilen Abfallen des Kontinentalhangs befinden sich rund um die Antarktis in größeren Tiefen Wassermassen, die mit einer Temperatur zwischen 0,5 bis 1,5 Grad Celsius relativ warm sind.
Für ihre Studie werteten die Forscher alle ozeanografischen Daten zu diesen Gewässern aus, die sie für den Zeitraum von 1960 bis 2014 in öffentlichen Datenbanken finden konnten. „Diese Wassermassen haben sich in der Westantarktis im Laufe der vergangenen 50 Jahre erwärmt. Und sie liegen nicht mehr so tief wie damals“, erklärt GEOMAR-Forscher Schmidtko.
Warum genau sich die tieferen Wassermassen weiter aufheizen und zunehmend aufsteigen, konnten die Wissenschaftler noch nicht abschließend ausmachen. Sie vermuten, dass mitunter großräumige Veränderungen der Windsysteme über der Südhalbkugel die Entwicklungen beeinflussen.
Welche Folgen das heraufkletternde warme Tiefenwasser hat, ist vor allem in der Amundsensee und der Bellinghausensee zu beobachten. Dort schwappen die Wassermassen aus der Tiefe über die Kante des flachen Schelfmeeres. Die Erwärmung von unten nagt derart stark am Fundament der Gletscher, dass diese irgendwann eine T-Form annehmen und schließlich abbrechen.
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