Vulkan-Ausbruch: Diese KI-Lösung soll Menschenleben retten
Nach dem Vulkanausbruch auf La Palma, spuckt nun Aso in Japan. Wie können Vulkanausbrüche früher erkannt werden? Diese KI-Lösung soll Menschenleben retten.
In Japan ist der Vulkan Aso ausgebrochen. Im Südwesten des Landes steigen dicke Aschewolken bis in eine Höhe von rund 3.500 Metern auf. Der Vulkan schleudert Gesteinsbrocken und Vulkanasche. 110 Vulkane sind in Japan aktiv. Circa 50 davon werden überwacht. Bereits seit einem Monat spuckt der Vulkan Cumbre Vieja auf La Palma Lava und Ruß. Eine Ende ist nicht in Sicht. Zahlreiche Menschen sind bereits wohnungslos geworden. Ein zweiter, nördlicherer Lavastrom ist kurz davor, das Meer zu erreichen. Gefährliche Gase können dadurch entstehen. Werden die Ausbrüche zu spät erkannt? Forschende der Technischen Universität Berlin und des Deutschen GeoForschungszentrums in Potsdam haben eine neue Vulkanüberwachungsplattform geschaffen.
Jedes Jahr brechen Vulkane aus
Weltweit gibt es etwa 1.500 aktive Vulkane. Davon brechen jedes Jahr bis zu 85 aus. Mehr als die Hälfte dieser aktiven Vulkane werden nicht speziell überwacht. Ausbrüche werden dann erst relativ spät – in manchen Fällen zu spät – erkannt. Das soll sich dank der neuen Vulkanüberwachungsplattform „Mounts“ ändern. „Mounts“ steht für „Monitoring Unrest from Space“. In einem Forschungsprojekt unter der Leitung von Sébastien Valade von der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) setzte die Forschergruppe auf Satellitenbilder, die sie mithilfe künstlicher Intelligenz analysierte. Dabei überprüften sie auch, ob sie auf ihrer Plattform mehrere Datensätze mit unterschiedlichen Arten von Daten für eine umfassende Überwachung von Vulkanen zusammenführen können. Der Test gelang.
Satellitenbilder statt Messinstrumenten am Vulkan
Aktive Vulkane werden in der Regel durch bodengestützte Sensoren überwacht. Das ist meist kostspielig und die Gegebenheiten vor Ort machen eine Wartung der Messinstrumente manchmal unmöglich. Deshalb steht nur die Hälfte aller aktiven Vulkane mit dieser Technik unter Kontrolle. Bei Vulkanen, die als ruhend oder erloschen gelten, verzichtet man gänzlich auf eine instrumentelle Beobachtung. Doch wie der Vulkan Chaitén in Chile 2008 gezeigt hat, ist dies keine zuverlässige Einschätzung. Er brach nach 8.000 Jahren Inaktivität plötzlich aus.
Der Forschergruppe war daran gelegen, alternative Lösungen für eine Überwachung zu finden, damit auf die Instrumente in der Nähe der Vulkane künftig verzichtet werden kann. Sie zogen Satellitenbilder hinzu. Diese können relevante Daten liefern, wenn eine bodengebundene Überwachung eingeschränkt ist oder komplett fehlt. Für die Wissenschaftler gilt die kontinuierliche Langzeitbeobachtung vom Weltraum aus als Schlüssel. Damit lassen sich Anzeichen sogenannter geologischer Unruhen besser erkennen. In zahlreichen Fällen werden Ausbrüche durch sogenannte Vorläufersignale begleitet – und damit indirekt angekündigt. Sie können einige Stunden oder sogar einige Jahre andauern. Zu diesen Signalen gehören Veränderungen des seismischen Verhaltens, Bodenverformungen, Gasemissionen, ansteigende Temperaturen oder eine Kombination aus all diesen Ausprägungen. „Mit Ausnahme der Seismizität können alle diese Phänomene vom Weltraum aus überwacht werden, indem man verschiedene Wellenlängen im elektromagnetischen Spektrum nutzt“, sagt Sébastien Valade, Leiter des Mounts-Projekts. Dazu nutzen die Forscher unterschiedliche Satellitensensoren, um Veränderungen bei Vulkanen zu erkennen und zu vermessen.
Neuronale Netze erkennen Veränderungen an Vulkanen
In einem weiteren Verfahren testete die Forschergruppe, ob sich künstliche Intelligenz (KI) erfolgreich in das Analyseverfahren der Daten einbauen lässt. Die passenden Algorithmen dafür entwickelte ein Forscher von der TU Berlin. Dieser setzte auf sogenannte künstliche neuronale Netze. Sie eignen sich besonders gut für die automatische Erkennung großer Deformationsereignisse. Vorteil dieser neuronalen Netze: Sie funktionieren ähnlich wie unser menschliches Gehirn und lassen sich trainieren. Das Lernen geschah in diesem Fall mit computergenerierten Bildern, die echten Satellitenbildern stark ähnelten. Anhand der großen Zahl von Beispielen lernte die Software, die gewünschten größeren Veränderungen in echten, ihr bisher nicht bekannten Satellitendaten zu erkennen.
Dies war für die Forscher ein wichtiger „Testballon“, mit dem sie überprüfen wollten, wie sich maschinelles Lernen in das System integrieren lässt. Momentan löst der Deformationsdetektor nur eine einzige Aufgabe. Vision der Forscher: Mehrere KI-Tools für unterschiedliche Aufgaben zu integrieren, damit diese Tools kontinuierlich aus großen Datenmengen lernen, die das System weltweit sammelt. Die großen Datenmengen waren zugleich auch eine der größten Herausforderungen innerhalb des Forschungsprojektes – ebenso die Entwicklung der passenden Software. „Ich bin davon überzeugt, dass automatisierte Überwachungssysteme mithilfe von KI und Daten aus verschiedenen Quellen wie Fernerkundung und erdgebundenen Sensoren in nicht allzu ferner Zukunft dazu beitragen werden, Menschen zeitgerechter und verlässlicher zu warnen“, so Valade.
17 Vulkane unter Beobachtung
Die Forscher erhalten von der „Mounts“-Überwachungsplattform bereits heute wichtige Informationen, die ihnen dabei helfen, verschiedene Prozesse rund um die Vulkane zu verstehen. Das betrifft die Ausbreitung des Magmas unter der Oberfläche ebenso wie die Verteilung vulkanischen Materials während des Ausbruchs sowie die strukturellen Veränderungen der betroffenen Gebiete und die Emission von Gasen in die Atmosphäre. 17 Vulkane überwacht das System aktuell weltweit – darunter auch den Popocatépetl in Mexiko und den Ätna in Italien.
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