Ungepflügte Felder 24.06.2014, 15:41 Uhr

Mit dem Ackerland-Albedo gegen extreme Sommerhitze

Es kann auch helfen, mal etwas sein zu lassen: Wenn Landwirte ihre Felder nach der Ernte nicht umpflügen, kann das bei extremen Hitzewellen die lokale Temperatur um bis zu zwei Grad nach unten drücken. Ackerland-Albedo nennen die Forscher diesen kühlenden Effekt.

Nach der Ernte wird direkt neu gesät, ohne zuvor den Boden umzupflügen. In den USA ist dies üblich, in Europa bislang selten. 

Nach der Ernte wird direkt neu gesät, ohne zuvor den Boden umzupflügen. In den USA ist dies üblich, in Europa bislang selten. 

Foto: USDA

Es ist in Europa ein weitverbreitetes Bild: Gleich nach der Ernte rumpelt der Landwirt mit dem Pflug über die Äcker und pflügt diese vor der neuen Aussaat kräftig um. Dadurch verschwinden beispielsweise bei Weizenfeldern die hellen Stoppeln und Erntereste im Boden, nackte dunkle Erde gelangt an die Oberfläche. Derart bearbeitete Felder können sich aber bei Hitzeperioden nachteilig auf das lokale Klima auswirken. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich jetzt im Fachmagazin „Proceedings of National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht haben.

Mehr Strahlungsreflexion auf ungepflügten Feldern

Ungepflügte Felder sind wegen der restlichen Stoppeln heller. Dadurch reflektieren sie mehr Strahlung als die vom Landwirt beackerten Felder. Messungen im Rahmen der Studie zeigten, dass etwa ein Drittel der Sonneneinstrahlung durch den sogenannten Albedo-Effekt zurückreflektiert wird. Als Albedo wird das Rückstrahlvermögen von Oberflächen bezeichnet. Wird ein Feld beackert, so reflektiert es nur rund 20 Prozent der Sonneneinstrahlung zurück. Der Rest heizt den Acker auf. In Modellsimulationen konnten die Forscher um Sonia Seneviratne, Professorin für Land-Klima-Dynamik an der ETH Zürich zeigen, dass dieser kleine Unterschied das Rückstrahlvermögen von nicht-gepflügten Feldern um 50 Prozent vergrößert.

Ackerland-Albedo senkt lokale Temperatur um bis zu zwei Grad

Das wirkt sich besonders dann aus, wenn solche Extremtemperaturen wie bei der großen Sommerhitze im Jahre 2003 herrschen: Dann senken ungepflügten Felder die lokalen Temperaturen um bis zu zwei Grad. Je heißer es wird, desto stärker wirkt der Albedo-Effekt. „Der Effekt ist deshalb während Hitzewellen stärker, weil in solchen Phasen kaum Wolken vorhanden sind, sodass mehr Strahlung ins All zurückgeworfen wird“, erklärt Edouard Davin, Oberassistent am Institut für Atmosphäre und Klima an der ETH Zürich und Erstautor der im PNAS veröffentlichten Studie.

Kühleffekt wirkt nur lokal und kurzfristig

Klar ist aber auch: Der Kühleffekt wirkt lediglich lokal und auch nur kurzfristig. Bestenfalls wirkt sich der Effekt regional aus, aber keinesfalls überregional. „Würden sämtliche Bauern in Frankreich ihre Felder im Sommer nicht umpflügen, würde dies in Deutschland wenig Auswirkungen haben“, verdeutlicht Sonja Seneviratne den Radius dieser Kühlung. Die Studie ist eine Zusammenarbeit der ETH-Forscher mit französischen Kollegen. Erstautor Davin hat dafür Strahlungsmessdaten von Ackerland in der Umgebung der südfranzösischen Stadt Avignon analysiert. Zusätzlich haben die Forscher Modellsimulationen für Europa erstellt, in denen sie die Effekte von nicht-gepflügten Böden einbauten.

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Bei Hitzeperioden können ungepflügte Felder die lokale Temperatur um bis zu zwei Grad senken, weil sie das Sonnenlicht stärker reflektieren als umgepflügte Felder.

Bei Hitzeperioden können ungepflügte Felder die lokale Temperatur um bis zu zwei Grad senken, weil sie das Sonnenlicht stärker reflektieren als umgepflügte Felder.

Quelle: dpa

Besonders stark im Mittelmeerraum

Der Effekt von diesen nicht-beackerten Böden ist vor allem im Mittelmeerraum besonders groß, weil dort die Sonneneinstrahlung besonders hoch ist. An extremen Hitzetagen kann der Albedo-Effekt aber auch in Nord- und Mitteleuropa relevant werden. „Es wird zunehmend wichtiger, dass wir die Ackerland-Albedo ausnutzen, um Hitzewellen zu dämpfen. Obwohl solche Ereignisse selten auftreten, haben sie massive ökologische und gesundheitliche Folgen“, so Seneviratne. Zur Erinnerung: Bei der Gluthitze von 2003 durch Hoch Michaela starben in Europa geschätzt 70.000 Menschen am nicht enden wollenden Hitzestress.

Erntereste als Isolationsschicht

Es ist aber nicht nur der Ackerland-Albedo, der zur Kühlung bei Extremhitze beiträgt. Die liegengebliebenen Erntereste fungieren als Isolationsschicht zwischen Atmosphäre und Boden. Diese behält die Bodenfeuchtigkeit in den tieferen Bodenschichten zurück und entlässt diese nur verzögert. Und diese langsame Feuchtigkeitsabgabe trägt ebenfalls dazu bei, in einer Hitzeperiode die Temperaturen zu senken. In einem gepflügten Feld verdunstet das Bodenwasser sehr viel schneller, bei einer Hitzewelle verdunstet es sogar vollständig.

So kann dieser kombinierte Kühl-Effekt der nicht-gepflügten Felder vor allem in Südeuropa dazu beitragen, die Ernteerträge trotz Hitze stabil zu halten. Extreme Hitze ist für die Ökosysteme und für die Landwirtschaft schädlich. Zwar kann der Ackerland-Albedo den merklichen Trend zu häufigeren Hitzewellen nicht beeinflussen. Aber er kann dazu beitragen, die lokalen Temperaturspitzen zu kappen. Denn auch wenn der gemittelte Temperaturanstieg in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Pause einlegte, so nahm die Zahl an lokalen Hitzeextremen über Landgebiete weiter zu. Das konnte Sonja Seneviratne vor kurzem in einem Beitrag für das Fachblatt Natural Climate Change aufzeigen.

Nur zwei Prozent der weltweit nicht gepflügten Äcker liegen in Europa

Insbesondere in Europa ist das Potenzial riesig, sich diesen Ackerland-Albedo für die lokale Kühlung an extremen Hitzetagen nutzbar zu machen. Denn der europäische Anteil an weltweit nicht-gepflügten Äckern liegt nur bei zwei Prozent. Das ist in den USA und in Südamerika vollkommen anders. Dort ist das Zentrum der Direktsaat: 85 Prozent der weltweiten nicht-gepflügten Äcker liegen in diesen Regionen. Die Landwirte in den USA und in Südamerika bringen das Saatgut meist ohne Umbrechen des Bodens direkt in das weitgehend unbearbeitete Brachland ein, auf dem sich noch Reste der Vorkultur befinden. Dadurch bilden die Pflanzenrückstände der Vorkultur über die gesamte Anbauperiode eine Art Mulch auf dem Acker.

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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