Lichtverschmutzung versetzt Fische in Angst – Auswirkungen auch auf Nachkommen
Lichtverschmutzung stört das Verhalten von Fischen massiv und hat langfristige Folgen für ihre Nachkommen. Besonders blaues Licht führt zu starken Verhaltensänderungen.
Künstliches Licht in der Nacht beeinflusst die Natur auf vielfältige Weise. Besonders Fische reagieren empfindlich auf die Lichtverschmutzung, die durch städtische Beleuchtung und Industriegebiete erzeugt wird. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Auswirkungen dieser Beleuchtung nicht nur das Verhalten der Fische direkt verändern, sondern sich sogar auf ihre Nachkommen auswirken können.
Inhaltsverzeichnis
- Wie künstliches Licht die Nacht durchdringt
- Angstzustände bei den Fischen
- Blaues Licht besonders risikoreich
- Die Nachkommen sind ebenfalls betroffen
- Schlafmangel durch Lichtverschmutzung spielt entscheidende Rolle
- Warum erforschen Wissenschaftler Zebrafische?
- Wie lässt sich die Lichtverschmutzung reduzieren?
Wie künstliches Licht die Nacht durchdringt
Künstliches Licht, auch als ALAN (Artificial Light at Night) bezeichnet, ist mittlerweile ein fester Bestandteil moderner Städte. Straßenlaternen, Gebäudebeleuchtung und industrielle Beleuchtungsanlagen erhellen die Nacht in städtischen Gebieten, wodurch natürliche Dunkelheit in vielen Regionen fast nicht mehr existiert.
Diese nächtliche Beleuchtung wirkt sich nicht nur auf den Menschen aus, sondern stört auch die natürlichen Zyklen vieler Tiere, die an die Dunkelheit angepasst sind. Besonders Fische, die in Flüssen, Seen und anderen Gewässern leben, sind häufig davon betroffen.
Angstzustände bei den Fischen
Die bereits angesprochene Studie hat gezeigt, dass künstliches Licht das Verhalten von weiblichen Zebrafischen innerhalb weniger Nächte deutlich verändert. Das Forschungsteam, bestehend aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Instituts für Hydrobiologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften sowie des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie, setzte die Fische über einen Zeitraum von neun Nächten verschiedenen Wellenlängen von ALAN aus. Das Ziel war es, herauszufinden, wie die Fische auf unterschiedliche Lichtfrequenzen reagieren.
Das Ergebnis: Die Zebrafische zeigten nach wenigen Nächten eine deutliche Verhaltensänderung. Sie schwammen weniger, blieben enger zusammen und verbrachten mehr Zeit an den Wänden der Aquarien. Dieses Verhalten, bekannt als „Thigmotaxis“ oder Wandschmiegung, ist ein Indikator für Angstzustände bei Tieren. Diese Reaktionen wurden unter allen Lichtbedingungen beobachtet, jedoch erwies sich Licht im blauen Spektrum als besonders problematisch.
Blaues Licht besonders risikoreich
Blaues Licht, das im Spektrum um 470 nm liegt, löste laut Studie die schnellsten und stärksten Verhaltensänderungen bei den Zebrafischen aus. Bereits nach fünf Nächten unter blauem Licht zeigte sich eine signifikante Veränderung im Verhalten der Fische.
Auch wir Menschen reagieren auf blaues Licht: Das auch in elektronischen Displays wie Smartphones und Computern vorkommende Licht stört nachweislich den Schlafzyklus von Menschen und beeinflusst ebenso Tiere, wie diese Studie zeigt. Das Forschungsteam vermutet, dass der durch das blaue Licht verursachte Schlafentzug eine zentrale Rolle bei den beobachteten Verhaltensänderungen spielt.
Die Nachkommen sind ebenfalls betroffen
Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass die Auswirkungen von ALAN nicht nur die betroffenen Fische selbst betreffen, sondern auch an ihre Nachkommen weitergegeben werden. Die Studie zeigte, dass die Nachkommen der weiblichen Zebrafische, die dem künstlichen Licht ausgesetzt waren, ein auffällig verändertes Verhalten aufwiesen. Obwohl diese Jungfische selbst nie dem Licht ausgesetzt waren, schwammen sie weniger und waren weniger aktiv als Nachkommen von Fischen, die in völliger Dunkelheit lebten.
Die Forschenden vermuten, dass diese Verhaltensänderungen auf epigenetische Effekte zurückzuführen sind. Das bedeutet, dass die durch Lichtverschmutzung ausgelösten Veränderungen im Verhalten der Fische nicht in deren Genen festgeschrieben sind, sondern durch Umweltfaktoren beeinflusst werden und dennoch an die nächste Generation weitergegeben werden können.
Schlafmangel durch Lichtverschmutzung spielt entscheidende Rolle
Eine der zentralen Thesen der Studie ist, dass Schlafmangel durch Lichtverschmutzung eine entscheidende Rolle bei den beobachteten Veränderungen spielt. Die Fische, die über mehrere Nächte hinweg dem künstlichen Licht ausgesetzt waren, konnten nicht ausreichend schlafen.
Schlafentzug ist bei vielen Tieren – und auch beim Menschen – mit einer Reihe negativer Auswirkungen verbunden, darunter erhöhter Stress und verändertes Verhalten. Das Forschungsteam vermutet, dass auch die Zebrafische unter den Folgen des Schlafentzugs litten, was zu den beobachteten Angstzuständen und Verhaltensänderungen führte.
Warum erforschen Wissenschaftler Zebrafische?
Beim Lesen der Forschungsergebnisse stellt sich unweigerlich die Frage, ob diese auch auf den Menschen übertragbar sind und warum gerade der Zebrafisch für die Studie ausgewählt wurde.
Der Zebrafisch ist als Wirbeltier ein bewährtes Modell, weil viele seiner Gene ähnliche oder gleiche Funktionen wie in Säugetieren – und damit auch im Menschen – haben. Etwa 70 % der Gene des Zebrafisches kommen auch beim Menschen vor. Sogar mehr als 80 % der Gene, die beim Menschen mit Krankheiten in Verbindung gebracht werden, sind im Zebrafisch vorhanden. Das macht ihn zu einem idealen Organismus für die Erforschung menschlicher Krankheiten oder in diesem Fall auch für die Erforschung der Auswirkungen von Lichtverschmutzung.
Zebrafische lassen sich auch einfacher halten als Säugetiere wie Mäuse oder Ratten. In der Natur leben sie in Bächen, Tümpeln und Reisfeldern und stellen nur geringe Ansprüche an ihren Lebensraum. Sie leben in Schwärmen, bilden keine Reviere und lassen sich daher gut in größeren Gruppen im Aquarium halten.
Wie lässt sich die Lichtverschmutzung reduzieren?
Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, Maßnahmen zur Reduzierung der Lichtverschmutzung zu ergreifen. Besonders in der Nähe von Gewässern und anderen Lebensräumen wildlebender Tiere sollte die Verwendung von blauem Licht minimiert werden. Straßenbeleuchtungen könnten mit Filtersystemen ausgestattet werden, die das blaue Licht reduzieren, um die negativen Auswirkungen auf Fische und andere Tiere zu verringern.
Darüber hinaus sollten unnötige Lichtquellen nachts vermieden werden. Moderne Technologien ermöglichen es, Beleuchtungen gezielt zu steuern und nur dann einzuschalten, wenn sie wirklich benötigt werden. Auf diese Weise könnte die Belastung für Tiere, die auf natürliche Licht-Dunkel-Zyklen angewiesen sind, deutlich reduziert werden.
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