Sturmschäden vermeiden 28.03.2024, 07:00 Uhr

Künstliches Riff mit ganz neuer Form als Wellenbrecher und Küstenschutz

Ein Forschungsteam vom Massachusetts Institute of Technology hat ein neuartiges künstliches Riff entworfen. Es kommt mit wenig Material aus und soll die Küsten nachhaltig vor Fluten schützen, indem es die Wellen effektiv bricht. Nach Angaben der Forschenden leitet es 95 Prozent der ankommenden Wellenenergie ab.

Illustration Riff

Diese Illustration zeigt die Form und den Effekt des künstlichen Riffs.

Foto: MIT

Riffe sind wunderschön und ein wichtiger Lebensraum. Außerdem erfüllen sie eine wichtige Funktion: Sie dienen als natürlicher Puffer und Wellenbrecher, wenn sich bei Sturm hohe Wellen nähern. Diesen Effekt wollen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vom MIT künstlich erzeugen. Ihr Ziel ist es, Gemeinden vor Überschwemmungen zu schützen und Erosionen der Küstenregionen zu verhindern – effektiver Küstenschutz also.

Künstliche Riffe als Küstenschutz benötigen meist viel Material

Künstliche Riffe sind natürlich keine neue Idee. Häufig handelt es sich um spannungsreiche Strukturen, beispielsweise um gesunkene Schiffe oder um stillgelegte Öl- und Gasplattformen. Andere Regionen versenken Beton, Metall, Reifen und Steine im Meer, um Wellen zu brechen. Es gibt also unterschiedliche Arten von künstlichen Riffen und keinen Standard für die Konstruktion solcher Strukturen. Da verwundert es nicht, dass die eingesetzten Konstruktionen in der Regel einen geringen Wellenabfluss pro Volumeneinheit des verwendeten Materials aufweisen. Das heißt, es wird eine große Menge an Material benötigt, um die Wellenenergie ausreichend zu brechen. Denn die Formen der künstlichen Riffe sind selten ideal gewählt.

Das MIT-Team hat daher ein künstliches Riff entwickelt, das die Wellenenergie mit weniger Material effizient ableitet und gleichzeitig einen Zufluchtsort für Fische bietet, die an einer gefährdeten Küste leben.

Das neue Projekt ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Forschern des MIT Sea Grant, die das hydrodynamische Design der Riffstruktur entwickelt haben, und Forschenden des Center for Bits and Atoms (CBA), die daran gearbeitet haben, die Struktur modular zu gestalten und vor Ort leicht herzustellen.

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Idee für den effektiven Küstenschutz entstand zufällig

Das architektonische Riffdesign des Teams entstand aus zwei scheinbar nicht miteinander verbundenen Problemen. Die CBA-Forscher entwickelten ultraleichte zellulare Strukturen für die Luft- und Raumfahrtindustrie, während die Sea-Grant-Forscher die Leistung von sogenannten Blowout-Preventern in Offshore-Ölanlagen untersuchten – dabei handelt es sich um zylindrische Ventile, die zur Abdichtung von Öl- und Gasbohrungen verwendet werden, um diese vor dem Auslaufen bewahren.

Die Tests des Teams zeigten, dass die zylindrische Anordnung der Struktur einen hohen Widerstand erzeugt. Mit anderen Worten: Die Struktur scheint besonders effizient zu sein, wenn es darum geht, hohe Kräfte von Öl- und Gasströmen abzuleiten. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen fragten sich: Könnte die gleiche Anordnung eine andere Art von Strömung ableiten, nämlich Meereswellen?

Die Forschenden begannen, mit der allgemeinen Struktur in Simulationen der Wasserströmung zu spielen, indem sie ihre Abmessungen veränderten und bestimmte Elemente hinzufügten, um zu sehen, ob und wie sich die Wellen veränderten, wenn sie gegen die einzelnen simulierten Designs prallten. Dieser iterative Prozess führte schließlich zu einer verbesserten Geometrie: ein vertikaler Zylinder, der von vier langen Lamellen flankiert wird, die jeweils so am Zylinder befestigt sind, dass das Wasser durch die resultierende Struktur fließen kann. Diese Anordnung bricht den größten Teil der Wellenenergie und leitet Teile der welleninduzierten Strömung spiralförmig zur Seite ab.

Küstenschutz-Design absolviert erfolgreich Praxistest

Diese Struktur baute das Team im Labormaßstab mithilfe eines 3D-Druckers. Dafür stellten Sie eine Reihe von Zylindern mit einem Abstand von etwa einem Meter zueinander zu einer zaunähnlichen Struktur zusammen, die sie dann in ein Wellenbecken am MIT hinabließen. Anschließend erzeugten sie Wellen unterschiedlicher Höhe und maßen sie vor und nach dem Durchlaufen des architektonischen Riffs. Das künstliche Riff erfüllte seine Funktion auch bei diesem Praxistest.

Damit der Wellenbrecher gleichzeitig poröser und damit fischfreundlicher ist, verwendeten die Forschenden einen nachhaltigen Zement, dem Biologen und Biologinnen bescheinigten, dass er fischverträglich sei. Im Inneren herrscht jetzt eine bestimmte Anordnung, durch die Taschen für die Fische entstehen. Diese sogenannte Voxel-Geometrie ähnelt einzelnen Eierkartons, die aneinandergereiht sind, und scheint sich nicht auf die gesamte wellenverteilende Kraft der Struktur auszuwirken.

Das Team möchte jetzt mit Küstenstädten in Massachusetts zusammenarbeiten, um die Strukturen in einem Pilotprojekt im Meer zu testen.

Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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