Konzept für die Zukunft: Abwässer nach Verschmutzungsgrad trennen
Fachleute wollen Abwässer schon am Ort der Entstehung nach Verschmutzungsgrad trennen. Es soll dezentral gereinigt und teilweise gleich wiederverwendet werden. In Neubaugebieten klappt das auch.
Alles fließt durchs gleiche Rohr: Leicht verschmutztes Abwasser aus Bad und Küche, stark belastetes aus den Toiletten und sauberes Regenwasser. Gemeinsam landen sie in Kläranlagen, die in Ballungsgebieten die Fläche von vielen Fußballfeldern haben.
Totale Verschwendung, sagen Fachleute und schlagen vor, unterschiedlich verschmutzte Abwässer zu trennen. Regenwasser beispielsweise muss gar nicht gereinigt werden. Es ist oft sogar hinderlich. Bei Starkregen überschwemmt es die Kläranlagen, deren Kapazitätsgrenze dann überschritten wird, sodass ungeklärtes Abwasser abgeleitet werden muss. Aber auch die Abwässer aus Küche und Bad – nicht die aus der Toilettenspülung – könnten mit weniger Aufwand behandelt und gleich wieder für die Toilettenspülung und die Gartenbewässerung zur Verfügung gestellt werden. Und aus stark verschmutztem Abwasser lässt sich mit unterschiedlichen Techniken Strom gewinnen, ehe der geringer belastete Rest behandelt wird.
ISOE arbeitet an Abwasserkonzept der Zukunft
Wissenschaftler am Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main arbeiten derzeit an einem Konzept zur Abwasserbehandlung der Zukunft. „Den Anforderungen an Energie- und Ressourceneffizenz können die herkömmlichen Systeme kaum gerecht werden“, sagt ISOE-Wasserexperte Engelbert Schramm. Er schlägt eine teilweise dezentralisierte Wasserver- und Abwasserentsorgung vor. Gering verschmutztes Abwasser sollte in der Nähe der Verursacher aufbereitet werden, sodass es direkt wieder als Brauchwasser nutzbar ist, nicht als Trinkwasser. Regenwasser sollte direkt in den so genannten Vorfluter geleitet werden. Das ist in der Regel ein Bach oder Fluss, in den das gereinigte Abwasser fließt.
In einigen Neubausiedlungen in Deutschland sind derartige Systeme bereits realisiert. Zu ihnen gesellt sich das neue Stadtquartier Jenfelder Au in Hamburg. Auf einem ehemaligen Kasernengelände entstehen dort 770 neue Wohneinheiten, deren Wasserver- und Abwasserentsorgung nach ISOE-Vorschlägen organisiert wird.
Das ortsnah gereinigte leicht verschmutzte Abwasser wird allerdings nicht direkt wiederverwendet, sondern in den Vorfluter gleitet. Stark verschmutzte Abwässer landen gemeinsam mit organischen Abfällen in einem Anaerob-Reaktor. Mikroorganismen erzeugen daraus ein brennbares Gasgemisch, das in einem Block-Heizkraftwerk Strom und Wärme produziert.Für vorhandene Wohngebiete noch zu teuer
In Neubaugebieten lassen sich die ISOE-Ideen bereits rentabel umsetzen. Ansonsten sind gewaltige Investitionen nötig. Es müssen völlig neue Abwasserrohre verlegt und dezentrale Kläranlagen gebaut werden, dazu noch Biogasanlagen. Außerdem müsste die Infrastruktur in den Häusern völlig erneuert werden, weil die Abwässer bereits am Ort ihrer Entstehung getrennt erfasst, abgeleitet und teilweise erneut genutzt werden müssen. Das dürfte sich nur bei einer Grundsanierung eines ganzen Stadtteils lohnen.
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