Neue Erkenntnisse: So wird Plastik tatsächlich biologisch abgebaut
Eine Forschergruppe der ETH Zürich hat ein Verfahren entwickelt, das genau Auskunft darüber gibt, ob und in welchem Umfang Kunststoffe biologisch abbaubar sind und wie viel von ihnen in den Böden danach noch nachweisbar ist. Ein Fortschritt vor allem für die Landwirtschaft.
Plastik in den Böden ist und bleibt ein Problem. Denn es gibt kaum Kunststoffe, die sich über die Jahre vollständig abbauen. Ein Rest bleibt also im Boden. Gerade bei landwirtschaftlich genutzten Flächen stellt das zunehmend ein Problem dar. Denn die moderne Landwirtschaft kommt ohne Plastik nicht zurecht. Sie setzen vor allem sogenannte Mulchfolien ein, mit dem der Ackerboden abgedeckt wird. Sie verhindern das Austrocknen der Pflanzen und fördern das Wachstum. Darüber hinaus behindern sie das Unkraut dabei, sich auszubreiten.
Im Kreislauf denken und Kunststoffe nachhaltig nutzen
Diese Folien wieder einzusammeln, ist nicht nur aufwendig und teuer, sondern auch nahezu unmöglich. Denn sobald die Folien eine Weile auf den Flächen liegen, werden sie porös und reißen bei dem Versuch, sie aufzunehmen. Die Folge: Es bleibt immer etwas von dem Polyethylen (PE) zurück. Nun gibt es inzwischen biologisch abbaubare Mulchfolien als Alternative. Sie hinterlassen keine Polymerbestandteile in der Umwelt. Diese biologisch abbaubaren Polymere können Mikroorganismen, wie es sie im Boden gibt, nutzen. Daraus gewinnen sie Energie und bauen Zellmasse auf. Zusätzlich haben sie immer sogenannte chemische Sollbruchstellen innerhalb ihrer Struktur. Mikroorganismen setzen genau an diesen Stellen an und können die Polymere aufspalten. So bleibt am Ende nur CO2 übrig, das von den Mikroorganismen ausgeamtet wird und wieder in die Umwelt gelangt.
Forschende markieren Plastik, um biologischen Abbau nachzuverfolgen
Bislang war es nicht möglich, diesen Prozess des Abbaus komplett nachzuweisen und zu erfassen. Das ist aber relevant, da der biologische Abbau nur dann zertifiziert wird, wenn in einer festgelegten Zeit eine Mindestmenge des Polymerkohlenstoffs in CO2 umgewandelt wird. Bei Mulchfolien gilt: mindestens 90% des Mulchfolien-Kohlenstoffs müssen innerhalb von zwei Jahren zu CO2 mineralisiert worden sein. Eine Forschergruppe Umweltchemie der ETH Zürich ist nun genau das gelungen. Unterstützung erhielten sie dabei von Forschenden der Erdwissenschaften, der Eawag sowie des Chemiekonzerns BASF. Um den abbaubaren Kunststoff verfolgen zu können, markierten sie Polymere mit stabilen Kohlenstoff-Isotopen (13C-).
Die Markierung der stabilen Kohlenstoff-Isotope hat sich als zweckmäßig erwiesen. Es gibt aber auch noch ein Manko: Zwar lässt sich das CO2 in seiner Menge messen, nicht jedoch die des im Boden verbleibenden Polymerkohlenstoffs. Auch ließ sich nicht nachvollziehen, ob er in seiner Form weiter besteht oder Mikroorganismen ihn in ihre Biomasse aufnehmen. Auch darauf fand die Forschergruppe eine Antwort.
So viel biologisch abbaubares Plastik bleibt tatsächlich im Boden
Sie testeten 13C markiertes Polybutylensuccinat (PBS), das auch in Mulchfolien vorkommt. Die Forschenden konnten nicht nur die Mineralisierung zu 13CO2 bestimmen, sondern auch Massebilanzen für den PBS-Kohlenstoff erstellen. Das gelang ihnen, da sie die Restmenge des aus dem PBS stammenden 13C im Boden bestimmten. Die Forschenden fanden heraus, dass etwa zwei Drittel des Polymer-Kohlenstoffs im Boden zu finden ist – und zwar über sehr lange Inkubationszeiten. Ein weiterer Test sollte die Antwort auf die Frage liefern, in welcher Form der durch PBS zugesetzte Kohlenstoff im Boden bleibt, also wie viel die mikrobielle Biomasse aufnimmt und wie viel danach noch übrig ist. Dafür extrahierten und bestimmten die Forschenden das restliche PBS aus dem Boden. Das Ergebnis: Der meiste Kohlenstoff fand sich als PBS und 7% des zugegebenen PBS-Kohlenstoffs in der mikrobiellen Biomasse.
„Wir können nun systematisch prüfen, welche Bodenbedingungen und Polymereigenschaften einen vollständigen biologischen Abbau der Polymere zu CO2 und zu mikrobieller Biomasse ermöglichen – und wir können Faktoren bewerten, die den biologischen Abbau der Polymere im Laufe der Zeit möglicherweise verlangsamen“, sagt Michael Sander, ETH-Professor in der Gruppe Umweltchemie. Trotz der bahnbrechenden Ergebnisse forscht die Gruppe weiter. Ihr neuer Ansatz beschäftigt sich mit dem biologischen Abbau von weiteren Polymeren in verschiedenen landwirtschaftlichen Böden, auch im Freiland. „Damit wollen wir sicherstellen, dass bioabbaubare Polymere ihren Namen verdienen und nicht in der Umwelt zurückbleiben“, erläutert Kristopher McNeill, Professor für Umweltchemie der ETH Zürich.
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