Hochwasserschutz: Kleiner Sensor mit weitreichender Wirkung
Heftige Regenfälle führen immer häufiger zu Hochwasser und Überschwemmungen. Zum Schutz braucht es zuverlässige Prognosen. Forschende der Universität Bonn haben jetzt eine kostengünstige Messmethode entwickelt, die Wasserstände präzise ermittelt und durchgehend überträgt.
Durch den Klimawandel häufen sich extreme Niederschlagsereignisse. Dazu führen die vom Menschen vorgenommenen Veränderungen der Landschaft zu einem Verlust an Speicherkapazitäten des Bodens. Weltweit sind mehr Menschen von Hochwasser bedroht als von anderen Naturgefahren. Um die Entwicklung von Hochwasser aber auch Niedrigwasser frühzeitig zu erkennen, ist eine funktionierende Messtechnik für die Bestimmung, Speicherung und Übertragung von Wasserständen essentiell. Forschende der Universität Bonn haben nun eine zuverlässige Methode zur Messung von Wasserständen entwickelt, die sich zur engmaschigen Warnung von Hochwasser- und Dürre-Ereignissen eignet. Im Gegensatz zu vielen anderen Messmethoden ist sie präzise, kann den Wasserpegel rund um die Uhr überwachen und ist obendrein kostengünstig.
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Was sind die Herausforderungen für zuverlässige Wasserstands-Messungen?
Hochwasser entstehen hierzulande in Folge von langanhaltenden Niederschlägen, lokal begrenztem Starkregnen oder durch das Abtauen großer Schneemassen. Es kommt zu erhöhten Abflüssen, die sich in Fließgewässern sammeln. Der Anstieg des Wasserpegels ist damit ein wichtiger Faktor zur frühzeitigen Erkennung von Hochwasser. Zuverlässige Aussagen über den Wasserpegel sind jedoch nicht nur für Einsatzstellen der Gefahrenabwehr von größter Bedeutung, sondern auch für die Schifffahrt oder Energiewirtschaft (Wasserkraftwerk) relevant.
Um den Stand des Wassers zu messen, gibt es viele Methoden. Sie reichen von der im Kanal angebrachten Messlatte bis hin zu Radar-Hightech-Lösung. Das Problem: Viele Messsysteme halten dem Starkregen nicht stand oder werden durch das Hochwasser beschädigt. Andere ermöglichen keine kontinuierliche Überwachung, die Auswertung der Daten gestaltet sich schwierig oder ihre Anschaffung ist mit hohen Kosten verbunden.
Das an der Universität Bonn entwickelte Messgerät zur Erfassung des Wasserpegels ist den anderen Messmethoden in diesen Punkten überlegen. „Kern unseres Geräts ist ein kostengünstiger GNSS-Empfänger“, erklärt Makan Karegar vom Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn. GNSS-Empfänger sind Sensoren, die mithilfe von GPS-Satelliten ihren Standort auf wenige Meter genau bestimmen können. Sie spielen zum Beispiel auch beim automatisierten Fahren eine wichtige Rolle, um potenzielle Störquellen aufzuspüren.
Wie wird mithilfe des Sensors der Wasserpegel berechnet?
Für die Ermittlung des Wasserstands nutzen die Sensoren satellitengestützte Navigationssysteme der USA (Global Positioning System, kurz GPS) und Russlands (Global Navigation Satellite System, kurz GLONASS). Die von den Satelliten ausgesandten Wellen werden dabei nur zum Teil von dem GNSS-Empfänger aufgefangen. Der andere Teil wird von der Wasseroberfläche reflektiert. Durch die Überlagerung der Wellen (Interferenzen) ergibt sich der Abstand zwischen dem Wasserspiegel und der Antenne des Sensors. Das in Wesel am Niederrhein angebrachte Messgerät übermittelt so schon seit zwei Jahren den Pegelstand per Mobilfunk an ein Auswertungs-Zentrum – und das erfolgreich.
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Vorteile und Nachteile des GNSS-Sensors
Der GNSS-Sensor ist mit einer Art Minicomputer – einem Rasperry Pi – verbunden. Dieser ist gerademal so groß wie ein Smartphone und punktet mit einem geringen Stromverbrauch. „Wir können das GNSS-Gerät an jeder Struktur anbringen, sei es an einer Brücke, einem Gebäude oder einem Baum oder Zaun neben dem Fluss“, sagt Karegar. Ist der Sensor einmal angebracht, liefert er berührungslos, durchgehend und bis auf 1,5 Zentimeter genau den Wasserstand des Flusses. Dazu kostets das Gerät nur 150 Euro und ist damit deutlich günstiger als viele High-Tech-Messgeräte zum Hochwasserschutz.
Damit möglichst viele Menschen von dem Messgerät zum Hochwasserschutz profitieren, stellen die Forschenden die dazugehörige Software online allen Interessierten kostenlos zur Verfügung. Mit den Informationen lässt sich das Messgerät ganz einfach nachbauen.
Ein Nachteil ist allerdings, dass der Sensor bisher nur für Flussläufe mit einer Breite von mindestens 40 Metern geeignet ist. Bei schmaleren Wasserläufen wird ein zu großer Teil der Signalwellen vom Uferbereich reflektiert und verfälscht damit die Berechnung. Ziel der Forschenden ist es, dass der Sensor in Zukunft auch bei schmaleren Flüssen eingesetzt werden kann. Hierfür müssen die Forschenden der Universität Bonn jedoch zunächst den Auswertungscode weiter optimieren.
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