Illegaler Goldabbau bedroht den Amazonas-Regenwald
Illegale Goldminen im Amazonas vernichten Regenwald und bedrohen indigene Gemeinschaften – trotz politischer Gegenmaßnahmen.

Scheinbar idyllisch fließt der Amazonas durch den brasilianischen Regenwald. Doch illegale Goldminen bedrohen die Idylle.
Foto: Panthermedia / elleon
Aus der Luft betrachtet scheint der Amazonas noch immer ein unberührtes, grünes Paradies. Doch der Schein trügt. Überall dort, wo illegale Goldsucher unterwegs sind, hat sich die Landschaft drastisch verändert. Statt dichtem Regenwald zeigen sich kahle Flächen, tiefe Schürfgruben und schlammige Tümpel mit rostbraunem Wasser. Was zuvor intakte Natur war, ist nun ein von Maschinen umgepflügtes Ödland.
Diese Eingriffe haben tiefgreifende Folgen – für das Ökosystem, für die Tierwelt und vor allem für die indigenen Gemeinschaften. Raoni Metuktire, Häuptling des Kayapó-Volkes, warnt: „Ich bin sehr besorgt. Wenn sie so weitermachen und in unserem Gebiet Bergbau betreiben, zerstören sie die Natur – mit Auswirkungen, die die ganze Welt zu spüren bekommt.“
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Trotz politischer Maßnahmen: Goldabbau geht weiter
Seit Jahren dokumentiert Greenpeace die Zerstörung durch illegale Minen im Norden Brasiliens. Satellitenbilder und Recherchen zeigen: Der Abbau geht weiter – trotz Maßnahmen der Regierung. Zwar sind die Aktivitäten in drei indigenen Gebieten zurückgegangen, doch sie verlagern sich einfach in andere Regionen.
Die Zahlen sprechen für sich: Zwischen 2023 und 2024 verringerte sich der illegale Bergbau in den Gebieten der Yanomami um 7 %, bei den Munduruku um 57 % und bei den Kayapó um 31 %. Gleichzeitig stiegen die Aktivitäten in der Sararé-Region um ganze 93 %. Insgesamt wurden in nur zwei Jahren über 4200 ha Regenwald zerstört. Das entspricht etwa der halben Fläche von Manhattan.
Quecksilber vergiftet Böden und Menschen
Illegale Goldsucher – auf Portugiesisch Garimpeiros genannt – schlagen ihre Lager mitten im Regenwald auf. Sie roden Bäume, graben tiefe Löcher und setzen schwere Maschinen ein. Häufig nutzen sie Quecksilber, um das Gold aus dem Gestein zu lösen. Diese giftige Substanz gelangt unkontrolliert in die Umwelt.
„Sehstörungen, Lern- und Entwicklungsstörungen bei Kindern können die Folge sein“, erklärt Harald Gross, Waldschutz-Experte bei Greenpeace. Besonders betroffen sind indigene Dörfer. Eine Studie des renommierten Oswaldo-Cruz-Instituts zeigt: In neun Yanomami-Gemeinden waren 84 % der Menschen erhöhten Quecksilberwerten ausgesetzt.
Auch Fische sterben. Flüsse werden verseucht. Das Grundwasser ist unbrauchbar. Für Menschen, die traditionell vom Fischfang und dem Wasser aus der Natur leben, ist das eine existentielle Bedrohung.
Gewalt, Kriminalität und Zwangsarbeit
Oft sind es nicht nur einzelne Schatzsucher, sondern organisierte Netzwerke, die hinter dem illegalen Bergbau stehen. Greenpeace berichtet von Verbindungen zu Drogenkartellen. Es kommt immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen auf indigene Gruppen – in manchen Fällen mit tödlichem Ausgang.
Doch auch die Goldgräber selbst sind gefährdet. Viele arbeiten unter prekären Bedingungen. Manche wurden Opfer von Menschenhandel oder Zwangsarbeit, wie eine Studie des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung zeigt. Bis zu 40 % der Arbeiter im Amazonasgebiet könnten davon betroffen sein.
Dennoch ist der Anreiz groß: Der Goldpreis ist auf einem historischen Hoch. Der Abbau verspricht schnelles Geld – insbesondere in Regionen, in denen andere Erwerbsquellen fehlen.

Auf diesem Bild ist das Ausmaß der Zerstörung im Amazonas-Regenwald deutlich zu sehen.
Foto: picture alliance/dpa/Philipp Znidar
Goldhandel ohne Herkunftsnachweis
Laut Greenpeace ist es kaum möglich, die Herkunft von Gold eindeutig zu bestimmen. „Das Gold geht durch so viele Hände und wird immer wieder neu verschmolzen, sodass ein wirklicher Herkunftsnachweis schwierig ist“, sagt Gross. Häufig wird illegales mit legalem Gold vermischt, bevor es über Mittelsmänner in den globalen Handel gelangt.
Eine Untersuchung des Instituts Escolhas ergab: 94 % des von der EU importierten Goldes aus Brasilien stammen aus den Bundesstaaten Pará und Amazonas – Regionen mit hoher Wahrscheinlichkeit für illegale Förderung. 2023 gingen allein 1,5 t Gold aus diesen Gebieten nach Deutschland, Italien und Tschechien.
Die Politik steht unter Druck
Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat versprochen, den Schutz des Amazonas zu stärken. Anders als sein Vorgänger Jair Bolsonaro, der den Goldabbau in indigenen Gebieten sogar fördern wollte, setzt Lula auf strengere Kontrollen. Die Umweltbehörde Ibama führt regelmäßig Razzien durch und zerstört Ausrüstung der illegalen Minen.
Doch die Maßnahmen zeigen nur kurzfristige Wirkung. Sobald die Kontrollen enden, kehren viele Schürfer zurück. Greenpeace fordert deshalb eine kontinuierliche Überwachung. Auch die Escolhas-Studie betont, dass Transparenz in der Lieferkette entscheidend sei.
Weltklimakonferenz rückt Brasilien ins Zentrum
Im November dieses Jahres richtet Brasilien die Weltklimakonferenz COP30 aus. Veranstaltungsort ist die Stadt Belém – mitten im Amazonasgebiet. Die internationale Aufmerksamkeit ist groß. Für die brasilianische Regierung ist es eine Gelegenheit, Taten sprechen zu lassen und ihre Umweltpolitik glaubwürdig zu machen.
Doch ob dies gelingt, hängt nicht nur von politischen Willensbekundungen ab, sondern auch von einer konsequenten Umsetzung vor Ort – und von globalen Veränderungen im Umgang mit Ressourcen wie Gold. (mit dpa)
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