Kampfansage ans Klimagas Kohlendioxid
Das größte skandinavische Land ist in Sachen Klimaschutz weltweiter Vorreiter. Doch das ist den Menschen dort nicht genug. Sie wollen künftig sogar auf Koks bei der Eisenproduktion verzichten.
Greta Thunberg hat die Welt verändert. Die 16-jährige Schwedin hat eine beispiellose Protestwelle für den Klimaschutz ausgelöst. Unter dem Motto „Fridays for Future“ schwänzen tausende Jugendliche und Kinder Freitags die Schule, um auf die Gefahren fürs Klima aufmerksam zu machen.
Ein bisschen paradox ist die Sache schon, zumindest die Anfänge. Greta, wie sie nur noch genannt wird, demonstriert ausgerechnet in einem Land, das beispielhaften Klimaschutz betreibt, für dessen Schutz. An 2030 dürfen keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Schweden beginnt dann im großen Stil elektrisch zu fahren.
Wasserstoff soll den Hüttenkoks ersetzen
Es soll noch besser werden. Schweden war in diesem Jahr Partnerland auf der Hannover Messe. Dort hat der schwedische Stromversorger Vattenfall gemeinsam mit der Stahlindustrie das Projekt Hybrit (Hydrogen Breakthrough Ironmaking Technology) vorgestellt. Die Demonstrationsanlage, in der Stahl ohne Einsatz von Koks produziert wird, soll 2020 in Lulea Betrieb gehen. Eisenerz enthält große Mengen an Sauerstoff in Form von Rost – es ist deshalb rostrot. Ehe das Eisen ausgeschmolzen wird, muss es entrostet werden. In klassischen Hochöfen ist dafür Koks zuständig, der gleichzeitig für die hohen Temperaturen sorgt, bei denen Eisen schmilzt.
10 % weniger Kohlendioxid
Die beteiligten Unternehmen investieren umgerechnet 2 Millionen Euro in die weltweit erste Eisenproduktion, die ohne fossile Brennstoffe auskommt. Das Entrosten übernimmt Wasserstoff. Er verbindet sich mit dem Sauerstoff zu reinem Wasser und fungiert zusätzlich als Brennstoff, der das Erz auf die nötige Temperatur bringt. Der Wasserstoff wird mit Ökostrom hergestellt. Geplant ist, ab 2035 die gesamte Eisenproduktion auf das Wasserstoffverfahren umzustellen. Wenn es gelingt reduzieren sich die Kohlendioxidemissionen im Land um 10 %.
Ein weiteres spektakuläres Projekt ist WoodRoll, ein neuartiges Verfahren zur Herstellung von Biogas aus biologischen Abfällen. Der Metallpulver-Hersteller Höganäs in der gleichnamigen schwedischen Stadt lässt sich von Cortus Energy im schwedischen Kista für umgerechnet 10 Millionen Euro eine solche Anlage bauen, um seine Energie klimaneutral herstellen zu können. Bisher verwendet er Erdgas, um Prozesswärme zu erzeugen.
Wie die es Konkurrenz macht
Wie auch bei den Lösungen anderer Unternehmen wird der Bioabfall – Gülle, landwirtschaftliche Abfälle und Reste der Lebensmittelindustrie – unter Luftabschluss verschwelt. Dabei entstehen ein Gas und ein kohleartiger Feststoff. Das Gas muss aufwändig gereinigt werden, damit es die nachfolgenden Aggregate wie motorisch angetriebene Generatoren zur Stromerzeugung nicht beschädigt. Die Kohle wird genutzt, um den Reaktor aufzuheizen. Diese Prozesse sorgen dafür, dass diese Art der Biogasherstellung selten wirtschaftlich ist.
Teure Gasreinigung wird eingespart
Cortus geht einen anderen Weg. Die festen Rückstände werden gemahlen und in einem Reaktor mit Wasserdampf vermischt. Das ungereinigte Gas aus dem ersten Produktionsschritt dient als Lieferant für Wärmeenergie. Bei der Reaktion von Dampf und Kohlepulver entsteht ein ultrareines Biogas. Es wird mit Wasser gekühlt, sodass Dampf entsteht, der erneut in den Prozess eingekoppelt wird. Es handelt sich um einen allothermen Prozess, das heißt, die benötigte Wärmeenergie wird im Prozess selbst erzeugt.
Schweden plant die Stromerzeugung bis 2040 vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen. Dieses Ziel hat sich das Land bereits im Sommer 2016 selbst gesetzt. Dabei setzt das skandinavische Land vor allem auf den Ausbau der Windenergie. In Schweden wird die Masse der elektrischen Energie derzeit durch hohe Anteile Wasserkraft und Kernenergie erzeugt. Müllverbrennung, Windkraft und fossile Brennstoffe kommen ebenfalls zum Einsatz, liegen aber bei einem verschwindend geringen Anteil am Energiemix.
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