Kronos Kampf um ein Nebenprodukt
Im September 2009 entscheidet ein Kölner Gericht, ob Kronocarb – ein Nebenprodukt aus der Herstellung von Titandioxid – Abfall ist. Wenn ja, darf es E.on nicht mehr im Kohlekraftwerk in Herne mitverbrennen. Umweltschützer würden sich freuen. Sie erhoffen sich dadurch eine geringere Staub- und Schwermetallbelastung. VDI nachrichten, Herne, 17. 7. 09, ber
E.on erhält das Koks/Erz-Gemisch preisgünstig von der RVG. Im Schnitt ersetzt der Konzern im Kohlekraftwerk Shamrock 5 % Steinkohle durch das Gemisch. Insgesamt wurden seit 2001 rund 140 000 t Kronocarb verfeuert.
Am 6. Juli 2006 bekam die Debatte neuen Schwung. Die Kölner Bezirksregierung teilte mit, Kronocarb sei Abfall. Der Titandioxidhersteller legte sofort Widerspruch ein, den die Bezirksregierung zurückwies. Daraufhin klagte Kronos Titan. Am 10. September 2009 wird vor dem Verwaltungsgericht Köln verhandelt.
Die Bezirksregierung Köln äußert sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht zu ihrem Bescheid von 2006. Doch Fiand erklärte, „das wichtigste Argument der Bezirksregierung ist, dass wir Kronocarb nicht mit Gewinn verkaufen.“
Das stimme zwar, sagte Fiand. Er verwies aber auf die neue EU-Abfallrahmenrichtlinie. Dieses Gesetz, das seit Dezember 2008 gilt, nennt vier Punkte, die ein Nebenprodukt erfüllen muss, um nicht als Abfall zu gelten. So müsse etwa nachgewiesen sein, dass ein Produkt weiter verwendet wird – etwa zur thermischen Verwertung. Für Fiand erfülle Kronocarb auch alle übrigen drei Bedingungen. Er gehe daher optimistisch in die Gerichtsverhandlung.
Umweltschützer betonen jedoch die Abfalleigenschaften. „Kronocarb ist kein Brennstoff“, sagte Ingo Gödecke vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Der Heizwert beträgt etwa 11 Megajoule/kg, der von importierter Steinkohle zwischen 22 und 25 MJ/kg. Für eine bestimmte Heizleistung muss mehr als doppelt so viel Kronocarb wie Steinkohle eingesetzt werden – was für Gödecke einem doppelten Schadstoffeintrag entspricht.
Fiand aber hält es für unsinnig, „einen Stoff zu deponieren, den man in Kraftwerken, Zementfabriken und in der Ziegelherstellung als Brennstoff verwenden kann“. Das belaste die Umwelt nicht. Alle Grenzwerte würden deutlich unterschritten. Kronocarb sei auch kein Schwermetallcocktail. „Der Gehalt an umweltrelevanten Metallen wie Arsen, Cadmium, Blei und Quecksilber ist deutlich niedriger als bei Ruhrkohle“, ergänzte Fiand.
Man müsse aber differenzieren, entgegnete BUND-Experte Gödeke. Kronocarb enthalte viel allergieauslösendes Nickel und krebserregende Vanadiumverbindungen. Für ihn hinkt auch der Vergleich mit Ruhrkohle: Importierte Kohle enthalte oft mehr Schwermetalle. Die Mitverbrennung führe also für den BUND – auch bei Einhaltung der Grenzwerte – zu einer unnötig hohen Belastung an Stäuben und Schwermetallen.
Wie das Verwaltungsgericht Köln entscheiden wird, ist offen. Stellt es die Abfalleigenschaften von Kronocarb heraus, wird die Bezirksregierung Arnsberg auf eine „auflösende Bedingung“ der Genehmigung von 2004 verweisen. Danach darf Kronocarb nicht verbrannt werden, wenn es als „Abfall“ eingestuft ist. Für E.on wäre das bedauerlich. „Wir würden auf einen verbrennungstechnisch sinnvollen Brennstoff verzichten, der aufgrund seines guten Heizwertes den Einsatz von Kohle als Brennstoff reduziert“, sagte Matthias Hube, Werksleiter des Kraftwerks Shamrock. RALPH AHRENS
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