In diesem Reifen von Goodyear wächst Moos, um die Luft zu verbessern
Ja, schauen Sie genau hin: In der Mitte dieses Reifens von Goodyear wächst wirklich Moos. Noch ist dieser Pneu ein Prototyp. Doch Goodyear will mit solchen Reifen künftig dazu beitragen, die Luft in den Städten etwas sauberer zu machen. Und Energie herstellen soll der Reifen auch noch. Eine Schnapsidee?
Auf der wichtigsten europäischen Automesse in Genf hat Goodyear den Konzeptreifen „Oxygene“ vorgestellt. In der Reifenmitte wächst beim Oxygene echtes Moos hinter Glas. Damit dieses grüne Moos nicht schnell braun wird und stirbt, sorgt ein spezielles Laufflächendesign dafür, dass der Reifen Wasser von der Fahrbahnoberfläche aufnehmen und zum Moosbeet transportieren kann.
Nach den Berechnungen der Goodyear-Ingenieure läppert sich die Wirkung der Photosythese dieser vier kleinen Moosbeete, wenn alle Autos in einem Ballungsraum mit „atmenden“ Reifen unterwegs sind. Wären im Großraum Paris alle 2,5 Millionen Fahrzeuge mit Oxygene-Reifen ausgerüstet, würde das Moos jährlich fast 3000 Tonnen Sauerstoff produzieren und mehr als 4000 Tonnen Kohlendioxid absorbieren, so Goodyear.
Mit Lichtgeschwindigkeit ins Internet der Dinge
Der Konzeptreifen soll zudem seine eigene Energie produzieren. So ist vorgesehen, die aus dem Photosynthese-Prozess freigesetzte Energie zu speichern und die im Reifen eingebettete Elektronik mit Strom zu versorgen. Diese steuert einen Lichtstrahl in der Seitenwand des Reifens, der zum Beispiel bei einem Fahrbahnwechsel oder einem Bremsmanöver die Farbe ändert und so andere Verkehrsteilnehmer und Fußgänger warnen kann.
Licht will Goodyear beim Oxygene auch nutzen, um den Reifen mit dem Internet der Dinge zu vernetzen. Dadurch soll eine Kommunikation von Fahrzeug zu Fahrzeug und von Fahrzeug zu Infrastruktur gewährleistet sein. Diese Vernetzung ist der Kern für intelligente Mobilitätsmanagementsysteme. „LiFi“ nennt Goodyear sein auf sichtbarem Licht beruhendes Kommunikationssystem mit Lichtgeschwindigkeit.
Auch für die Konstruktion des Oxygene poliert Goodyear an der Ökobilanz. Als Material für den Reifen kommt Gummimehl aus Altreifen zum Einsatz. Ein 3D-Drucker formt aus diesem Recycling-Gummimehl die offene Reifenstruktur. Diese soll auch den Rollwiderstand senken und damit den Reifenabrieb. Denn der ist ebenfalls mitverantwortlich für die hohe Feinstaubbelastung in den Städten. „Wenn aus acht Millimeter Profil irgendwann 1,6 Millimeter geworden sind, ist irgendetwas passiert“, sagt Jürgen Titz, Goodyear-Chef in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in der Welt.Die leichte und stoßgedämpfte, nicht-pneumatische Konstruktion soll zudem langlebig und pannenfrei sein.
„Es geht darum, Denkstrukturen zu durchbrechen.“
Sich beim nächsten Reifenwechsel in der Werkstatt einfach einen Satz Oxygene aufs Auto aufziehen zu lassen, bleibt jedoch ein frommer Wunsch. Der Oxygene ist nur eine Konzeptstudie, die aufzeigen soll, was denkbar ist. „Bislang waren Reifen schwarz und hatten ein Loch in der Mitte“, sagt Jürgen Titz. „Es geht darum, Denkstrukturen zu durchbrechen.“
Das hat Goodyear auch schon 2015 getan – mit einem Reifen, der Energie produziert, um die Reichweite von Elektroautos zu vergrößern.
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