Jetzt kommt die Tinte aus dem Auspuff
Nichts als dreckige Luft, die beim Diesel aus dem Auspuff strömt? Von wegen. Selbst damit können clevere Ingenieure etwas anfangen. Aus den Abgasen können sie Tinte herstellen. Jetzt wollen sie damit richtig ins Geschäft einsteigen. Und das ist wirklich keine Luftnummer.
![Der Marker, mit dem dieser Straßenkünstler die Wand verziert, ist mit Air Ink gefüllt. Um sie herzustellen, wurde der Feinstaub aus Abgasen herausgefiltert.](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2017/11/2017/17682_Kuenstler-zeichnet-mit-Air-Ink.jpg)
Der Marker, mit dem dieser Straßenkünstler die Wand verziert, ist mit Air Ink gefüllt. Um sie herzustellen, wurde der Feinstaub aus Abgasen herausgefiltert.
Foto: Graviky Labs
Bisher kannten wir nur Blechdosen am Hochzeitsauto. Ein alter Brauch, der böse Geister vertreiben soll, damit das frisch getraute Paar eine glückliche Ehe führen kann. Eine Konstruktion, die äußerlich stark an eine Blechdose erinnert, haben Forscher um den Wissenschaftler Anirudh Sharma im Media Lab des Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt.
Mit einem Filter fing alles an
Sie dient keineswegs dazu Krach zu erzeugen: Aufgesetzt auf den Auspuff eines Autos oder Motorrads sammelt das patentierte System namens Kaalink 95 % des Feinstaubs in den Abgasen. Dieser wird anschließend in einem mehrstufigen Verfahren gefiltert, Schwermetalle und krebserregende Stoffe entfernt.
![Sieht aus wie eine Blechdose: das patentierte Filtersystem Kaalink am Motorradauspuff montiert.](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2017/11/2017/17683_Filtersystem-Kaalink-am-Motorradauspuff.jpg)
Sieht aus wie eine Blechdose: das patentierte Filtersystem Kaalink am Motorradauspuff montiert.
Quelle: Graviky Labs
Übrig bleibt ein gereinigtes kohlenstoffhaltiges Pigment, das sich zu Tinte weiterverarbeiten lässt. Bei der herkömmlichen Herstellung von Rußtinten werden hingegen zunächst fossile Brennstoffe eigens zu diesem Zweck verbrannt.
Kampagne auf Kickstarter
Das indische Start-up Graviky Lab – eine Ausgründung des MIT – hat jetzt eine Finanzierungskampagne auf Kickstarter begonnen, um die sogenannte Air Ink in Serie produzieren zu können. Eine Palette unterschiedlicher Tinten und Farben hat das Graviky Lab, finanziell unterstützt von der größten asiatischen Biermarke Tiger aus Singapur, bereits hergestellt. Zuvor waren mehrere Monate lang Autos, Trucks, Motorräder und Fischerbooten in Bangalore und Hong Kong mit Kaalink ausgerüstet worden und hatten Feinstaub eingesammelt.
Bier und Luftverschmutzung
Bier und Tinte? Wo ist da die Verbindung? Tiger erklärt das so: Man habe Air Ink an aufstrebende Straßenkünstler in Hongkong verteilt, damit diese damit Wandgemälde und andere Kunstwerke für Bars entlang einer der bekanntesten Straßen Hongkongs entwerfen. Und damit die Leidenschaft für ihre Stadt ausdrücken.
![Air Ink zum Verkauf.](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2017/11/2017/17684_Air-Ink-zum-Verkauf.jpg)
Air Ink zum Verkauf.
Quelle: Graviky Labs
Bei der Ernte von kohlenstoffreichem Ruß aus Abgasen hat Tiger bereits die Produktion von 150 Litern Air Ink unterstützt. Das entspricht ungefähr dem CO2-Ausstoß von 2.500 Stunden oder 104 Tagen beim Fahren eines typischen Dieselfahrzeugs. Eine Spraydose mit 600 ml Inhalt enthält den Ruß aus Dieselabgasen, die sonst während 2.000 Minuten ausgestoßen werden.
Produktpalette erweitern
Dass das Graviky Lab genügend Geld zusammen bekommt, um die Tinte aus Dieselabgasen zu produzieren, ist schon sicher. Die angestrebten 14.000 Singapur Dollar (SGD) – das entspricht etwa 9.250 Euro – sind schon zusammen. Die Kampagne auf Kickstarter läuft noch bis zum 9. März.
![Grafik Kaalink: Im Innern des Systems wird der Feinstaub gesammelt.](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2017/11/2017/17686_Grafik-Kaalink.jpg)
Grafik Kaalink: Im Innern des Systems wird der Feinstaub gesammelt.
Quelle: Graviky Lab
Die Gründer haben Marker mit verschiedenen Stärken entwickelt. Mit dem Geld aus der Kickstarter-Kampagne soll die Produktpalette erweitert werden. So sollen beispielsweise auch Farben für Stoffe hinzukommen.
Schmuck aus Ruß
Auch der niederländische Künstler Daan Roosegaarde hatte schon die Idee, aus dem Ruß in der Luft der chinesischen Hauptstadt Peking etwas herzustellen. Er produziert aus dem Kohlenstoff der Luft Schmuck.
![Ein Ring von Daan Roosegaarde: Der Stein ist aus dem Kohlenstoff aus 1.000 Kubikmeter Luft gefertigt.](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2017/11/2017/17685_Ring-aus-Kohlenstoff.jpg)
Ein Ring von Daan Roosegaarde: Der Stein ist aus dem Kohlenstoff aus 1.000 Kubikmeter Luft gefertigt.
Quelle: Studio Roosegaarde
Der mexikanische Biotechnologe Raul Pineda Olmedo hat dagegen einen Biofilter aus Erdnussschalen erfunden, der die Luft von toxischen Bestandteilen reinigt.
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