In drei Schritten gegen Lichtsmog vorgehen
Kaum versinkt die Sonne am Horizont, übernehmen künstliche Lichtquellen deren Aufgabe und machen die Nacht zum Tag. Diese Lichtverschmutzung vor allem in den Städten schadet vielen Tieren, deren natürlicher Rhythmus dadurch gestört wird. Drei Forscher wollen jetzt in drei Schritten dagegen vorgehen.
Wer nachts mit bloßem Auge einen Blick auf unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, werfen möchte, der muss sich bewegen. Zum Beispiel ganz in den Westen Deutschlands, in den Nationalpark Eifel. Denn der ist seit dem Februar dieses Jahres der erste Ort in Deutschland, der von der „International Dark Sky Association“ die Anerkennung zum Sternenpark verliehen bekommen hat. Als solcher hat der Nationalpark Eifel sich verpflichtet, das Dunkel der Nacht zu schützen.
Licht gibt das Gefühl von Sicherheit
Lichtverschmutzung oder gar Lichtsmog ist gemeint, wenn der Himmel über den Ballungsräumen des Nachts derart erhellt ist, dass es nicht mehr möglich ist, die Schönheit und Pracht des Sternenhimmels wahrzunehmen. Der Grund für die hemmungslose Lichtorgie vor allen in den Städten ist das Gefühl von Sicherheit, welches taghell erleuchtete Straßen und Plätze den Menschen geben.
Im Zuge des technischen Fortschritts wurde auch die Straßenbeleuchtung immer effizienter. Doch die sich daraus ergebenden Potentiale zur Einsparung von Energie und zur Reduktion von Treibhausgasen werden nicht realisiert. Das belegt ein Beispiel aus Großbritannien: Während sich dort in den Jahren von 1950 bis 2000 die Beleuchtungseffizienz verdoppelte, vervierfachte sich der Pro-Kopf-Verbrauch für künstliches Licht.
Drei Empfehlungen gegen taghelle Nächte
Um diesen Bumerang-Effekt künftig zu vermeiden, haben die Wissenschaftler Christopher Kyba und Franz Hölker vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und Andreas Hänel vom Museum am Schölerberg in Osnabrück drei Handlungsempfehlungen für städtische Beleuchtungskonzepte erarbeitet, die sie in der Zeitschrift „Energy & Environmental Science“ veröffentlicht haben. Diese sollen dabei helfen, nicht nur den Energieverbrauch, sondern auch die Lichtverschmutzung und deren negative Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Menschen zu minimieren.
Forscher empfehlen Bewegungssensoren
„Im ersten Schritt empfehlen wir, Beleuchtung nur dort einzusetzen, wo und wann sie gebraucht wird“, erklärt Franz Hölker. Denn würde das künstliche Licht sorgfältiger gelenkt, könnte dadurch die Ausleuchtung verbessert und zugleich Kosten und Energie eingespart werden. „In Gebieten, in denen nach Mitternacht kaum noch jemand unterwegs ist, könnten LED-Leuchten beispielsweise bis zum Beginn des morgendlichen Berufsverkehrs auf zehn Prozent ihrer Leuchtkraft gedimmt werden“, so Hölker, der den Einsatz von Bewegungssensoren empfiehlt.
2015 ist „Internationales Jahr des Lichts“
Die Initiative der drei Wissenschaftler kommt zur rechten Zeit. Denn erst kürzlich haben die Vereinten Nationen das kommende Jahr 2015 zum „Internationalen Jahr des Lichts“ erklärt. Eine Beschäftigung mit dem Thema Beleuchtung und Nachhaltigkeit erscheint vor diesem Hintergrund zwingend. Künstliche Beleuchtung verursacht inzwischen etwa 19 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs. Innovative Beleuchtungskonzepte könnten unseren Energieverbrauch und die Kohlenstoffbilanz demnach ganz maßgeblich beeinflussen.
Die drei Forscher fordern in einem zweiten Schritt, dass sich die politischen Entscheidungsträger mit dem Thema künstliche Beleuchtung auseinandersetzen, um maximal zulässige Beleuchtungswerte zu formulieren. Aus ihrer Sicht wird in den allermeisten europäischen Städten viel mehr Licht eingesetzt, als es für die Sicherheit nötig wäre. „Wenn man für eine Aufgabe doppelt so viel Licht verwendet wie eigentlich notwendig, dann wird die Hälfte der Energie verschenkt“, kritisiert Franz Hölker.
Abschied von der geliebten Glühlampe
In der Vergangenheit stand vor allem die Einführung energieeffizienter Leuchtmittel im Fokus politischer Bemühungen. Dies gipfelte im Jahre 2009 in die marktregulierenden Vorgaben der Europäischen Union, die darauf abzielten, die gemeine Glühlampe durch energieeffiziente Leuchten zu ersetzen.
Neue Definition für die Effizienz
Genau diesen reinen Blick auf die Effizienz wollen die drei Wissenschaftler bei der Frage der künstlichen Beleuchtung in Frage stellen. Ihnen schwebt als dritte Säule eines sensibleren Umgangs mit dem Licht eine neue Definition für die Effizienz in der städtischen Straßenbeleuchtung vor. „Wir empfehlen hierfür ein einheitliches Maß, das den Vergleich von Straßen mit unterschiedlichen Beleuchtungssystemen ermöglicht“, sagt Christopher Kyba. „Dies könnte beispielsweise zeigen, dass Straßenlampen, die nach Mitternacht gedimmt werden, weniger Energie verbrauchten, als effizientere Modelle, die die ganze Nacht hindurch brennen.“
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