Kaminöfen: So lassen sich Schadstoffe am effektivsten reduzieren
Vor ein, zwei Jahren sorgte das Bundesumweltamt für einen Aufschrei, als es empfahl, am besten nicht mehr mit Holz zu heizen. Zu hoch die Schadstoffbelastung. Forschende haben nun untersucht, wie sich die Schadstoffe aus Kaminöfen am effektivsten reduzieren lassen.
Knisterndes Holz und wohlige Wärme: Forscherinnen und Forscher der Goethe-Universität Frankfurt, der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen sowie der Universitätskliniken Aachen und Freiburg haben im Rahmen des Verbundprojekts „TeToxBeScheit“ die Wirksamkeit von elektrostatischen Abscheidern und Katalysatoren bei der Reduzierung von Schadstoffemissionen aus Kaminöfen untersucht. Ihre Studie zeigt, dass diese Technologien erheblich dazu beitragen können, die Umwelt und die Gesundheit der Menschen vor Schadstoffbelastungen zu schützen. Aufgrund dieser Ergebnisse empfehlen sie, beide Technologien künftig verpflichtend zu machen.
Millionen Kaminöfen rußen um die Wette
In Deutschland sind Millionen von kleinen Heizanlagen wie Kaminöfen im Einsatz, in denen Holzscheite verbrannt werden. Bei diesem Verbrennungsprozess werden zahlreiche Schadstoffe in die Luft freigesetzt, darunter ultrafeine Rußpartikel, Kohlenmonoxid, flüchtige organische Verbindungen wie Formaldehyd und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Insgesamt werden Tausende von Schadstoffen freigesetzt, von denen einige miteinander reagieren und dadurch noch gefährlicher werden.
Die Grenzwerte der Emissionen werden in Deutschland von der Bundesimmissionsschutzverordnung (1. BImSchV) und auf EU-Ebene von der Ökodesign-Richtlinie geregelt. Zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes werden Maßnahmen wie der Einbau von elektrostatischen Abscheidern und Katalysatoren in Kaminen eingesetzt. Elektrostatische Abscheider laden Partikel im Abgas elektrisch auf, sodass sie am Kaminrohr haften bleiben. Katalysatoren hingegen wandeln toxische Gase in weniger schädliche Substanzen um, beispielsweise Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe in Kohlendioxid (CO2) und Wasser.
Bisherige Studien zu diesen Technologien beschränkten sich oft auf wenige Schadstoffarten. Hinzu kommt, dass Katalysatoren und E-Abscheider in der Praxis bisher nur selten verbaut sind. Was unter anderem sicherlich daran liegt, dass die tatsächliche Wirksamkeit dieser Techniken bislang unklar war. Das Verbundprojekt „TeToxBeScheit“ hat nun diese Wissenslücke geschlossen.
Wie stark reduzieren Katalysatoren und E-Abscheider den Schadstoffausstoß?
Forscherinnen und Forscher aus den vier genannten Instituten haben gemeinsam untersucht, in welchem Maße Katalysatoren und elektrostatische Abscheider (E-Abscheider) allein oder in Kombination die Emission von Schadstoffen reduzieren können und welchen Nutzen dies für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt hat. Die Koordination des Projekts lag beim Lehr- und Forschungsgebiet Technologie der Energierohstoffe (TEER) der RWTH Aachen. Dort wurde eine Testanlage aufgebaut, an der Proben von Abgasen und Partikeln entnommen wurden.
Diese Proben wurden dann in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Aachen chemisch-physikalisch analysiert. Die humantoxikologischen Untersuchungen wurden vom Universitätsklinikum Freiburg durchgeführt, während die ökotoxikologischen Studien an der Goethe-Universität Frankfurt erfolgten. Dort leitete ein Team der Abteilung Evolutionsökologie und Umwelttoxikologie am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität unter der Leitung von Prof. Dr. Henner Hollert, Dr. Sabrina Schiwy und Marc Wollenweber die Untersuchungen.
Das Besondere an „TeToxBeScheit“
Prof. Hollert beschreibt das Besondere an „TeToxBeScheit“ so: „Es ist die erste Schadstoffstudie an Kaminöfen mit einem integrierten Ansatz, der weit über die chemische Analyse einzelner Substanzen hinausgeht: Wir haben uns gemeinsam mit den anderen Partnern das Abgas , die emittierten Partikel und die Wirkung der Minderungsmaßnahmen vollumfänglich angeschaut, und zwar nicht nur die chemisch-physikalische Seite, sondern auch die humantoxikologische und die ökotoxikologische, also die Wirkung der Schadstoffe und Schadstoffkombinationen auf Mensch und Ökosysteme“.
Hollert weiter: „Diese effektbasierte Untersuchung kann auch die nachteilige Wirkung bisher unbekannter Schadstoffe und Schadstoffgemische nachweisen und wurde so in ähnlichen Studien bisher noch nicht durchgeführt.“
Tests mit Zellkulturen und aquatischen Systemen
Marc Wollenweber, Umwelttoxikologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni in Frankfurt, führte Studien durch, um die Toxizität der Emissionen von Kaminöfen zu bewerten. Er verwendete dafür Zellkulturen und aquatische Testsysteme, da Schadstoffe oft durch Regen aus der Luft in Gewässer gelangen. Diesen Prozess simulierte er mit Waschflaschen in einer Testanlage, die er gemeinsam mit dem TEER und dem Universitätsklinikum Freiburg entwickelte. Anschließend untersuchte er die Auswirkungen der Schadstoffe auf drei aquatische Modellorganismen: Algen, Wasserflöhe und Fischembryonen.
In Experimenten mit Wasser, das mit unbehandeltem Rauchgas versetzt war, zeigte sich eine deutliche Toxizität: Fischembryonen, die als Alternative zu Tierversuchen eingesetzt wurden, erlitten Organschäden, Wasserflöhe starben, und das Wachstum der Algen verlangsamte sich. Wurde jedoch ein Katalysator vorgeschaltet, traten keine toxischen Effekte mehr auf, und die Schadstoffbelastung im Wasser verringerte sich erheblich.
Diese Ergebnisse wurden durch chemisch-physikalische Messungen bestätigt. Der elektrostatische Abscheider (E-Abscheider) hingegen war direkt an der Feuerung weniger wirksam. Die Toxizität sank erst, als das Gerät weiter entfernt von der Feuerstelle installiert wurde, da bestimmte Schadstoffe erst in abgekühltem Abgas an Partikel binden und dann effektiv abgeschieden werden können.
Humantoxikologische Untersuchungen
Am Universitätsklinikum Freiburg führte das Team unter der Leitung von Dr. Manuel Garcia-Käufer humantoxikologische Untersuchungen mit einem fortschrittlichen zellbasierten Lungenmodell durch. Dieses Modell war darauf ausgelegt, die Auswirkungen der Inhalation von Abgasen auf die Lunge zu bewerten.
Bei diesem Verfahren wachsen Lungenzellkulturen an der Schnittstelle zwischen Gas- und Flüssigphase, was die Verhältnisse in der menschlichen Lunge nachbildet. Die Luftschadstoffe strömten über die Zellen, ähnlich wie bei der Einatmung von Abgasen. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten dann, ob und wie sich die genetische Struktur der Zellen unter der toxischen Belastung veränderte.
Die Ergebnisse zeigten, dass Katalysatoren im Vergleich zu elektrostatischen Abscheidern (E-Abscheidern) zunächst bessere Resultate erzielten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass E-Abscheider zwar die Feinstaubbelastung effektiv reduzieren, aber nur begrenzt gasförmige Schadstoffe aus den Abgasen entfernen können.
Katalysatoren als Gewinner
Dr. Sabrina Schiwy, Leiterin der Abteilung Evolutionsökologie und Umwelttoxikologie an der Goethe-Universität, betrachtet Katalysatoren als die effektivsten Instrumente der Studie. Ihrer Meinung nach sind sie universell einsetzbar und effizient im Reduzieren von hochreaktiven Substanzen, die als Gas oder feine Partikel in die Lungen gelangen können. Katalysatoren können zudem relativ kostengünstig, für etwa 400 Euro, nachgerüstet werden.
Im Gegensatz dazu sind die unmittelbaren ökotoxikologischen und humantoxikologischen Wirkungen von elektrostatischen Abscheidern (E-Abscheidern) weniger offensichtlich. Trotzdem sind sie als ergänzende Maßnahme zur Schadstoffminderung unerlässlich, da sie, insbesondere bei längerfristiger Belastung, gefährliche Feinstaubemissionen um bis zu 95 Prozent reduzieren können. E-Abscheider wirken also in einem Bereich, den Katalysatoren nicht abdecken können.
Die Kombi macht’s
In der Studie wurde auch untersucht, wie effektiv die Kombination von Katalysatoren und elektrostatischen Abscheidern (E-Abscheidern) ist. Marc Wollenweber schlägt vor, zukünftig Kaminöfen mit beiden Technologien auszustatten. Dabei sollte der E-Abscheider vor dem Katalysator angebracht werden, um zuerst Partikel zu filtern, woraufhin der Katalysator die gasförmigen Schadstoffe behandelt.
Diese Erkenntnisse werfen die Frage auf, welche Bedeutung sie für die 1. Bundesimmissionsschutzverordnung haben, die aktuell nur Grenzwerte festlegt. Wollenweber argumentiert, dass die Grenzwerte an den aktuellen Stand der Technik angepasst werden sollten, um sicherzustellen, dass keine Feuerungsanlagen mehr verkauft und installiert werden, die keine Technologien zur Schadstoffminderung haben.
Ein Beitrag von: