Strahlender Nachthimmel 06.01.2015, 13:47 Uhr

Lichtverschmutzung: „Dunkeldeutschland“ hat den Westen überholt

Über dem Nachthimmel der ehemaligen DDR ist es keineswegs so dunkel, wie das allgemein angenommen wird. Im Gegenteil: Pro Einwohner gerechnet ist die Lichtverschmutzung im Osten Deutschlands größer als im Westen.

Berlin bei Nacht, fotografiert von der ISS: Im Westteil der Stadt leuchten vor allem weiße Quecksilber- oder auch LED-Lampen. Im Osten bestehen viele Straßenbeleuchtungen noch aus gelblichen Natriumdampflampen.

Berlin bei Nacht, fotografiert von der ISS: Im Westteil der Stadt leuchten vor allem weiße Quecksilber- oder auch LED-Lampen. Im Osten bestehen viele Straßenbeleuchtungen noch aus gelblichen Natriumdampflampen.

Foto: Earth Science and Remote Sensing Unit/NASA/Johnson Space Centre

Ausgerechnet das Gebiet der ehemaligen DDR, nach der Wiedervereinigung gerne auch liebevoll mit „Dunkeldeutschland“ bespöttelt, erhellt den Nachthimmel stärker als der Westen. Herausgefunden hat dies Christopher Kyba vom Deutschen GeoForschungszentrum (GFZ) in Potsdam. „Was genau die Ursache dieses Unterschieds ist, lässt sich noch nicht mit Gewissheit sagen, da sind noch weitere Forschungen an Städten mit vergleichbarer Größe und Bevölkerungszahl in West und Ost notwendig.“  Kyba geht aber davon aus, dass die geringere Einwohnerzahl ostdeutscher Städte nur eine kleine Rolle spielt: „Wichtiger sind Art der Lichtquelle und Bebauung.“

Viele Faktoren entscheiden über die Lichtverschmutzung

Es macht einen großen Unterschied, ob eine Lichtquelle oben geschlossen ist, oder das Licht in alle Richtungen abstrahlt. Die Höhe der Lichtquelle spielt ebenso eine Rolle wie der Standort: Ist sie umstellt von Gebäuden, so strahlt sie weniger Licht in die Atmosphäre ab. Auch die Art des eingesetzten Lichtes entscheidet über die Abstrahlungsintensität in den Nachthimmel.

Höhere Werte in den USA 

Veröffentlicht haben Kyba und Kollegen ihre Studie in der Fachzeitschrift „Remote Sensing“. Dabei haben die Lichtforscher nicht nur Ost- und Westdeutschland in der Nacht verglichen, sondern ihren Blick auch nach Amerika gelenkt. Es zeigte sich, dass die Lichtemission bezogen auf die Einwohnerzahl über den Städten Deutschlands sehr viel geringer ist, als über vergleichbaren Städten in den USA. Und: In den US-Großstädten nimmt diese mit der Bevölkerungsdichte zu, für deutsche Städte ist der Trend genau umgekehrt.

Architektonische Ursachen vermutet

Die Forscher vermuten architektonische Ursachen: In den USA sind Straßenzüge oft breiter und stärker ausgeleuchtet. Vor allem in jüngeren US-amerikanischen Stadtteilen stehen weniger licht-abschirmende Bäume. Solche Stadtteile sind auch oft mit modernsten und damit sehr hellen Lampen bestückt, während in Deutschland vielerorts die Straßenbeleuchtungen weit älter als 20 Jahre sind.

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Leuchtabdruck verschiedener Großstädte vom Weltall aus betrachtet.

Leuchtabdruck verschiedener Großstädte vom Weltall aus betrachtet.

Quelle: Earth Science and Remote Sensing Unit/NASA/Johnson Space Centre

Lichtverschmutzung ist problematisch für viele nachtaktive Tiere und für das Forschungsfeld der Astronomie, weil das Licht der Sterne in der Lichtverschmutzung untergeht. Lange Jahre war es faktisch nicht möglich, die Lichtverschmutzung konkreten Lichtquellen zuzuordnen Die räumliche Auflösung der Satellitenbilder war zu schlecht. Das hat sich grundlegend verändert. So sind inzwischen Fotos, geschossen von der Internationalen Raumstation ISS aus, eine wichtige Datenquelle.

Strahlungsmesser schafft Auflösung von 750 Metern

Zum anderen misst ein satelittenbasierter Strahlungsmesser auf einem Wettersatelliten des Suomi National Polar-Orbiting Program das sichtbare Licht bei Tag und Nacht mit einer Auflösung von etwa 750 Metern. Erstmals lassen sich einzelne Lichtquellen konkret ermitteln. Dabei zeigen sich große Unterschiede: So sind in den Entwicklungsländern zumeist die Flug- und Seehäfen in den Megastädten die hellsten Orte. In Europas Hauptstädten sind es oft Orte des urbanen Lebens wie Sportstadien und belebte Innenstädte.

Großes Potential für Energieeinsparungen

Noch ein Aspekt: Die Karten der örtlichen Lichtemission zeigen Gebiete, in denen aufgrund der starken Lichtverschmutzung der Energieverbrauch besonders hoch ist. Studien-Koautor Dr. Franz Hölker vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin erklärt: „Künstliches Licht macht einen großen Anteil am gesamten nächtlichen Energieverbrauch aus. Zu zeigen, wie man Licht effektiver einsetzen kann, birgt ein großes Energieeinsparpotenzial und kann dazu beitragen, Kosten zu reduzieren und die Umwelt weniger zu belasten.“

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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