Heiß begehrt, aber bedroht: Kaffee in Zeiten des Klimawandels
„Erstmal Kaffee“? Im sanften Morgenlicht sehnen sich viele nach ihrem ersten Schluck Kaffee, einer vertrauten Routine, die den Tag einleitet. Doch der Klimawandel könnte diesen morgendlichen Genuss gefährden.
Der globale Klimawandel stellt den Kaffeesektor vor erhebliche Herausforderungen und könnte dazu führen, dass eines der beliebtesten Getränke in Deutschland zu einem Luxusgut wird.
Sophie von Loeben, Forscherin am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), weist darauf hin: „Es gibt Studien, die vorhersagen, dass bis 2050 die momentan für den Kaffeeanbau geeignete Fläche um die Hälfte schrumpfen wird“. Besonders stark betroffen wären Länder wie Vietnam und Brasilien, die weltweit die größten Kaffeeproduzenten sind, berichtet die dpa in Bezug auf ihre Worte.
3,4 Tassen Kaffee pro Tag
Laut dem Kaffeereport 2023 des Kaffeehändlers Tchibo konsumieren erwachsene Kaffeetrinker in Deutschland durchschnittlich 3,4 Tassen Kaffee pro Tag. Diese Angabe basiert auf einer repräsentativen Umfrage, die Tchibo in Zusammenarbeit mit dem Statistikanbieter Statista und der Zeitschrift „Brand Eins“ im Januar dieses Jahres durchgeführt hat. Dafür wurden 1500 Kaffeetrinker zwischen 18 und 75 Jahren befragt.
Sophie von Loeben führt die Schwierigkeiten auf die Beschaffenheit der Kaffeepflanze zurück. „Die ist ein totales Sensibelchen, sie mag es einfach nicht zu heiß, nicht zu trocken und nicht zu nass. Sie braucht ganz bestimmte Schattenverhältnisse und einen nährstoffreichen Boden“. Selbst geringfügige Veränderungen können sich unmittelbar auf den Ertrag und die Qualität der Kaffeebohnen auswirken. Beispiel dafür wäre der Arabica-Kaffee, der etwa 60 Prozent des Weltmarktes ausmacht. Diese Sorte bevorzugt eine optimale Wachstumstemperatur im Bereich von 18 bis 22 Grad Celsius. „Höhere Temperaturen stressen die Pflanze extrem und können diese schädigen“, erklärt die Expertin. Dies könnte zur Folge haben, dass die Kaffeefrucht schneller reift, als sich die Bohne darin entwickeln kann.
Vor Wind und Sonne Kaffee schützen
„Kaffee ist ein sehr sensibles Produkt, Kaffee wächst nur in ganz bestimmten Regionen auf der Welt, dem sogenannten Kaffeegürtel rund um den Äquator“, sagte auch Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbands in Hamburg.
Um die Anbaugebiete zu stabilisieren, setzen Bauern auf Mischkulturen, bei denen Kaffeebäume gemeinsam mit anderen Pflanzen angebaut werden. Dies bietet verbesserten Schutz vor Wind und Sonne. Ein anderer Ansatz ist die Entwicklung widerstandsfähigerer Züchtungen.
Von Loeben konzentriert sich in ihrer Forschung auf Züchtungen und betont: „Obwohl Kaffee eine der wertvollsten Nutzpflanzen der Welt ist, ist sie auch eine der am wenigsten erforschten.“ Der Großteil des Kaffeekonsums basiert nur auf zwei Arten, Arabica und Robusta. Dabei gibt es nach Ansicht der Forscherin „rund 130 wilde Kaffeearten, die uns bekannt sind“. Einige davon sind beispielsweise resistenter gegen Hitze oder bestimmte Schädlinge und könnten entweder direkt angebaut oder zur Züchtung von Hybriden genutzt werden. Allerdings ist dies keine schnelle Lösung, da die Kaffeepflanze drei Jahre bis zur ersten Ernte benötigt und im Durchschnitt drei Jahrzehnte lang genutzt wird.
Nachhaltigkeitsproblem, das über die Kaffeebohne hinausgeht
Die Qualität des Angebots wird nach Angaben des Experten von der Nachfrage nach Kaffee gesteuert. Von Loeben und Preibisch zweifeln daran, dass Gütesiegel einen großen Einfluss auf die Branche haben. Dies liegt an der enormen Preissensibilität der Verbraucher hierzulande, erklärt der Vertreter des Verbands. Von Loeben weist zudem darauf hin, dass Kaffee vielerorts von Kleinbauern angebaut wird. Die Zertifizierung ist jedoch kostspielig und für viele Kooperativen oft nicht erschwinglich.
Dirk Lachenmeier, ein Lebensmittelchemiker und Toxikologe beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe weist auf ein bedeutendes Nachhaltigkeitsproblem hin, das über die Kaffeebohne hinausgeht: Um die Kaffeefrucht, die bisher oft als Abfall behandelt wird, zu nutzen, müssen Produkte, die aus ihr hergestellt werden, zunächst einen einjährigen Zertifizierungsprozess in der Europäischen Union durchlaufen. Dieser Umstand macht es besonders schwierig, Kleinbauern von einer nachhaltigeren Bewirtschaftungsweise zu überzeugen.
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