Lufthansa A350 wird fliegender Klimaforscher
Ab 2024 wird ein Airbus der Lufthansa während planmäßiger Passagierflüge umfassende Klimadaten sammeln. Das Flugzeug vom Typ A350 wurde erfolgreich von Lufthansa-Piloten getestet. Es wurde ein speziell entwickeltes Messsondensystem am unteren Flugzeugrumpf installiert und im Flug erprobt.
Die Luftfahrtindustrie ist eine der Hauptverursacher von Treibhausgasemissionen und somit ein wichtiger Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Aus diesem Grund haben sich Unternehmen wie die Lufthansa dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen zu ergreifen. Eine dieser Maßnahmen ist der Einsatz von Klimaforschungsjets.
Fliegendes Forschungslabor Messsondensystem
Die Lufthansa Group und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeiten derzeit an einem einzigartigen Projekt, bei dem der Lufthansa Airbus A350-900 mit dem Taufnamen „Erfurt“ (Registrierung D-AIXJ) in ein fliegendes Forschungslabor umgebaut wird. Ein wichtiger Meilenstein des Projekts wurde nun erreicht, als Expert*innen der Lufthansa Group das eigens für das Projekt entwickelte Messsondensystem am unteren Flugzeugrumpf der A350 installierten und erfolgreich im Flug testeten.
Die Piloten der Lufthansa haben ein Flugprogramm im Luftraum über Süddeutschland absolviert, das mit den Zulassungsbehörden abgestimmt war. Das Messsystem am Flugzeug ist das komplexeste seiner Art und verfügt über Sensoren zur hochfrequenten und -präzisen Messung von Druck und Temperatur, sowie über eine Lufteinlassfunktion. Ab 2024 wird der Airbus während regulärer Passagierflüge umfassende Klimadaten für die europäische Forschungsinfrastruktur IAGOS-CARIBIC sammeln.
Fliegen nachhaltiger machen
Vor der Umrüstung der A350 „Erfurt“ zum fliegenden Forschungslabor gab es eine mehrjährige Planungs- und Entwicklungsphase. Neben der Lufthansa Group und dem KIT sind sechs weitere Firmen (Lufthansa Technik, Airbus, Safran, enviscope, Dynatec und ACC COLUMBIA Jet Service) an dem IAGOS-CARIBIC Projekt beteiligt.
„Wir wollen das Fliegen nachhaltiger machen. Deshalb unterstützen wir bereits seit Jahrzehnten die Klimaforschung. Die Umrüstung unseres Lufthansa Airbus A350 zum Klimaforschungsflieger ist ein weltweit einmaliges Projekt, bei dem Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichsten Bereichen von Lufthansa gemeinsam mit Partnern in der Wissenschaft über Jahre zusammenarbeiten“, kommentierte Jens Ritter, CEO Lufthansa Airlines. Dabei sei es Lufthansas Anspruch, einen wertvollen Beitrag für die Klimaforschung zu leisten. „Die Daten, die unser Flugzeug künftig weltweit sammeln wird, sollen helfen, heutige Atmosphären- und Klimamodelle und damit deren Aussagekraft für das zukünftige Klima auf der Erde zu verbessern“, so Jens Ritter weiter.
High-Tech-Labor im Linienbetrieb
In den kommenden Monaten wird ein speziell für das Projekt entwickeltes Messlabor aufgebaut, das mehr als zwei Tonnen wiegt. Etwa 20 Messinstrumente werden in dem Labor installiert und später als Cargo-Container in den Frachtraum geladen, wo es mit dem Messsystem am äußeren Rumpf des Flugzeugs verbunden wird. Im nächsten Jahr wird dieses High-Tech-Labor erstmals auf ausgewählten Flügen im weltweiten Lufthansa Linienbetrieb eingesetzt, um Klimadaten zu sammeln. Das Labor erfasst kontinuierlich über 100 verschiedene Spurengase, Aerosol- und Wolkenparameter vom Boden bis in die Tropopausenregion in einer Höhe von neun bis dreizehn Kilometern. Was dieses Projekt einzigartig macht, ist die Fähigkeit, klimarelevante Parameter in dieser Höhe mit deutlich höherer Genauigkeit und zeitlicher Auflösung an Bord des Flugzeugs zu erfassen, als dies mit satelliten- oder bodengestützten Messsystemen möglich wäre.
Das KIT übernimmt die Koordination eines wissenschaftlichen Konsortiums von zwölf Forschungseinrichtungen in Europa und den USA, deren komplexe Messinstrumente im fliegenden Forschungslabor die Atmosphäre erforschen werden. Die Abkürzung IAGOS steht für „In-service Aircraft for a Global Observing System“ und CARIBIC für „Civil Aircraft for the Regular Investigation of the atmosphere Based on an Instrument Container“.
Atmosphärischen Prozesse verstehen
„IAGOS-CARIBC hilft eine essenzielle Lücke in unserem Verständnis des Klimasystems zu schließen. Mit den hochgenauen Messungen vieler Parameter können wir verstehen, welche atmosphärischen Prozesse sich wie im Klimawandel ändern und zwar in einer Höhenregion in der der Großteil des Strahlungshaushalt der Atmosphäre also des Treibhauseffekts generiert und verändert wird. Wir können damit Prozess-spezifisch Fehler und deren Ursachen in Klimamodellen identifizieren und im Folgendem deren Prognosefähigkeit verbessern“ sagt Dr. Andreas Zahn vom KIT und Koordinator von IAGOS-CARIBIC.
Die Lufthansa Group ist seit fast 30 Jahren in der Klima- und Wetterforschung tätig und hat bereits mehrere Flugzeuge mit Messinstrumenten ausgestattet. Von 2004 bis März 2020 führte ein Lufthansa Airbus A340-600 (Registrierung D-AIHE) im Rahmen des CARIBIC-Projekts rund 500 Messflüge zur Klima- und Atmosphärenforschung durch.
Allerdings bleibt der Einsatz von Klimaforschungsjets umstritten. Kritiker argumentieren, dass der Einsatz von Flugzeugen zur Erforschung des Klimawandels zu einem Teufelskreis führen könnte, da Flüge selbst auch Emissionen verursachen.
Trotzdem ist der Einsatz von Klimaforschungsjets ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigen Luftfahrtindustrie.
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