Kohlendioxid unter der Nordsee lagern: Rettung oder Scheinlösung?
Dänemark wird Kohlendioxid unter der Nordsee einlagern, so haben einige Medien berichtet. Damit will man die CO₂-Konzentration in der Erdatmosphäre reduzieren und dem Klimawandel entgegenwirken. Umweltverbände sehen es jedoch skeptisch.
Schon erste Zulassungen hat Dänemark dafür erteilt. Konzerne wie Wintershall Dea und Ineos können nun im größeren Maßstab CO₂ unter dem Nordsee-Grund einlagern. Die riesige Speicheranlage für Kohlendioxid unter dem Meeresgrund wurde feierlich vom dänischen Kronprinzen Frederik eingeweiht. „Heute schlagen wir ein neues Kapitel für die Nordsee auf – ein grünes Kapitel“, sagte er bei der Einweihungsfeier für das „Greensand“-Projekt in der Hafenstadt Esbjerg.
Ausgefördertes Ölfeld „Nini West“ als Lagerungsstätte?
Es geht um ein etwa 200 Kilometer entferntes ausgefördertes Ölfeld namens „Nini West“, das zwischen Dänemark und Norwegen liegt. Hier soll in Zukunft CO₂ eingelagert werden. Nun hofft man, dass die Politik den gesetzlichen Rahmen dafür auch in anderen Ländern schafft. Auch in Deutschland
Laut Wintershall-Dea-Chef Mario Mehren braucht Deutschland einerseits ein CO₂-Gesetz, das den Transport und Export von CO₂ erlaubt, und idealerweise auch die Speicherung in Deutschland ermöglicht. „Und dann brauchen wir eine bilaterale Vereinbarung zwischen den Ländern, um diesen grenzüberschreitenden Transport auch möglich zu machen“, fügte er hinzu. Mehren ist sicher: „Wir zeigen, dass der Transport und die Einspeicherung von CO₂ sicher und zuverlässig über Ländergrenzen hinweg möglich ist und schon in naher Zukunft einen Beitrag zu einer dekarbonisierten Zukunft leisten kann.“
Was versteht man unter Carbon Capture and Storage?
Bei dieser Technologie handelt es sich um Carbon Capture and Storage (CO₂-Abscheidung und -Einlagerung), kurz CCS. CO₂ wird bei industriellen Prozessen eingefangen, zu einer unterirdischen Lagerstätte transportiert und dort eingespeichert. Ziel ist es, die CO₂-Konzentration in der Erdatmosphäre zu reduzieren.
Minister Habeck hat die CCS-Technologie bereits als Teil der deutschen Klimastrategie dargestellt. Auf der Seite des Bundeswirtschaftsministeriums heißt es: „Die Abscheidung von unvermeidbaren bzw. schwer vermeidbaren CO₂-Emissionen bietet sich vor allem bei der Industrie und Abfallwirtschaft an.“
Die Speicherung von Kohlendioxid ist in Deutschland gesetzlich nur zur Erforschung, Erprobung und Demonstration in begrenztem Umfang erlaubt.
„Um Klimaneutralität zu erreichen, muss Deutschland das CCS- und CCU-Verfahren nutzen“, kommentierte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des BDI, Holger Lösch, gegenüber der dpa.
Umweltverbände sind dagegen
Doch so einfach ist es nicht. Vor allem Umweltverbände schlagen Alarm. Es wird befürchtet, dass die Technologie den Ehrgeiz beim Klimaschutz und beim Ausbau erneuerbarer Energien dämpfen würde. Außerdem warnen sie vor Gefahren für die Umwelt, zum Beispiel durch Leckagen von Kohlendioxid. Leckagen könnten auch das Grundwasser in der gesamten Region der Lagerstätten gefährden.
Auf der Website von Greenpeace ist sogar die Rede von einer „Scheinlösung“. Besonders problematisch sei, dass solche Technologien den Blick auf die wahren Ziele verstellen würden. Daher sieht man die Endlagerung von CO₂ nicht als Lösung für das Klimaproblem an. Stattdessen diene sie als Ausrede, um die CO₂-Reduktion weiter in die Zukunft zu verschieben.
Studie zur CO₂-Speicherung gibt Sicherheit?
Die Diskussion über die Speicherung von Kohlendioxid ist nicht neu. Bereits 2019 wurde eine Studie zur CO₂-Speicherung veröffentlicht, in der die Frage aufgeworfen wurde, ob Kohlendioxid in der Nordsee gelagert werden kann. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass das Treibhausgas im Meeresboden der Nordsee gespeichert werden kann, auch wenn Bohrlöcher den Untergrund undicht machen. Es wurde festgestellt, dass das Gas im Falle von Leckagen im Meer verbleibt, sich im Wasser löst und schnell durch Gezeitenströmungen verteilt wird. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im International Journal of Greenhouse Gas Control veröffentlicht.
Um diese Studie durchzuführen, wurde ein Feldversuch unternommen. Die Wissenschaftler ließen einen Tauchroboter, der CO₂ mit einer Rate von 31 Tonnen pro Jahr kontrolliert ins Wasser blies, in der Nordsee bis zum Grund hinab. Dabei wurde beobachtet, dass sich die CO₂-Gasblasen innerhalb von zwei Metern über dem Meeresboden im Wasser auflösten.
Allerdings veränderte sich der pH-Wert des Wassers und es wurde saurer, was theoretisch Auswirkungen auf am Meeresboden lebende Organismen haben könnte. Glücklicherweise verteilten die starken Bodenströmungen das gelöste CO₂ jedoch schnell.
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